Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 107 Geisteswissenschaftliche Menschenkunde

8. Vortrag Berlin, 10. November 1908

Krankheiten in Abhängigkeit der vier Wesensglieder.

Diejenigen von Ihnen, welche seit Jahren diese Zweigvorträge besucht haben, werden vielleicht haben ersehen können, daß dieselben nicht etwa in bezug auf ihre Themata zufällig zusammengewürfelt sind, sondern daß ein gewisser Fortgang in denselben war. Auch innerhalb eines Winters selbst haben die Vorträge immer einen gewissen inneren Zusammenhang, wenn das auch äußerlich nicht von vornherein sichtbar ist. Daher wird es natürlich von größter Bedeutung sein, daß auf die verschiedenen Kurse Rücksicht genommen werde, die neben den eigentlichen Zweigabenden hier stattfinden, und welche dazu bestimmt sind, später hinzugekommene Mitglieder sozusagen bis zu dem Stand dieser Zweigvorträge hinzuführen; mancherlei, was hier in diesen Zweigvorträgen gesagt wird, kann nicht so von vornherein von jedem, der frisch hinzukommt, ohne weiteres verstanden werden.

Aber es ist dabei noch etwas zu bemerken, was nach und nach Berücksichtigung finden sollte in den verschiedenen Zweigen unserer deutschen Sektion. Da ein gewisser innerer Gang in den Vorträgen ist, so obliegt es mir insbesondere, jeden Vortrag so zu gestalten, wie er sich in ein Ganzes einfügt. Es ist daher nicht möglich, die Dinge, die in einem solchen einzelnen Zweigvortrag für fortgeschrittenere Teilnehmer gesagt werden, so zu sagen, daß sie auch für den, der erst kurze Zeit da ist, in derselben Weise gelten können. Man würde über dasselbe Thema natürlich auch durchaus elementar sprechen können, aber es würde das nicht angehen, wenn ein fortschreitender Gang der Entwickelung unseres geisteswissenschaftlichen Zweiglebens gerade im Zweige in Aussicht genommen ist.

Das hängt nun wieder damit zusammen, daß von Veröffentlichungen von Vorträgen, von Mitteilung von Vorträgen auch von einem Zweig zum andern, doch im weitesten Umfange immer mehr und mehr - und gerade je weiter wir kommen - abgesehen werden sollte. Denn es handelt sich wirklich bei den Vorträgen, die von mir in den Zweigen gehalten werden, immer mehr darum, daß es

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zum Beispiel gar nicht einerlei ist, ob man den einen Vortrag an dem einen Montag und den nächsten Vortrag am nächsten Montag hört. Wenn auch das für den Zuhörer nicht gleich durchsichtig ist, warum der eine Vortrag auf den anderen folgt, so ist das doch wichtig; und wenn man so Vorträge herumleiht, kann man gar nicht darauf Rücksicht nehmen, um was es sich dabei handelt. Es wird da unter Umständen ein Vortrag vor dem andern gelesen, und notwendigerweise wird er dann mißverstanden und richtet in den Köpfen mancherlei Verwirrung an. Das sei als etwas, was zu unserem anthroposophischen Leben gehört, durchaus als wichtig bemerkt. Schon ob da oder dort ein Nebensatz bei den Dingen eingeschoben ist, ob da oder dort ein Wort besonders oder weniger hervorgehoben wird, das hängt von der ganzen Entwickelung des Zweiglebens ab. Und nur dann, wenn das Veröffentlichen der Vorträge streng überwacht wird, so daß im Grunde genommen von jedem Veröffentlichen abgesehen wird, was mir nicht zuerst unterbreitet wird, kann irgendwie etwas Gedeihliches aus diesem Vervielfältigen oder Publizieren der Vorträge erfolgen.

Dies ist auch in gewisser Beziehung eine Art Einleitung zu den Vorträgen, die demnächst hier in unserem Zweig werden gehalten werden. Es wird ein gewisser innerer Zusammenhang sein im Verlaufe der Vorträge dieses Winters, und das, was an vorbereitendem Material zusammengeholt werden wird, das wird zuletzt, gerade bei den Vorträgen dieses Winters, nach einem ganz bestimmten Gipfelpunkt hin gerichtet sein, in dem es dann seinen Abschluß finden wird. Was vor acht Tagen hier besprochen wurde, hat einen kleinen Anfang gemacht; was heute besprochen werden wird, wird eine Art Fortsetzung sein. Aber «Fortsetzung» nicht etwa so wie bei Zeitungsromanen, wo die achtunddreißigste Fortsetzung die siebenunddreißigste fortsetzt, sondern es wird alles einen innerlichen Zusammenhang haben, wenn auch scheinbar verschiedene Gegenstände behandelt werden, und der Zusammenhang wird darin liegen, daß das Ganze dann am Ende in den letzten Vorträgen gipfeln wird.

So werden wir gerade heute schon in bezug auf die letzten der Vorträge etwas Skizzenhaftes zu sagen haben über das

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Wesen der Krankheiten, und am nächsten Montag über den Ursprung, die historische Bedeutung und den Sinn der «Zehn Gebote» zu sprechen haben. Das kann nun scheinen, als wenn es gar nicht zusammengehörte; aber Sie werden zuletzt sehen, wie das alles einen inneren Zusammenhang hat und wie es eigentlich nicht als etwas gelten soll, was irgendwie einen abgeschlossenen Vortrag darstellt, wie es sonst für ein weiteres Publikum sehr wohl der Fall sein kann.

