Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 107 Geisteswissenschaftliche Menschenkunde

11. Vortrag Berlin, 21. Dezember 1908

Rhythmen der vier menschlichen Wesensglieder und ihre kosmischen Bezüge.

Die Anordnung, die wir getroffen haben in bezug auf die Kurse, die diesen Zweigvorträgen parallel laufen, macht es ja allein möglich, daß wir hier in unserem Zweig zu immer höheren Gebieten aufsteigen können. Ich möchte deshalb bitten, diese Kurse möglichst zu berücksichtigen. Es ist notwendig, daß man eine Stätte hat, wo man weiter fortschreiten kann mit den Vorträgen. Sonst müßte man eigentlich jedes Jahr von vorne anfangen.

Heute soll uns etwas beschäftigen, was wieder scheinbar weit absteht von den letzten Vorträgen, was sich aber doch in unseren dies­jährigen Gedankengang einfügen wird. Anknüpfen wollen wir an eine Bemerkung in einem der letzten öffentlichen Vorträge, in dem Vortrage über den «Aberglauben vom geisteswissenschaftlichen Standpunkte». Es wurde dort eine Bemerkung gemacht, die in einem öffentlichen Vortrag nicht weiter ausgeführt werden kann, weil man für ein tieferes Eingehen Vorkenntnisse voraussetzen muß, die sich weniger auf den Verstand, auf intellektuelles Erkenntnisvermögen beziehen als auf ein Erkenntnisvermögen, das in unserer ganzen Seelenkonstitution liegt und das wir nur durch jahrelanges Mitarbeiten mit dem Zweigleben erwerben können. Nur durch eine solche geduldige Arbeit können wir dahin gelangen, daß uns manches, was wir früher für absurd gehalten hätten, möglich und wahrscheinlich vorkommt, so daß wir es mit ins Leben nehmen und sehen, wie weit es sich bewahrheitet.

Die Bemerkung, von der wir ausgehen wollen, war, daß es eine gewöhnliche Tatsache und nicht Aberglaube ist, wenn bei gewissen Krankheiten, wie die Lungenentzündung zum Beispiel eine ist, der siebente Tag eine Krisis darstellt, daß da bei dieser Krisis, die unweigerlich am siebenten Tag eintritt, wo der Kranke leicht sterben kann, der Arzt darauf bedacht sein muß, den Kranken darüber hinwegzubringen. Das ist heute von jedem vernünftigen Arzt anerkannt, aber nach den Ursachen können die Ärzte nicht forschen, weil sie keine Ahnung haben von den im

149
Geistigen zu findenden Urgründen der Dinge. Zuerst wollen wir einmal die Tatsache hinstellen, daß sich hier etwas ganz Merkwürdiges, mit der geheimnisvollen Sieben-Zahl Zusammenhängendes in der Lungenentzündung zeigt.

Wir müssen nun den Menschen so betrachten, daß sich uns eine Möglichkeit bietet zum Verständnis dieser und noch mancher anderen Tatsache. Sie alle wissen - es ist das ja unzählige Male hier erwähnt worden -, daß man den Menschen nur erkennen kann, wenn man ihn versteht aus dem Aufbau seiner vier Glieder, dem physischen Leib, dem Ätherleib, dem Astralleib und dem Ich. Diese vier Glieder der Menschennatur stehen in den mannigfaltigsten Beziehungen und gegenseitigen Abhängigkeiten. Jedes Glied wirkt auf das andere und somit wirken sie durchaus im Zusammenhang miteinander. Aber dieses Zusammenwirken ist ein sehr kompliziertes. Der Mensch kann diese Zusammenhänge nur sehr langsam und allmählich kennenlernen, ebenso die Beziehungen dieser Glieder zu gewissen Kräften, Vorgängen und Wesenheiten im ganzen Kosmos. Denn der Mensch steht durch alle seine Glieder in einer fortdauernden - und das ist auch wieder sehr wichtig -, und zwar wechselnden Verbindung mit dem Kosmos. Was wir erkennen als physischen Leib, Ätherleib und so weiter hängt miteinander zusammen, aber ebenso auch mit dem Kosmos, mit der ganzen um uns sich ausbreitenden Welt. Denn das, was wir in uns haben, ist in einer gewissen Weise auch draußen, außer uns, und so dürfen wir sagen, daß wir diese Beziehungen nach innen und außen wohl am besten erkennen, wenn wir einmal den Menschen im wachenden und im schlafenden Zustande betrachten.

