Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 107 Geisteswissenschaftliche Menschenkunde

12. Vortrag Berlin, 1. Januar 1909

Mephistoteles = Ahriman. Sein Verhältnis zu Luzifer.
Entstehung der Ursachen zu Naturkatastrophen im Zeitenlauf.

Heute wollen wir einmal einiges besprechen aus einem tief okkulten Gebiete heraus, und zwar soll für heute unser Thema lauten, so sonderbar das zunächst klingen mag: «Mephistopheles und die Erdbeben der Erde». Wir werden sehen, daß wir nicht bloß mit dem Mephistopheles-Problem in ein tief okkultes Gebiet hineinleuchten, sondern auch gerade mit der Erdbebenfrage, wenn sie vom geistigen Standpunkte aus erörtert werden soll. Es ist ja von mir an den verschiedensten Orten und auch hier bereits über das Innere der Erde gesprochen und damit auch die Erdbebenfrage berührt worden. Wir wollen heute von einer anderen Seite noch die Sache betrachten, und es wird sich dann ja auch ein Zusammenschluß finden zwischen dem, was wir heute zu sagen haben, worinnen namentlich der Vortrag zuletzt gipfeln soll, und dem, was schon in den früheren Vorträgen über das Innere der Erde im Hinblick auf diese außerordentlich tragischen Ereignisse unserer Erdoberfläche gesagt worden ist.

Die Gestalt des Mephistopheles, von der wir heute ausgehen wollen, kennen Sie alle ja aus der Goetheschen Faust-Dichtung. Sie wissen, daß die Mephistopheles-Gestalt eine Wesenheit ist. Wir wollen uns heute nicht weiter darauf einlassen, inwiefern die dichterische Umkleidung den okkulten Tatsachen entspricht. Sie wissen, daß uns diese Gestalt in der Goetheschen Faust-Dichtung entgegentritt als der Verführer und der Versucher des Faust, der ja in gewisser Beziehung als der Typus des nach den Höhen des Lebens strebenden Menschen aufgefaßt werden darf, und es ist von mir auch in Goethe-Vorträgen darauf hingewiesen worden, welche geistige Perspektive die Szene von dem «Gang zu den Müttern» eröffnet, wo Mephistopheles den Schlüssel in der Hand hält zur Eröffnung eines Gebietes in dunkle Untergründe hinein, in denen die «Mütter» sitzen. Mephistopheles selbst kann dieses Gebiet nicht betreten. Er weist nur darauf hin, daß es sich um ein Gebiet handelt, wo unten gleich oben ist: «Versinke denn! Ich könnt auch sagen: steige !» Beides würde dasselbe bedeuten für

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dieses geheimnisvolle Gebiet. Wir wissen auch, daß Mephistopheles dieses Gebiet als ein solches bezeichnet, wofür er das Wort Nichts anwendet. Er vertritt also in einer gewissen Weise den Geist, der in dem Nichts ein für ihn Wertloses in diesem Gebiete erblickt. Faust antwortet darauf, wie etwa heute noch der geistig Strebende dem materialistisch Denkenden antworten könnte: «In deinem Nichts hoff' ich das All zu finden!»

Die Goethe-Forschung - es gibt ja eine solche - hat die mannigfaltigsten Anstrengungen gemacht, um diese Gestalt zu enträtseln. Auch in anderen Vorträgen habe ich schon aufmerksam darauf gemacht, daß im Grunde genommen die Auflösung des Namens «Me­phistopheles» einfach im Hebräischen zu suchen ist, wo mephiz der Hinderer, der Verderber heißt und tophel der Lügner, so daß wir den Namen aufzufassen haben als geltend für ein Wesen, das sich zusammensetzt aus einem Bringer des Verderbens, der Hindernisse für den Menschen, und auf der anderen Seite aus einem Geist der Unwahrheit, der Täuschung, der Illusion.