Über das Wesen des Krankseins, der Krankheiten wollen wir heute vom Standpunkt der Geisteswissenschaft einiges sprechen. Um das Kranksein oder wenigstens um diese oder jene Form des Krankseins kümmert sich ja der Mensch in der Regel erst dann, wenn er von dieser oder jener Krankheit befallen ist, und da interessiert ihn dann im Grunde genommen auch nicht viel anderes als zumeist nur die Heilung, das heißt es interessiert ihn die Tatsache, daß er geheilt werde. Das, wie er geheilt werde, ist ihm zuweilen höchst gleichgültig, und es ist ihm auch höchst angenehm, wenn er sich um dieses «Wie» nicht weiter zu kümmern braucht. Dazu sind ja die da, die dazu von den entsprechenden Stellen eben angestellt sind, so denken die meisten unserer Zeitgenossen.

Auf diesem Gebiet herrscht ein viel ärgerer Autoritätsglaube innerhalb unserer Zeitströmung, als er eigentlich auf religiösem Gebiete je geherrscht hat. Das medizinische Papsttum, gleichgültig, wie es sich da oder dort gestaltet, ist ein solches, welches sich bis heute schon in der intensivsten Weise geltend macht und das sich in Zukunft noch viel mehr geltend machen wird. Aber nicht zum geringsten Teil haben die Laien Schuld daran, daß das so sein kann oder so werden wird. Denn man denkt nicht nach, kümmert sich nicht um diese Dinge, wenn es einem nicht an den Kragen geht, wenn nicht gerade ein akuter Fall da ist, wo man selbst einer Heilung bedürftig ist. Und so sieht denn auch ein großer Teil der Bevölkerung mit einem großen Gleichmute zu, wenn das medizinische Papsttum immer größere Dimensionen annimmt und in den verschiedensten Formen sich einnistet, so zum Beispiel, wenn es jetzt mitredet und in einer ungeheuren Weise in die Erziehung der Kinder eingreift, in das

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Schulleben, und dabei eine bestimmte Therapie für sich in Anspruch nimmt. Man kümmert sich nicht darum, welche tieferen Dinge eigentlich dahinter stecken. Man sieht zu, wenn diese oder jene Anstalten in der Öffentlichkeit gemacht werden, sei es in Form dieses oder jenes Gesetzes. Man will in diese Dinge keinen wirklichen Einblick gewinnen.

Dagegen werden sich allerdings immer wieder Leute finden, die, wenn es ihnen an den Kragen geht und sie nicht auskommen mit der gewöhnlichen materialistischen Medizin, um deren Grundlagen sie sich nicht kümmern und nur sehen, ob sie geheilt werden oder nicht, dann auch zu solchen Leuten kommen, die auf dem Boden des Okkultismus stehen - und sie kümmern sich dann aber auch wieder nur darum, ob sie geheilt werden können oder nicht. Darum jedoch kümmern sie sich nicht, ob das ganze öffentliche Leben in bezug auf die Methoden und das Wissen der Dinge einer tieferen, aus dem Geistigen kommenden Methode allen Grund und Boden unterwühlt. Wer kümmert sich darum, wenn bei einer Methode, die auf okkultem Boden erwachsen ist, die Öffentlichkeit alle Heilung auf diesem Gebiet unterbindet, oder wenn der Heiler eingesperrt wird? Alle diese Dinge werden eben nicht gründlich genug betrachtet; man betrachtet sie nur, wenn der Fall daliegt. Aber es ist gerade die Aufgabe einer wirklichen geistigen Bewegung, das Bewußtsein dafür wachzurufen, daß es sich nicht bloß handeln kann um das egoistische Suchen nach Heilung, sondern um die Erkenntnis der tieferen Gründe in diesen Dingen und um die Verbreitung einer solchen Erkenntnis.

In unserem Zeitalter des Materialismus ist es ja für den, der die Dinge durchschauen kann, nur allzu natürlich, daß gerade die Lehre von den Krankheiten den gewaltigsten Einfluß von der materialistischen Denkweise erfährt. Aber man wird ebenso fehlgehen, wenn man diesem oder jenem Schlagwort nachjagt, der oder jener Methode etwas Besonderes zuschreibt, man wird ebenso fehlgehen mit einer bloßen Kritik dessen, was zwar aus naturwissenschaftlichen Grundlagen hervorgeht und in vieler Beziehung nützlich, jedoch mit materialistischen Theorien verbrämt ist, als wenn man auf der anderen Seite wieder alles subsummieren will unter psychische Heilung

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und dergleichen und auf diese Weise in alle möglichen Einseitigkeiten verfällt. Vor allen Dingen muß der heutigen Menschheit immer klarer werden, daß der Mensch ein kompliziertes Wesen ist und daß alles, was mit dem Menschen zusammenhängt, mit dieser Kompliziertheit seines Wesens zu tun hat. Wenn eine Wissenschaft der Ansicht ist, daß der Mensch bloß aus dem physischen Leib besteht, dann kann sie unmöglich in irgendeiner heilsamen Weise in das eingreifen, was mit dem gesunden oder kranken Menschen zu tun hat. Denn Gesundheit und Krankheit stehen in einem Verhältnis zu dem ganzen Menschen und nicht bloß zu einem Glied desselben, dem physischen Leibe.