Wenn der Mensch schlafend vor uns liegt, so haben wir im Bette liegen den physischen Leib und den Ätherleib, und in gewisser Be­ziehung außerhalb dieser beiden sind der astralische Leib und das Ich. Das ist aber nur ungenau gesagt. Das Ungenauere genügt ja allerdings für viele Dinge, aber heute wollen wir etwas genauer diese Verhältnisse kennenlernen. Der astralische Leib und das Ich also sind zunächst nicht im physischen Leib tätig. Der physische Leib mit seinem Nerven- und Blutsystem und der Ätherleib sind aber gar nicht möglich, ohne daß sie durchzogen sind von einem astralischen Leib und

150
einem irgendwie gestalteten Ich. Auch der Ätherleib könnte nicht bestehen, ohne daß er durchzogen wäre von höheren Wesenheiten. In dem Augenblicke, wo der Mensch mit seinem eigenen astralischen Leibe und Ich hinausrückt, müssen die Tätigkeiten dieser beiden Glieder der Menschennatur ersetzt werden. Es kann der Menschenleib nicht liegen bleiben, ohne daß ein Ich und ein astralischer Leib in ihm tätig sind, so daß wir also auch im schlafenden Menschen ein Ich und einen astralischen Leib tätig haben müssen. Genau gesprochen, müßten wir aber sagen: Das Ich und der astralische Leib, die da im schlafenden physischen Leib des Menschen tätig sind, sind auch während des Tages im Menschen, nur ist ihre Tätigkeit durchaus untergraben durch des Menschen astralischen Leib und Ich, die durch ihre Tätigkeit die der anderen höheren Wesenheiten zunichte machen. Wenn wir das Ich, wie es heute im Menschen ist, uns vorstellen wollen beim wachenden Menschen, so müssen wir uns sagen:

Dieses menschliche Ich ist beim wachenden Menschen innerhalb des menschlichen Leibes, und es entzieht während dieser Zeit durch seine Tätigkeit einem umfassenden Ich seine Wirkungssphäre. Was tut denn dieses unser eingeschränktes Ich eigentlich im Schlafe? In Wahrheit können wir, ziemlich genau gesprochen, sagen: Dieses Ich, das sich während des Tages befreit hat von dem großen Welten-Ich und das auf eigene Faust lebt im menschlichen Leibe, das taucht unter während der Nacht in das Welten-Ich, begibt sich seiner eigenen Tätigkeit. Und gerade durch dieses Eintauchen, dieses Untergehen des Tages-Ichs in das Welten-Ich kann das Welten-Ich ungehindert wirken und kann alles fortschaffen, was das Tages-Ich an Ermüdungsstoffen aufgehäuft hat. Dadurch, daß das Tages-Ich versinkt, untertaucht ins Welten-Ich, ist in umfassender Weise das Nacht-Ich möglich. Wenn Sie es sich bildlich vorstellen wollen, können Sie sich dieses Verhältnis des Tages-Ichs zum Nacht-Ich so vorstellen, daß das Tages-Ich gleichsam einen Kreis beschreibt und daß es den größten Teil dieses Kreises außerhalb des großen Ichs zubringt, während es nachts ins große Ich untertaucht. Sechzehn Stunden zum Beispiel ist es außerhalb und acht Stunden taucht es unter ins Nacht-Ich.