Wer die Einleitung des Goetheschen «Faust», den Prolog im Himmel einmal denkend verfolgt, dem wird auffallen können, wie da hin­einklingt ein Wort, welches sozusagen über Jahrtausende hin reicht. Goethe hat hineinklingen lassen in den Anfang seines «Faust» die Worte zwischen dem Gotte und dem Hiob aus dem Buche «Hiob». Sie brauchen nur das Buch «Hiob» zu lesen, wie Hiob als ein gerechter, guter und frommer Mann lebt, wie da die Söhne des Gottes des Lichtes sich vor Gott einfinden und sich unter ihnen auch einfindet ein gewisser Feind des Lichtes, und wie sich ein Gespräch entspinnt zwischen dem Feind des Lichtes und dem höchsten Gotte, das dahin geht, daß dieser Feind des Lichtes sagt, er habe durch die Lande geschweift und habe Verschiedenes gesucht, Verschiedenes versucht. Da fragt ihn Gott: Kennst du meinen Knecht, den Hiob? Und da sagt der Feind des Lichtes - so wollen wir ihn vorläufig nennen - zu dem Gotte: er kenne ihn, und er wäre wohl imstande, ihn von dem Pfad des Guten abzubringen, ihn zu verderben. Und Sie wissen ja, wie zweimal dieser Geist versuchen muß, an Hiob heranzukommen, wie er ihm dann dadurch beikommt, daß er seinen äußeren

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physischen Körper verdirbt. Er bezeichnet das ausdrücklich dadurch, daß er dem Gott gegenüber sagt: Da wird er nicht abfallen, wenn man an seinen Besitz greift, aber wenn man an sein Fleisch greift und an sein Bein, da wird er abfallen! Wer möchte da nicht hineinklingen hören in den Worten des «Faust», wo Gott im Prolog im Himmel dem Mephistopheles die Worte entgegenruft: «Kennst du den Faust?... . Meinen Knecht!» - Und dann hört man förmlich wiederholen die Widerrede des Geistes, der damals, entsprechend dem Buche Hiob, dem Gotte entgegengetreten ist, wenn dieser Mephistopheles sagt: er könne den Faust seine «Straße sacht führen», er könne ihn abbringen von den Wegen, die in die Welt hineinführen, die man die gute nennt. Also wir hören hier förmlich in einer Harmonie zusammenschlagen die Töne von Jahrtausenden.

Vielleicht haben Sie schon öfters, wenn die Gestalt des Mephistopheles an Sie herangetreten ist, die Frage aufgeworfen: Wer ist denn eigentlich dieser Mephistopheles? Und hier werden schwere Fehler gemacht, die allerdings nur ausgebessert werden können durch eine tiefere okkulte Einsicht. Daß Mephistopheles mit dem Teufel oder mit der Vorstellung des Teufels zusammengebracht werden darf, darauf zielt ja schon der Name; denn das Wort «tophel» ist dasselbe wie «der Teufel». Aber die andere Frage ist diese, und hier kommen wir in ein Gebiet schwerer Irrtümer hinein, die in der Auslegung der Gestalt des Mephistopheles oftmals gemacht werden: Ob Mephistopheles zusammengeworfen werden darf mit dem Geist, den wir als den Luzifer bezeichnen, von dem wir in der Entwickelungsgeschichte der Menschheit oft gesprochen haben, der in der lemurischen Zeit und nachher mit seinen Scharen an die Menschheit herantrat und in gewisser Weise in die menschliche Entwickelung eingriff?

Man ist in Europa leicht geneigt, die Gestalt des Mephistopheles, wie sie im Goetheschen «Faust» gilt, wie sie aber in all den verschiedenen Produkten der Volksliteratur gegolten hat, in denen sie schon spielt und die dem Goetheschen «Faust» vorangegangen sind, in den Volksschauspielen, in den Puppenspielen und so weiter, mit dem Luzifer zusammenzuwerfen. Wir treffen da überall die Gestalt des Mephistopheles an und die Frage ist diese: Sind die Gestalt und die Genossen

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des Mephlstopheles dieselben wie jene Gestalt mit ihren Genossen, die wir als Luzifer kennen? Mit anderen Worten: Ist das, was an den Menschen herantritt durch mephistophelischen Einfluß dasselbe wie das, was an den Menschen herantrat durch luziferischen Einfluß? Die Frage müssen wir uns heute vorlegen.