Nun darf man die Sache wiederum nicht oberflächlich nehmen. Sie können heute genugsam Ärzte finden, die regelrecht anerkannte Mediziner sind und die Ihnen durchaus nicht zugeben werden, daß sie in bezug auf ihr Glaubensbekenntnis auf materialistischem Boden stehen, sondern dieses oder jenes religiöse Glaubensbekenntnis haben, und die es weit von sich weisen würden, wenn Sie ihnen den Vorwurf machten, sie seien von einer materialistischen Gesinnung durchseelt. Darauf kommt es aber nicht an. Es kommt überhaupt im Leben nicht auf das an, was einer sagt und wovon einer überzeugt ist. Das ist seine ganz persönliche Sache. Im Wirken kommt es darauf an, daß man diejenigen Tatsachen, die nicht nur in der Sinneswelt sind, sondern die die geistige Welt durchweben und durchwallen, anwenden kann und für das Leben fruchtbar zu machen versteht. Wenn also ein Arzt ein noch so frommer Mann ist und noch so viel Ideen hat über diese oder jene geistige Welt, wenn er aber in bezug auf das, was er ausführt, nach den Regeln vorgeht, die ganz und gar aus unserer materialistischen Weltengesinnung heraus geschaffen sind, wenn er also so kuriert, als ob es bloß einen Körper gäbe, dann mag er seiner Theorie nach noch so spirituell gesinnt sein: er ist ein Materialist. Denn es kommt nicht darauf an, was einer sagt oder glaubt, sondern daß er die Kräfte, die hinter der äußeren Sinneswelt stehen, in lebendige Bewegung zu versetzen versteht.

Ebensowenig genügt es, wenn durch die Anthroposophie die Lehre verbreitet wird, daß der Mensch aus einer

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viergliedrigen Wesenheit besteht, und alles in der Welt nun nachplappern würde, daß der Mensch besteht aus physischem Leib, Ätherleib, astralischem Leib und Ich, auch wenn man diese Dinge in einer Art definieren und beschreiben kann. Auch das ist nicht das Wesentliche, sondern daß das lebendige Ineinanderspielen dieser Glieder der menschlichen Wesenheit immer mehr und mehr begriffen werde, daß begriffen werde, wie am gesunden und kranken Menschen beteiligt sind physischer Leib, Ätherleib, astralischer Leib und Ich und das, was wieder wechselseitig mit diesen Gliedern zusammenhängt.

Wer sich zum Beispiel niemals mit dem beschäftigen wird, was die Geisteswissenschaft zu geben vermag über die Natur des vierten Gliedes der menschlichen Wesenheit, über das Ich, der kann niemals, und wenn er noch so viel Anatomie und Physiologie studieren würde, irgend etwas erkennen über die Natur des Blutes. Das ist ganz unmöglich. Daher kann er nie und nimmer etwas Erhebliches und Fruchtbares sagen über die Krankheiten, die mit der Natur des Blutes zusammenhängen. Das Blut ist der Ausdruck für die Ich-Natur des Menschen. Und wenn durch die Zeiten das Goethewort im «Faust» geht: «Blut ist ein ganz besonderer Saft», so ist in der Tat damit recht viel gesagt. Unsere heutige Wissenschaft hat keine Ahnung davon, daß man sich in einer ganz anderen Weise auch zu dem physischen Blute als Forscher zu verhalten hat als zu irgendeinem anderen Glied der menschlichen physischen Körperlichkeit, das der Ausdruck von etwas ganz anderem ist.

Wenn die Drüsen der Ausdruck, das physische Gegenspiel des Ätherleibes sind, so haben wir auch physisch etwas ganz anderes zu sehen in demjenigen, was irgendeine Drüse, sei es Leber oder Milz, zusammensetzt, als wir im Blut zu sehen haben, das der Ausdruck eines viel höheren Gliedes der menschlichen Wesenheit ist, nämlich des Ichs. Und davon müssen die Forschungsmethoden abhängen, die uns zeigen, wie man sich mit diesen Dingen zu beschäftigen hat. Nun will ich etwas aussprechen, was eigentlich nur dem vorgerückten Anthroposophen verständlich sein kann, was aber wichtig ist auszusprechen.

Es erscheint heute dem materialistisch gesinnten Gelehrten ganz

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natürlich, daß, wenn er einen Stich in den Körper macht, da Blut herausfließt, das man untersuchen kann mit allen Mitteln, die es gibt. Und jetzt beschreibt man: das ist Blut - so etwa, wie man irgendeinen anderen Stoff, eine Säure oder so etwas, beschreibt nach den chemischen Untersuchungsmethoden, nach denen man dabei zu Werke geht. Man beachtet aber nur das eine dabei nicht, was allerdings einer materialistischen Wissenschaft nicht nur unbekannt, sondern geradezu als eine Torheit und Phantasterei erscheinen muß, was aber doch wahr ist: das Blut, das in den Adern rinnt, das den lebendigen Leib unterhält, das ist gar nicht das, was herausrinnt, wenn ich den Stich mache und einen roten Tropfen erhalte. Denn das Blut geht in dem Augenblick, wo es aus dem Körper geht, eine solche Verwandlung ein, daß wir sagen können, es ist überhaupt etwas ganz anderes; und was herausrinnt als gerinnendes Blut, und wenn es noch so frisch ist, ist unmaßgebend für das, was die ganze Essenz im lebendigen Organismus ist. Blut ist der Ausdruck für das Ich, für ein hohes Glied der menschlichen Wesenheit. Blut ist schon als Physisches etwas, was Sie überhaupt nicht seiner Totalität nach physisch untersuchen können, weil es, wenn Sie es sehen können, gar nicht mehr das Blut ist, das im Körper rinnt, was es war. Es kann gar nicht physisch geschaut werden, denn in dem Augenblick, wo es bloßgelegt wird, wenn es dahin kommt, daß es untersucht werden kann durch irgendwelche der Röntgen-Methode ähnliche Methoden, dann untersucht man gar nicht mehr das Blut, sondern etwas, was der äußere Abglanz des Blutes auf dem physischen Felde ist. Diese Dinge werden erst nach und nach begriffen werden. Es hat immer in der Welt solche Forscher gegeben, die auf dem Boden des Okkultismus standen und das gesagt haben, aber sie sind Phantasten oder Philosophen oder sonstwie benannt worden.