Sie verstehen das nur richtig, wenn Sie das, was ich eben gesagt

151
habe, ganz ernst nehmen, daß nämlich Ihr Ich niemals dasselbe ist während der sechzehn Stunden - wenn wir das als die normale Zeit des Wachens annehmen -, daß das Ich während dieser Zeit fortwährend Veränderungen durchmacht, daß es einen Teil eines Kreises beschreibt und dann untersinkt und auch während der Nacht wieder Veränderungen durchmacht, von denen der gewöhnliche Mensch nichts weiß. Diese Veränderungen gehen immer mehr ins Unbewußte bis zu einem Höhepunkt, und dann wird das Ich wieder langsam bewußter. Wir müssen also sagen, daß im Verlaufe von vierundzwanzig Stunden das menschliche Ich fortwährend gewisse Veränderungen durchmacht, deren äußeres Symbolum wir uns als Kreislauf vorstellen, als einen Zeiger, der einen Kreis beschreibt und von Zeit zu Zeit untertaucht in das große Welten-Ich.

In ganz ähnlicher Weise macht des Menschen astralischer Leib Veränderungen durch. Der Astralleib ändert sich auch in der Weise, daß wir, symbolisch vorgestellt, uns einen Kreislauf denken müssen. Auch beim astralischen Leib sind die Veränderungen so, daß wir in der Tat in gewisser Beziehung von einem Untertauchen in einem Welten-Astralleib sprechen müssen. Nur bemerkt der heutige Mensch dieses Untertauchen in dem Welten-Astralleib nicht mehr, während er es früher sehr wohl bemerkt hat. Damals fühlte der Mensch sozusagen abwechselnd ureigene astralische Gefühle zu einer Zeit und ganz andere Gefühle zu einer anderen Zeit. So fühlte er in einer gewissen Zeit lebendiger in der ihn umgebenden Außenwelt, in einer anderen Zeit dagegen mehr sein eigenes Innere. So konnte man ganz verschiedene Nuancierungen in der Empfindungsweise des astralischen Leibes wahrnehmen, weil der astralische Leib im Verlaufe von sieben Tagen, also sieben mal vierundzwanzig Stunden, rhythmisch Veränderungen durchmacht, die sich wieder vergleichen lassen mit einem Umkreis. Wie das Ich in einer Zeit von vierundzwanzig Stunden rhythmische Veränderungen durchmacht, die sich heute noch ausdrücken im Wechsel von Wachen und Schlafen, so der Astralleib in sieben mal vierundzwanzig Stunden.

Solche rhythmische Veränderungen sind beim Urmenschen in großer Lebendigkeit aufgetreten. Es gehen also im astralischen Leibe rhythmische Veränderungen vor

152
sich, die in sieben Tagen ablaufen, und vom achten Tage an wiederholt sich der Rhythmus. Tatsächlich taucht einen Teil der Zeit, in wel­cher der Mensch diesen Rhythmus durchmacht, der astralische Leib in einen allgemeinen Welten-Astralleib ein. Sonst ist er mehr außerhalb dieses Welten-Astralleibes. Daraus können Sie sich eine Vorstellung bilden, daß das, was als allgemeiner Astralleib und allgemeines Ich im schlafenden Menschen auftritt, eine große Bedeutung für das Leben des Menschen hat. Jenes Ich, in das er untertaucht im Schlafe, das in der Nacht das Blut pulsieren macht, ist dasselbe, das in seinem Körper wirkt während des Schlafes. Auch wenn er bei Tage schläft, taucht er in dieses allgemeine Ich unter, und dadurch bringt er eine gewisse Unregelmäßigkeit in seinen Rhythmus hinein, die in früheren Zeiten zerstörend gewirkt haben würde, die heute aber nicht mehr so zerstörend ist, weil sich in unserer Zeit das menschliche Leben in dieser Beziehung bedeutend geändert hat. In denselben Teil des allgemeinen Welten-Astralleibes, der den physischen Leib und den Ätherleib während des Schlafes durchdringt, taucht während der sieben Tage der menschliche Astralleib wirklich unter. Dadurch ändern sich die inneren Gefühle und Empfindungen. Heute erregt das kaum die Auf­merksamkeit, früher konnte das gar nicht außer acht gelassen werden.