Nun hängt alles im gesunden oder kranken Menschen eben wirklich zusammen mit der Vielgliedrigkeit des Menschen, mit der Kompliziertheit des Menschen; und so kommt man auch nur durch eine Erkenntnis des Menschen, die der Geisteswissenschaft entnommen ist, zu einer Anschauung über den gesunden oder kranken Menschen.

Es gibt ganz bestimmte Schäden der menschlichen Natur,

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die nur verstanden werden können, wenn wir uns bewußt sind, daß sie zusammenhängen mit der Natur des Ichs, und wiederum in bestimmter Weise - aber innerhalb bestimmter Grenzen - sich zeigen im Ausdruck des Ichs, im Blut.

Dann gibt es bestimmte Schäden im menschlichen Organismus, die zurückzuführen sind auf eine Erkrankung des astralischen Leibes und die dadurch den äußeren Ausdruck des astralischen Leibes, das Nervensystem, affizieren. Aber nun müssen Sie schon, indem dieser zweite Fall genannt wird, sich der Feinheit, mit der hier gedacht werden muß, ein wenig bewußt werden. Wenn des Menschen astralischer Leib in sich eine solche Unregelmäßigkeit hat, daß sie sich im Nervensystem, im äußeren Abbild des astralischen Leibes ausdrückt, dann tritt zunächst physisch zutage eine gewisse Unfähigkeit des Nervensystems, seine Arbeit zu leisten.

Wenn nun das Nervensystem nach einer bestimmten Richtung hin seine Arbeit nicht leisten kann, dann können als Folge dieser Unfähigkeit alle möglichen Krankheitssymptome auftreten: Magen, Kopf, Herz können dabei krank werden. Es braucht aber durchaus nicht eine Krankheit, die etwa im Magen ihr Symptom zeigt, zurückzuführen sein auf eine Unfähigkeit des Nervensystems nach einer bestimmten Richtung und daher zurückzuführen sein in ihrem Ursprung auf den astralischen Leib, sondern sie kann von ganz woanders her kommen.

Diejenigen Krankheitsformen, die zusammenhängen mit dem Ich selbst und dadurch mit seinem äußeren Ausdruck, dem Blut, äußern sich in der Regel - aber nur in der Regel, denn in der Welt sind die Dinge nicht so abgezirkelt, trotzdem man scharfe Konturen ziehen kann, wenn man die Dinge betrachten will - als diejenigen Krankheiten, die als chronische Krankheiten auftreten. Was sonst zunächst wahrgenommen werden kann als diese oder jene Schäden, ist in der Regel Symptom. Es kann dieses oder jenes Symptom auftreten, zugrunde liegen kann aber ein Schaden des Blutes, und der hat seinen Ursprung in einer Unregelmäßigkeit desjenigen Teiles der menschlichen Wesenheit, den wir den Ich-Träger nennen.

Nun könnte ich Ihnen stundenlang reden über die Krankheitsformen, die sich chronisch äußern, und die, wenn wir physisch sprechen, im

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Blut, wenn wir geistig sprechen, im Ich ihren Ursprung haben. Das sind vorzugsweise die Krankheiten, die so im rechten Sinne vererbbar sind, übergehen von einer Generation auf die andere. Und diese Krankheiten sind es, die nur von dem durchschaut werden können, der überhaupt die menschliche Natur geistig betrachtet. Da kommt dieser oder jener, der chronisch krank ist, das heißt also im Grunde genommen niemals recht gesund ist; es tritt bald dieses, bald jenes auf, er fühlt bald dieses oder jenes Unwohlsein. Da handelt es sich darum, daß man tiefer auf den Grund der Sache sieht und da vor allem darauf zu achten versteht : Wie ist denn der eigentliche Grundcharakter des Ichs beschaffen? Was ist denn das eigentlich für ein Mensch? Wer auf diesem Felde wirklich dem Leben gemäß etwas weiß, der kann sagen, daß ganz bestimmte Formen der chronischen Krankheiten zusammenhängen mit diesem oder jenem rein seelischen Grundcharakter des Ichs. Niemals werden gewisse chronische Krankheiten auftreten bei einem Menschen, der zum Ernst und zur Würde bestimmt ist, dagegen wohl bei einem Menschen, der zum Pfeifen und Singen aufgelegt ist. Das kann hier nur angedeutet werden, um einmal den Weg in diesen propädeutischen Vorträgen zu weisen.

Aber Sie sehen, es kommt viel darauf an, wenn irgend jemand auftritt, der da sagt, ich habe eigentlich seit Jahren dieses oder jenes, daß man sich da zunächst klar werden muß : Was ist das überhaupt für ein Mensch? Man muß wissen, welche Grundcharakterfärbung sein Ich hat, sonst wird man immer in der äußeren Medizin unbedingt danebengreifrn müssen, wenn nicht ein eigenartiger Zufall darauf führt. Das Wesentliche wird es nun sein, daß bei diesen Krankheiten, die also zugleich im eminentesten Sinne diejenigen sind, die im eigentlichen Sinne vererbbar sind, in bezug auf die Heilung die ganze Umgebung des Menschen zu berücksichtigen sein wird, insofern sie auf sein Ich einen direkten oder indirekten Einfluß ausüben kann. Wenn man den Menschen also wirklich auf diese Weise kennengelernt hat, wird man manchmal urteilen müssen, daß man ihn vielleicht in diese oder jene Naturumgebung zu bringen hat, während des Winters in diese oder jene Umgebung, wenn es sein kann; oder daß man ihm zu raten hat, wenn er in einem bestimmten

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Berufe ist, den Beruf zu wechseln, daß er diese oder jene Seite des Lebens aufzusuchen hat. Hier wird es sich also vorzugsweise darum handeln, daß man das Richtige zu treffen sucht in bezug auf das, was auf den Charakter des Ichs gerade den richtigen Einfluß ausüben kann.

Besonders muß der, der heilen will, eine weite Lebenserfahrung haben, so daß er sich hineinversetzen kann in die Natur des Menschen, daß er sagen kann: dieser Mensch muß, um seine Heilung zu bekommen, seinen Beruf wechseln. Es handelt sich hier darum, daß dasjenige, was in bezug auf die Menschennatur notwendig ist, hervorgehoben werde. Vielleicht wird gerade auf diesem Felde manchmal jegliche Heilung daran scheitern, daß dies eben gar nicht ausgeführt werden kann; aber in vielen Fällen kann es ausgeführt werden, wenn es nur gewußt wird. So kann zum Beispiel viel bei manchem Menschen gewirkt werden, wenn er einfach statt in der Ebene in den Bergen lebt. Das sind nun Dinge, die sich auf solche Krankheiten beziehen, die sich äußerlich als chronische Krankheiten äußern und die physisch mit der Natur des Blutes, geistig mit der Natur des Ichs zusammenhängen.

Dann kommen wir vorzugsweise zu denjenigen Krankheiten, welche ursprünglich - geistig - in Unregelmäßigkeiten des astralischen Leibes ihren Sitz haben und die sich äußern in bestimmten Unfähigkeiten des Nervensystems nach dieser oder jener Richtung hin.

Nun hängt ein großer Teil der verbreiteten akuten Krankheiten eben mit dem zusammen, was jetzt besprochen worden ist, sogar die meisten der akuten Krankheiten hängen damit zusammen. Denn es ist ein Aberglaube, wenn man oftmals meint, wenn einer am Magen oder am Herzen leidet, oder selbst wenn er diese oder jene deutlich wahrnehmbaren Unregelmäßigkeiten da oder dort hat, daß er richtig kuriert wird, wenn man direkt auf dieses Krankheitssymptom losgeht. Das Wesentliche kann es sein, daß dieses Krankheitssymptom da ist, weil das Nervensystem unfähig ist zu funktionieren. So kann das Herz krank sein, weil einfach das Nervensystem nach dieser Richtung hin unfähig geworden ist zu funktionieren, nach welcher es das Herz in seiner Bewegung unterstützen soll. Da ist es ganz unnötig, das Herz oder im anderen Falle den Magen zu malträtieren, dem im Grunde

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genommen nichts direkt fehlen würde, sondern wo nur die Nerven, die ihn versorgen sollen, unfähig sind, ihre Arbeit zu verrichten.

Wenn in einem solchen Falle der Magenerkrankung der Magen mit Salzsäure behandelt wird, macht man denselben Fehler wie bei einer Lokomotive, die immer zu spät kommt und wo man sich sagt, da muß der Lokomotive etwas fehlen, und an ihr herumhämmert - aber sie kommt trotzdem immer noch nicht zur rechten Zeit. In Wahrheit würde man finden, wenn man der Sache auf den Grund ginge, daß der Lokomotivführer sich jedesmal vorher, wenn es zum Fahren kommt, betrinkt; man würde also das Richtige treffen, wenn man bei dem Lokomotivführer ansetzte, denn sonst würde doch die Lokomotive zur richtigen Zeit eintreffen.

So kann es durchaus sein, daß man bei Magenerkrankungen, statt bei dem Magen anzufangen, bei den den Magen versorgenden Nerven einzugreifen hat. Sie werden vielleicht auch in der materialistischen Medizin mancherlei solche Bemerkungen finden. Aber darauf kommt es nicht an, daß jemand sagt, wenn der Magen ein Krankheitssymptom zeigt, daß man sich da zunächst an den Nerv zu wenden hat. Denn damit ist wieder nichts getan. Getan ist erst etwas, wenn man weiß, daß der Nerv der Ausdruck des astralischen Leibes ist, daß man zurückgehen kann auf das Gefüge des astralischen Leibes und in den Unregelmäßigkeiten des astralischen Leibes die Ursachen suchen kann. Da fragt es sich nun: auf was kommt es denn da an?

Zunächst wird es sich bei solchen Erkrankungen darum handeln, daß bei der Heilweise das in Betracht kommt, was man Diät nennt, daß man die richtige Zusammenmischung der Speisen und dessen, was der Mensch genießt, trifft. Also auf die Lebensweise, nicht in bezug auf das Äußere, sondern in bezug auf das, was vom Menschen verdaut und verarbeitet werden soll, kommt es an, und darüber kann überhaupt niemals jemand auf Grund einer bloß materialistischen Wissenschaft etwas wissen. Da muß man sich klar sein, daß alles, was um uns herum ist in der weiten Welt als Makro-kosmos, einen Bezug hat zu unserem komplizierten Inneren, zu dem Mikrokosmos, daß also ein jedes Nahrungsmittel, das gefunden werden kann, in einem ganz bestimmten Zusammenhang steht mit

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dem, was in unserem Organismus ist.