Aber nicht nur das Ich und der Astralleib, sondern auch der Ätherleib macht ganz bestimmte rhythmische Veränderungen durch. Diese spielen sich so ab, daß in vier mal sieben Tagen sozusagen sich der menschliche Ätherleib, symbolisch gesprochen, um seine eigene Achse dreht, und er kehrt nach vier mal sieben Tagen zu denselben Vorgängen zurück, bei denen er am ersten Tage war. Ein ganz bestimmter Rhythmus spielt sich hier in den vier mal sieben Tagen ab. Hier kommen wir aber schon in ein Gebiet, von dem man ausführlicher sprechen müßte, wenn alles verstanden werden sollte. Sie erinnern sich, daß ich gesagt habe, der Ätherleib des Mannes ist weiblich, der des Weibes männlich. Der Rhythmus ist schon nicht gleich für männlichen und weiblichen Ätherleib, aber wir wollen uns heute nicht näher darauf einlassen. Es sei nur hervorgehoben, daß sich ein solcher Rhythmus abspielt, und zwar, sagen wir, wegen der Verschiedenheit bei Mann und Weib in annähernd vier mal sieben Tagen.

153
Damit sind wir aber noch nicht zu Ende. Auch im physischen Leib wiederholen sich rhythmisch ganz bestimmte Vorgänge, so unwahr­scheinlich das auch dem heutigen Menschen erscheint. Sie sind heute fast ganz verwischt, weil der Mensch unabhängig werden sollte von gewissen Vorgängen, aber für den okkulten Beobachter sind sie doch bemerkbar. Wenn der physische Leib ganz sich selbst überlassen wäre, so würde dieser Rhythmus in zehn mal sieben mal vier Tagen beim Weibe und in zwölf mal sieben mal vier Tagen beim Manne sich abspielen. So würde er sich abspielen, wenn der Mensch heute noch ganz allein den ihm eigenen Gesetzen seiner Rhythmen überlassen wäre. Einmal war es in der Tat so, aber der Mensch ist freier geworden von den ihn umgebenden kosmischen Einflüssen.

So also haben wir ein rhythmisches Ablaufen der Vorgänge in den vier Gliedern der menschlichen Wesenheit. Sie können sich, wenn Sie wollen, jeden der vier Rhythmen vorstellen wie einen Kreislauf. Es fällt heute freilich dasjenige, was der Mensch zum Beispiel als Rhythmus in seinem physischen Leib ausführen würde, wenn er ganz sich selbst überlassen wäre, nur annähernd zusammen mit den äußeren physischen, rein räumlichen Vorgängen, die diesem Rhythmus entsprechen, weil durch die Zusammenschiebung der menschlichen Verhältnisse zugunsten der menschlichen Freiheit sich diese Beziehungen zum Kosmos verändert haben.

Sie haben schon aus der Zahl zehn mal sieben mal vier oder zwölf mal sieben mal vier sehen können, daß es sich hier bei dem Rhythmus des physischen Leibes um den ungefähren Jahreslauf handelt. Sie können sich äußerlich symbolisch diese Veränderungen im äußeren physischen Leib vorstellen, wenn Sie daran denken, daß der Mensch sich im Laufe eines Jahres gewissermaßen umdreht; er ist einmal auf dieser Seite der Sonne, einmal auf der anderen. Wenn wir uns nun denken, daß er immer der Sonne das Gesicht zukehrt, so muß er sich im Laufe eines Jahres einmal um sich und einmal um die Sonne drehen. Das wird einer, der nur äußerlich die Sache betrachtet, als etwas ganz Gleichgültiges ansehen, aber das ist eben sehr wichtig.