Wir haben es ja hinlänglich kennengelernt, wie der Mensch eine lange Evolution durchgemacht hat, wie die ganze äußere Natur als eine Ausstoßung des Menschen gebildet worden ist. Wir sind immer wieder in den verschiedenen Betrachtungen zurückgegangen bis zur alten Saturnzeit. Da haben wir gefunden, daß auf dem alten Saturn nichts anderes da war als bloß der Mensch, und daß gleichsam der Mensch, die menschliche Evolution, die anderen Naturreiche ausgeschieden hat, Pflanzenreich, Tierreich und so weiter. Der Mensch hat in dieser Evolution seine Organe gebildet ganz entsprechend dem, was durch sie ausgeschieden wurde.

Selbst bei der Ausscheidung des Mineralreiches sind ganz bestimmte innere Organe entstanden. Es hätte das Herz nicht entstehen können, wenn nicht äußerlich gewisse Pflanzen, Mineralien und mineralische Möglichkeiten sich im Laufe der Zeit gebildet hätten.

Nun steht das, was so äußerlich entstanden ist, in einem gewissen Bezug zu dem, was sich innerlich gebildet hat. Und nur der, welcher weiß, wie das Äußere zum Innern in einem Verhältnis steht, kann im einzelnen Falle sagen, wie das Äußere, das Makrokosmische, für das Mikrokosmische verwendet werden kann, sonst wird es der Mensch in einer gewissen Weise erleben, daß er etwas in sich hineinstopft, was für ihn gar nicht paßt. Da haben wir also in der Geisteswissenschaft die eigentlichen Gründe zu suchen, die uns unser Urteil leiten können. Es ist immer ein oberflächliches Urteil, wenn im Erkrankungsfalle die Diät eines Menschen bestimmt werden soll nach rein äußerlich gefundenen Gesetzen, die der Statistik oder der Chemie entnommen worden sind. Da handelt es sich um ganz andere Gründe. So sehen wir, wie hier das geistige Erkennen dasjenige durchströmen und durchglühen muß, was mit dem gesunden und kranken Menschen zu tun hat.

Dann gibt es gewisse Krankheitsformen, welche zum Teil mehr chronischen, zum Teil mehr akuten Charakter annehmen, die aber jetzt zusammenhängen mit dem menschlichen Ätherleib und daher ihren Ausdruck finden in den menschlichen Drüsenorganen. Diese Krankheiten haben in der Regel gar nichts eigentlich mit dem zu tun, was man Vererbung nennt, Generationen-Vererbung, dagegen

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haben sie viel zu tun mit dem Volkszusammenhang, mit dem Rassen- und Stammeszusammenhang, der sich in der Menschenwelt findet. So daß wir bei den Krankheiten, die in dem Ätherleibe ihren Ursprung haben und als Drüsenerkrankungen herauskommen, immer in Erwägung ziehen müssen die Frage : Hat ein Russe diese Krankheit oder ein Italiener, ein Norweger oder Franzose? - Denn diese Krankheiten hängen mit dem Volkscharakter zusammen und äußern sich daher ganz verschieden.

So zum Beispiel wird auf dem medizinischen Felde ein großer Fehler gemacht : es wird in ganz Westeuropa eine ganz falsche Anschauung aufgestellt über Tabes, Rückenmarksschwindsucht. Zwar wird sie richtig beurteilt für die westeuropäische Bevölkerung, ganz falsch aber für die osteuropäische Bevölkerung, weil sie da einen ganz anderen Ursprung hat; denn heute variieren auch diese Dinge noch in der mannigfaltigsten Weise.

Nun werden Sie begreifen, daß das bei der Bevölkerungsmischung einen gewissen Umblick erfordert. Nur derjenige, der zu sondern versteht in bezug auf das Innere der Menschennatur, kann sich überhaupt darüber ein Urteil bilden. Diese Krankheiten werden einfach heute äußerlich behandelt, in Bausch und Bogen mit den akuten Krankheiten, während sie da auf ein ganz anderes Feld gehören. Vor allem muß dabei eines gewußt werden : daß die Organe des Menschen, die unter dem Einflusse des Ätherleibes stehen und durch Unregelmäßigkeiten des Ätherleibes erkranken können, in ganz bestimmten Verhältnissen zueinander stehen.

So gibt es zum Beispiel ein ganz bestimmtes Verhältnis zwischen Herz und Gehirn eines Menschen, und das ist, aber auch mehr bildlich, in einer gewissen Weise so auszudrücken, daß man sagen kann: dieses gegenseitige Verhältnis von Herz und Gehirn entspricht dem Verhältnis von Sonne und Mond - hier aber das Herz der Sonne und das Gehirn dem Mond. Da kommen wir dazu, daß wir uns klar sein müssen, wenn zum Beispiel eine Erkrankung im Herzen auftritt, insofern sie im Ätherleib wurzelt, sie zurückwirken muß auf das Gehirn, wie etwa, wenn auf der Sonne etwas geschieht, zum Beispiel eine Verdunkelung, das zurückwirken muß auf den Mond. Das ist gar nicht anders, denn die Dinge stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang.

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Diese Dinge werden in der okkulten Medizin auch so bezeichnet, daß man auf die Konstellation der verschiedenen Organe des Menschen die Bilder der Himmelskörper anwendet: Herz als Sonne, Gehirn als Mond, Milz als Saturn, Leber als Jupiter, Galle als Mars, Nieren als Merkur. Wenn Sie die gegenseitigen Verhältnisse der Gestirne studieren, haben Sie ein Bild für das gegenseitige Verhältnis der Organe des Menschen, soweit sie im Ätherleib liegen. Es ist unmöglich, daß die Galle erkrankt - was also geistig im Ätherleibe zu suchen ist -, ohne daß diese Krankheit nach den Organen, die eben genannt worden sind, in irgendeiner Weise hin wirkt, und zwar, wenn die Galle als Mars bezeichnet worden ist, wirkt das so, wie die Marswirkung in unserem Planetensystem ist.

So muß man die Zusammenhänge der Organe kennen, wenn es sich um eine Erkrankung des Ätherleibes handelt, und doch sind das vorzugsweise die Krankheiten - und daran werden Sie sehen, daß jede Einseitigkeit auf okkultem Felde vermieden werden muß -, für welche spezifische Heilmittel anzuwenden sind. Da treten die Heilmittel ein, die Sie draußen in Pflanzen und Mineralien finden. Denn was den Pflanzen und Mineralien angehört, hat eine tiefe Bedeutung für das, was dem menschlichen Ätherleib angehört. Also wenn wir wissen, daß eine Krankheit ihren Urstand hat im Ätherleib und sich daher in einer bestimmten Weise im Drüsensystem ausdrückt, müssen wir das Heilmittel finden, das in einer richtigen Weise den Komplex des Zusammenwirkens ausbessern, reparieren kann. Vorzugsweise bei diesen Krankheiten, bei denen man zuerst zu beachten hat, was selbstverständäch die Hauptsache ist, daß sie urständen im Ätherleib, dann, daß sie mit dem Volkscharakter zusammenhängen, daß bei ihnen die Organe regelmäßig zusammenwirken, bei ihnen ist es erst der Fall, daß Spezifika als Heilmittel in Anwendung kommen können.

Nun haben Sie vielleicht die Vorstellung bekommen : Ja, wenn man einen Menschen da oder dort hinschicken soll, dann kann man ihm in der Regel, wenn er an einen Beruf gefesselt ist und die Dinge nicht ausführen kann, nicht helfen. Da tritt in der Tat die psychische Methode in jedem Falle als wirksam ein. Was man psychische Methode nennt, ist am allerwirksamsten, wenn man die Krankheit im

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eigentlichen Ich des Menschen zu suchen hat. Wenn also eine solche chronische Krankheit auftritt, die also in irgendeiner Weise im Blut wurzelt, dann treten die psychischen Heilmittel als das Berechtigte ein. Und werden sie in der richtigen Weise ausgeführt, dann können sie durch das, was auf das Ich wirkt, einen vollgültigen Ersatz bilden für das, was von außen auf den Menschen einströmt. Da werden Sie einen feinen, intimen Zusammenhang überall sehen können, wenn Sie beobachten, was die menschliche Seele erleben kann, wenn sie sonst zum Beispiel an den Schraubstock gefesselt ist und nun für einen kurzen Augenblick einmal Landluft genießen kann. So ist die Freude, welche die Seele mit Gefühlen erhebt, etwas, was wir im weitesten Sinne eine psychische Methode nennen können. Nun kann der Heiler, wenn er seine Methode richtig ausübt, das durch seinen persönlichen Einfluß nach und nach ersetzen, und die psychischen Methoden haben ihre stärkste Berechtigung bei dieser Form der Erkrankungen, und das ist aus dem Grunde schon nicht zu übergehen, weil der größte Teil der Krankheiten auf einer Unregelmäßigkeit des Ich-Teiles des Menschen beruht.

Dann kommen wir zu den Krankheiten, die durch Unregelmäßigkeiten des astralischen Leibes entstehen. Da verlieren allerdings die bloß psychischen Methoden, trotzdem sie anwendbar sind, ihren großen Wert; daher sind diese Methoden auch bei diesen Krankheiten die selteneren. Da tritt nun die diätetische Heilmethode ein. Erst bei den Krankheiten, die wir als die dritte Art bezeichnet haben, ist es eigentlich berechtigt, mit den äußeren medizinischen Heilmitteln den Verlauf der Heilung zu unterstützen. Also wenn man den Menschen in seiner Kompliziertheit betrachtet, kommt es auch in der Heilweise auf eine Allseitigkeit hinaus, und man kann nicht in Einseitigkeit verfallen.

Es fehlt nun noch das, was die eigentlichen Erkrankungen sind, die im physischen Leibe selber urständen, die sich auf den physischen Leib beziehen, und das sind die eigentlichen Infektionskrankheiten. Das ist ein wichtiges Kapitel, und das werden wir genauer betrachten in einem der nächsten Vorträge, wenn wir erst den wirklichen. richtigen Ursprung der «Zehn Gebote» werden betrachtet

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haben. Denn Sie werden sehen, daß das doch zusammenhängt. Heute kann ich daher nur darauf hinweisen, daß diese vierte Krankheitsform vorliegt und daß es bei ihrer tiefen Grundlage auf eine Erkenntnis der ganzen Natur, mit der der menschliche physische Leib zusammenhängt, ankommt. Nicht das Physische ist hier die Grundlage, sondern erst recht wiederum das Geistige.

Wenn wir diese vierte Krankheitsform betrachtet haben, haben wir noch immer nicht alle wesentlichen Krankheiten erschöpft, sondern wir werden sehen, daß es auch noch auf das menschliche Karma ankommt, das da hineinspielt. Das ist ein Fünftes, was in Betracht kommt.