Das, was sich hier als Rhythmus in den vier Leibern abspielt, ist dem Menschen eingepflanzt worden in langen, langen Zeiten, und daß

154
die verschiedenen Leiber aufeinander einwirken können, ist angeordnet von den Hierarchien, von Wesenheiten, die wir schon öfter er­wähnt haben. Wir wissen, daß wir in höhere Wesen eingebettet sind. Das Wirken dieser geistigen Wesenheiten, die den physischen und geistigen Raum mit ihren Taten durchsetzen, ist es, was diese bestimmten Beziehungen hervorgebracht hat. Aber wenn Sie das, was jetzt gesagt worden ist, betrachten, dann kommen Sie von einer anderen Seite auf einen Gedanken, der im vorigen Winter hier öfter berührt worden ist.

Nun mußten diejenigen Geister, die unseren ganzen Kosmos anordneten - denn alles Physische ist ein Ausdruck dieser Wesenheiten -, die äußere physische Bewegung entsprechend den inneren Verhältnissen der Wesenheiten gestalten. Daß die Sonne heute von der Erde umkreist wird in einem Jahre, das kommt her von dem Rhythmus, der dem physischen Leib eingepflanzt wurde, lange ehe die physische Konstellation vorhanden war. Aus dem Geistigen heraus ist also in diesen Himmelssphären das Räumliche angeordnet wor­den.

Der Mond wird herumgeführt um die Erde, weil sein Kreislauf entsprechen sollte dem Kreislauf des menschlichen Ätherleibes, in vier mal sieben Tagen, weil dieser Rhythmus seinen Ausdruck finden sollte in der Mondbewegung.
Der verschiedenen Beleuchtung des Mondes durch die Sonne, den vier Mondesvierteln, entsprechen die verschiedenen Rhythmen des astralischen Leibes, und
dem Tageslauf der Umdrehung der Erde entspricht der Rhythmus des Ichs.
Gerade an dem Rhythmus des Ichs kann man etwas klarmachen, was zwar in aller Geheimwissenschaft immer gelehrt worden ist, was aber heute den Menschen als phantastische Träumerei erscheinen wird, was aber

155
doch wahr ist.

Die Erde hat sich in uralten Zeiten nicht um ihre Achse gedreht; diese Achsendrehung ist erst im Laufe der Zeiten ent­standen. Als der Mensch auf Erden noch in einem anderen Zustande war, bestand diese Bewegung noch nicht. Das, was zuerst zur Um­drehung angeregt worden ist, das war nicht die Erde, sondern das war der Mensch. Das menschliche Ich war von den Geistern, denen es untertan ist, angeregt worden, sich zu drehen, und das menschliche Ich nahm dann tatsächlich diese Erde mit und drehte sie um sich herum. Die Bodenumdrehung ist die Folge des Ich-Rhythmus. So erstaunlich das klingt, wahr ist es doch. Erst mußten die geistigen Glieder des Menschen, die sich zum Ich heranbildeten, den Antrieb bekommen, sich zu drehen, und dann nahmen sie die Erde mit. Das wurde ja später anders. Der Mensch wurde frei auf der Erde; die Verhältnisse änderten sich, so daß der Mensch von den umliegenden kosmischen Mächten frei wurde. Aber so war es ursprünglich. So sehen Sie, wie alles Physische um uns herum eigentlich ein Ausfluß des Geistigen ist. Das Geistige ist überall das erste. Aus ihm fließen auch alle Lageverhältnisse in der Welt.

Und nun denken Sie sich einmal den astralischen Leib, der im Verlaufe von sieben Tagen sozusagen einen Kreislauf vollendet. Denken Sie, wie mit gewissen Unregelmäßigkeiten des Astralleibes Krankheiten zusammenhängen, und zwar dadurch, daß diese Unregelmäßigkeiten sich durch den Ätherleib bis zum physischen Leib fortsetzen. Nun nehmen wir an, der astralische Leib habe einen gewissen Schaden in sich selber. Durch diesen Schaden wirkt er auf den Ätherleib, und so setzt sich der Schaden bis zum physischen Leibe fort. Dieser wird auch schadhaft. Dann fängt der Organismus an, gegen den Schaden zu revoltieren, Schutzkräfte in Anwendung zu bringen. Diese Revolte ist gewöhnlich das Fieber; das ist der Aufruf der Heilungskräfte im Menschen. Das Fieber ist nicht Krankheit, sondern der Mensch ruft aus seinem ganzen Organismus die Summe seiner Kräfte zusammen, um diesen Schaden wieder gutzumachen. Diese Revolte des ganzen Organismus gegen den Schaden drückt sich in der Regel im Fieber aus. Das Fieber ist das Wohltätigste, das Heilendste bei der Krankheit. Der einzelne schadhaft gewordene Teil kann sich nicht heilen, er

156
muß von anderen Seiten her die Kräfte zugeführt bekommen, und das hat seinen Ausdruck im Fieber.

Nun denken Sie einmal, dieses Fieber tritt bei Lungenentzündung auf. Die Lunge ist schadhaft geworden durch irgendeine Ursache. Gerade wenn die menschliche Lunge irgendeinen Schaden zugeführt bekommen hat, dann war es zuerst der Astralleib, der den Schaden erlitten hatte, und dann erst ist er durch den Ätherleib hindurch auf den physischen Leib übergegangen. Bei der Lungenentzündung liegt immer der Urgrund im astralischen Leib; anders kann Lungenentzündung nicht auftreten.

Nun denken Sie an den Rhythmus des Astralleibes. An dem Tage, an dem die Lungenentzündung auftritt, wirkt der Astralleib auf den physischen Leib. Jetzt fängt durch das Fieber der Körper an zu revoltieren. Nach sieben Tagen sind Astralleib und Ätherleib wieder in derselben gegenseitigen Stellung; Stücke derselben treffen sich wieder.

Aber er trifft nicht auf dasselbe Stück im Ätherleibe auf, denn auch der Ätherleib hat inzwischen seinen Rhythmus durchgemacht. Er trifft jetzt auf ein nächstes Stück. Das wird jetzt ebenfalls vom astralischen Leib affiziert, beeinflußt, und zwar wird dieser andere Teil des Ätherleibes in entgegengesetzter Weise beeinflußt. Jetzt wird das Fieber unterdrückt. Dadurch, daß mit dem nächsten Viertel des Ätherleibes jetzt dasjenige Glied des astralischen Leibes zusammenfällt, das vor sieben Tagen mit dem vorhergehenden Viertel des Ätherleibes zusammengefallen ist, dadurch wird der entgegengesetzte Vorgang hervorgerufen wie vor sieben Tagen, nämlich die Reaktion gegen das Fieber. Der entgegengesetzte Rhythmus des Körpers unterdrückt das Fieber wieder. Denn der menschliche Körper ist da, um gesund zu sein, und das ist der Zweck des Rhythmus. Es steigen gewisse Wirkungen in den ersten sieben Tagen hinan, in den nächsten sieben Tagen müssen sie fallen. Das ist für den gesunden Menschen so der Fall, daß dieses Auf- und Absteigen abwechselt. Wenn aber nun der Mensch krank ist, dann ist es so, daß Lebensgefahr vorhanden ist, wenn das Fieber unterdrückt wird. Während beim gesunden Menschen ein aufsteigender Prozeß am siebenten Tag umkehrt, sollte beim kranken Menschen der aufsteigende Prozeß bleiben. Aber der vehemente Aufstieg veranlaßt einen vehementen

157
Abfall. Das ist der Grund der Krisis am siebenten Tage bei der Lungenentzündung.

Das kann man einsehen, wenn man bedenkt, daß die Lunge sich herausgebildet hat in einer Zeit, als der Mond sich schon abgespalten hatte und sich vorbereitete, seinen Rhythmus auszubilden, und als auch der Rhythmus der Tage schon anfing, sich auszubilden. Deshalb hängt mit dem Astralleib und dem Rhythmus des Ätherleibes heute noch die Lunge zusammen.