So werden wir sagen : Es wird sich uns nach und nach etwas enthüllen über die fünf verschiedenen Formen der Erkrankungen des Menschen, Erkrankungen, die auf dem Felde des Ich urständen, die auf dem Felde des astralischen Leibes, des ätherischen Leibes oder des physischen Leibes urständen, und was an den Krankheiten als karmischer Anteil zu betrachten ist. Davon kann es erst abhängen, daß ein Heil eintritt in bezug auf die medizinische Denkweise, daß sich die ganze medizinische Denkweise durchdringt mit der Erkenntnis der höheren Glieder der menschlichen Natur. Vorher hat man es gar nicht mit einer Medizin zu tun, die in Wahrheit wirklich in das eingreifen kann, worum es sich handelt. Obwohl diese Dinge, wie viele unserer okkulten Einsichten, auf die Höhe der Zeit heraufgeholt und in eine moderne Form gebracht werden müssen, dürfen Sie nicht glauben, daß das nicht auch in gewisser Beziehung eine alte Weisheit ist.

Die Medizin hat ihren Ausgang genommen von der geistigen Erkenntnis und ist immer materialistischer und materialistischer geworden. Und vielleicht an keiner anderen Wissenschaft wie an der Medizin kann man so sehen, wie der Materialismus hereingebrochen ist über die Menschheit. Es hat in früheren Zeiten wenigstens ein Bewußtsein gegeben davon, daß eine Erkenntnis der Viergliedrigkeit der Menschennatur notwendig ist, wenn man in sie hineinschauen will. Freilich hat sich der Materialismus auch früher gezeigt, so daß auf diesem Gebiete hellsichtige Menschen auch schon vor der Zeit der letzten vier Jahrhunderte gesehen haben, wie um sie herum alles materialistisch zu denken beginnt, und Paracelsus, der heute nicht verstanden

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wird, den man für einen Phantasten oder Träumer hält, hat zum Beispiel voll darauf hingewiesen, daß rings um ihn herum die medizinische Wissenschaft, wie sie ausging von Salerno, Montpellier, Paris, wie sie aber auch in gewissen deutschen Gegenden wurzelte, materialistisch war oder wenigstens immer mehr sich anschickte, materialistisch zu werden. Und gerade die Weltenstellung des Paracelsus hat es ihm notwendig erscheinen lassen - was heute wieder notwendig wird -, darauf aufmerksam zu machen, wie sich eine auf den Geist gehende medizinische Anschauung ausnimmt gegen das, was auf rein materialistischem Felde gewonnen wird.

Heute ist es vielleicht noch schwerer, als es dem Paracelsus schon war, mit einer paracelsisch gehaltenen Denkweise durchzudringen. Denn es stand damals das materialistische Denken der Medizin nicht so schroff und nicht so fremd gegenüber dem Denken des Paracelsus, wie heute die materialistische Wissenschaft fremd, ohne jedes Verständnis einem Einblick in die wirklich geistige Natur des Menschen gegenübersteht. Daher gilt für uns das, was in dieser Beziehung gerade Paracelsus gesagt hat, noch heute, was aber heute in seiner Geltung weniger erkannt wird.

Wenn man sieht, wie heute über die Dinge gedacht wird von denen, die am Seziertisch oder im Laboratorium arbeiten, und wie die Forschungen verwendet werden, um den gesunden und kranken Menschen zu verstehen, dann könnte man in einer gewissen Weise sich sehr wohl ähnlich gegen diese materialistische Denkweise wenden, wie das Paracelsus getan hat. Nur wird man vielleicht nicht gerade einige Worte mit einiger Hoffnung auf Verständnis, und vielleicht auch auf Verzeihung, anführen dürfen, wie sie Paracelsus in bezug auf die um ihn herum lebenden Mediziner gesagt hat - also wirklich mit der Hoffnung auf Verzeihung, denn Paracelsus hat selbst gesagt, er sei kein Mensch, fein und subtil, der an den Tafeln der Oberen gelebt habe, er sei grob geartet, aufgewachsen bei Käs und Milch und Haberbrot; und daher werden Sie schon verzeihen, wenn diese Dinge nicht immer sehr fein klingen.

Paracelsus sagt über die welschen Ärzte, aber auch über die deutschen Ärzte, als er die verschiedenen Krankheitsnaturen bespricht: «Denn es ist ein großer Irrsal, und steht übel über, daß so viel

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welschet Ärzt, und namentlich zu Montpellier, Salerno, Paris, die da wollen vor allen den Kranz haben und jedermann verachten, und doch selbst nichts wissen noch können, sondern öffentlich erfunden wird, daß ihr Maul und ihre Pracht alle ihre Kunst ist, das ist ihr Schwätzwerk. Sie schämen sich nicht der Klistieren, Purgieren; ob es schon zum Tod sei, so muß alles wohl geraten sein. Und berühmen sich großer Anatomie, so sie haben und gebrauchen, und haben dennoch noch nie gesehen, daß der Weinstein in Zähnen hanget, ich geschweige anderst mehr. Das sind gute Augenärzt, dörfen keines Spiegels an der Nasen. Was ist euer Sehen und Anatomia? Ihr könnt doch ein Dreck nichts damit umgehen, und habt nicht so viel Augen, daß ihr seht, was da ist. Solches befleißen sich auch die deutschen Guckgauch der Ärzte und gesehen Dieb und dergleichen und junge, ausgebrütete Narren, wenn sie alles gesehen haben, so wissen sie weniger, denn vor. Also ersticken sie im Dreck und Kadaver, und darnach gehen die Lappen zum Requiem - gingen sie zu den Leuten dafür!»