Sie sehen, wie gerade das menschliche Leben in seinen abnormen Verhältnissen aus der Geisteswissenschaft heraus beurteilt werden kann, wie der Mensch seiner ganzen Natur nach nur erkannt werden kann, wenn diese Zusammenhänge durchschaut werden. Deshalb wird Fruchtbarkeit in den Wissenschaften erst dann wieder möglich sein, wenn der Mensch durchsetzt sein wird von den großen Erkenntnissen der Geisteswissenschaft.

Früher, etwa bis in die Mitte unserer Erdentwickelung hinein, stimmte der Mensch in allen seinen Rhythmen viel mehr überein mit den äußeren Naturrhythmen. Seit jener Zeit, also seit der Mitte der atlantischen Zeit aber haben sich die Dinge übereinandergeschoben. Das Innere des Menschen hat sich unabhängig gemacht von dem äußeren Rhythmus. Innen hat er seinen alten Rhythmus beibehalten. Gerade durch das Nicht-Zusammenstimmen der Rhythmen hat sich der Mensch Unabhängigkeit und Freiheit erworben, sonst wäre die freiheitliche Entwickelung in der Geschichte der Menschheit nicht möglich geworden. Der Rhythmus des Menschen ist gegen den der Sonne, beziehungsweise der der Erde gegen den der Sonne, vorangeeilt. Ähnlich ist es mit den anderen Rhythmen, zum Beispiel mit dem des Astralleibes. Früher erlebte der Mensch in den sieben Tagen ganz verschiedene Stimmungsnuancen. Eine Zeitlang machte alles Äußere einen großen Eindruck auf ihn, eine andere Zeit lebte er mehr in seinem Innern. Weil die Rhythmen heute nicht mehr zusammenstimmen, deshalb bleiben die Zustände des inneren Erlebens auch in der Zeit, wo der Mensch an der Außenwelt mehr Freude hat, und umgekehrt. Sie mischen sich ineinander und gleichen sich aus, und der astralische Leib wird dadurch sozusagen gleichtemperiert. Bei den Menschen, die mehr in ihrem astralischen

158
Leibe leben, kann man bei feiner Beobachtung solches Schwanken in den Stimmungen noch wahrnehmen. Bei Seelen- oder Geisteskranken kann man die Verschiedenheiten in den Zuständen des astralischen Leibes nachweisen.

Für das Ich ist der Rhythmus am spätesten entstanden, aber auch da schieben sich die Dinge schon durcheinander. Der Mensch kann ja auch bei Tage schlafen und in der Nacht wachen. Aber früher stimmte dieser Rhythmus immer mit dem äußeren überein. In der Atlantis hätte sich etwas sehr Schlimmes ergeben, wenn der Mensch hätte tagsüber schlafen und nachts wachen wollen. Da hätte er sein ganzes Leben in Unordnung gebracht. Der Rhythmus ist heute in gewisser Weise geblieben, nur ist er unabhängig von dem Äußeren geworden. Es ist das gerade so, wie wenn Sie eine richtiggehende Uhr genau nach der Stunde der Sonne, nach der Sonnenzeit richten. Sie können dann ganz genau die Stunden der Sonne ablesen. Jetzt könnten Sie aber einmal die Uhr um sieben Uhr nachmittags auf zwölf stellen. Dann wird der Rhythmus der Uhr noch richtig beibehalten, er ist nur verschoben gegen denjenigen der Sonne. So ist es auch beim Menschen. Der alte Rhythmus, in dem der Mensch früher mit dem ganzen Kosmos gestanden, ist beibehalten geblieben. Er hat sich nur verschoben. Wenn die Uhr ein lebendes Wesen wäre, so hätte sie recht, ihren Rhythmus herauszuschieben aus den umgebenden Rhythmen.

Der Mensch soll in einer urfernen Zukunft dazu kommen, aus seiner inneren Entwickelung heraus seinen Rhythmus wieder in die Welt hinauslaufen zu lassen. Wie es einst Wesen gegeben hat, die aus ihren Rhythmen heraus Sonne, Mond und Erde sich haben bewegen lassen, so wird auch der Mensch einmal seinen Rhythmus in die Welt hinausversetzen, wenn er die göttliche Stufe erreicht hat. Das ist der Sinn des Unabhängigwerdens im Rhythmus. Hieraus können wir die tieferen Grundlagen der Astrologie ahnen. Aber das soll uns heute nicht beschäftigen. Wir wollten heute nur zeigen, wie die Geisteswissenschaft nicht eine Summe von abstrakten Ideen ist für den egoistischen Menschen, der sich dafür interessiert, sondern daß sie bis in die aller-alltäglichsten Verhältnisse des Lebens hineinleuchten wird. Aber dann muß man den Willen haben, von den äußeren Erscheinungen

159
zu den Urgründen zu gehen, die dahinter stehen.

Der Rhythmus ist der Materie eingepflanzt durch den Geist; der Mensch trägt heute den Rhythmus als Erbschaft seiner geistigen Abstammung in sich. Allerdings kann man diesen Rhythmus für das Menschenwesen und auch für die anderen Naturwesen nur einsehen, wenn man auf die ursprünglichen Verhältnisse zurückgeht. Schon bei den Tieren stehen die einzelnen Leiber - physischer Leib, Ätherleib, Astralleib und Gruppen-Ich - in ganz anderen Verhältnissen zueinander. Für jede Tierart gibt es einen anderen Rhythmus. Für den physischen Leib ist es einigermaßen derselbe, aber ganz andere Rhythmen laufen ab für Äther- und Astralleib der verschiedenen Tiere. Man kann die Tierwelt einteilen, wie man sie heute äußerlich nach den äußeren Gestalten einteilt, in Gattungen nach den Rhythmen, je nachdem der Rhythmus der Astralleiber zu dem der Ätherleiber abläuft.

Glauben Sie nicht, daß diese Rhythmen nie klar erkannt worden sind. Wir werden noch zeigen können, daß es gar nicht so lange her ist, daß man wenigstens ein dunkles Bewußtsein von diesen Rhythmen hatte. Wer mit einem entsprechenden Bewußtsein durch die Welt geht, kann finden, daß in manchen Kalendern, die auf dem Lande gebraucht werden, in bezug auf bestimmte Verhältnisse zwischen Tier und Land gewisse Regeln angegeben werden. Durch die Beobachtung dieser Regeln in solchen Bauernkalendern ordnete früher der Landmann seine ganze Landwirtschaft. In das bäuerliche Wissen war das Bewußtsein solcher Rhythmen hineingeheimnißt.

Das sind Dinge, die uns zeigen können, daß seit dem 15., 16. Jahrhundert ein Zeitalter der Abstraktion, der äußeren Wissenschaft eingetreten ist, einer Wissenschaft, die gar nicht mehr imstande ist, auf die Gründe einzugehen. Das ist besonders in der Medizin der Fall. Hier haben wir heute nur noch ein Tasten, und der solide Grundstock der Pathologie und Therapie geht auf uralte Zeiten zurück. Ich habe das Martyrium des Intellektes und der Empfindungen durchgemacht, als das Phenazetin ausprobiert wurde. Diese Art des Ausprobierens, ohne auch nur einen Leitfaden zu haben, zeigt, daß der Wissenschaft mit dem Geist auch der Ernst verlorengegangen ist. Dieser Ernst wird wieder erworben werden durch geistige Erkenntnis. Man muß durchaus unterscheiden,

160
wo die Zerrbilder einer Wissenschaft liegen und wo wirklich auf den Geist gegründete Erkenntnis ist. Wenn man sich das in die Seele schreibt, wird man sehen, wie notwendig geisteswissenschaftliche Erkenntnis ist, wie sie eindringen muß in alle Gebiete des Wissens und des Lebens.