Wir wissen ja, wann Luzifer an den Menschen herantrat. Wir haben die Entwickelung des Menschen verfolgt auf der Erde durch die Zeit hindurch, in welcher die Sonne mit ihren Wesenheiten sich losgetrennt hat von der Erde und in welcher dann der Mond sich losgetrennt hat von der Erde mit denjenigen Kräften, die es dem Menschen unmöglich gemacht hätten, weiterzukommen. Und wir haben gesehen, daß in einer Zeit, in der der Mensch noch nicht reif war, an seinen astralischen Leib die Selbständigkeit herantreten zu lassen, Luzifer mit seinen Scharen an den Menschen herangetreten ist und dadurch ein Zweifaches an den Menschen herankam. Es war gegen das Ende der lemurischen Zeit, da der Mensch tatsächlich in seinem astralischen Leibe den Einflüssen, die von Luzifer herkamen, ausgesetzt war. Wenn Luzifer nicht an den Menschen herangetreten wäre, so wäre der Mensch bewahrt gebheben vor gewissen Schäden, aber er wäre auch nicht zu dem gekommen, was wir zu den höchsten Gütern der Menschheit zählen müssen.

Wir können uns nun klarmachen, was der Einfluß des Luzifer für eine Bedeutung hat, wenn wir uns fragen, was geschehen wäre, wenn es seit der lemurischen Zeit keinen luziferischen Einfluß gegeben hätte, wenn der Mensch sich so entwickelt hätte, daß Luzifer und die Wesen, die zu ihm gehören, von dem Menschen ferngeblieben wären. Dann hätte sich der Mensch so entwickelt, daß er bis in die Mitte der atlantischen Zeit hinein ein Wesen geblieben wäre, das in allen Impulsen des astralischen Leibes, in allen Motiven des astralischen Leibes gefolgt wäre den Einflüssen gewisser über den Menschen stehender geistiger Wesenheiten, welche durch ihren Einfluß den Menschen geführt hätten bis in die Mitte der atlantischen Zeit hinein. Da würde der Mensch viel, viel später erst sein Wahrnehmungsvermögen, sein Erkenntnisvermögen auf die sinnliche Welt gerichtet haben, so daß den Menschen in der lemurischen Zeit und ersten atlantischen Zeit

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aus den Sinneswahrnehmungen heraus keine Leidenschaften, keine Begierden erwachsen wären und der Mensch sozusagen unschuldig der Sinneswelt gegenübergestanden hätte und in alledem, was er getan hätte, gefolgt wäre den ihm eingepflanzten Impulsen höherer geistiger Wesenheiten. Es wäre nicht ein Instinkt gewesen, wie der Instinkt der heutigen höheren Tiere, unter dem der Mensch alles unternommen hätte, sondern ein vergeistigter Instinkt. Zu jeder Tat, die er auf der Erde getan hätte, hätten ihn nicht gereizt die bloßen sinnlichen Impulse, sondern etwas geistig Instinktives. So aber ist der Mensch unter dem Einflusse Luzifers früher dazu gekommen, daß er sagte: Dies macht mir Freude, dies zieht mich an, dies stößt mich ab! - Er ist dazu gekommen, früher als sonst seinen eigenen Impulsen zu fol­gen, ein selbständiges Wesen zu werden, eine gewisse Freiheit in sich zu entwickeln.

Eine gewisse Loslösung von der geistigen Welt trat dadurch für den Menschen ein. Man könnte sagen, wenn man sich klar ausdrücken wollte: Ohne diesen Einfluß Luzifers wäre der Mensch ein vergeistigtes Tier geblieben, ein Tier, das sich an Gestalt allmählich entwickelt hätte, sogar in edlerer und schönerer Form, als der Mensch unter dem Einflusse Luzifers sich entwickelt hat. Der Mensch wäre viel engelhafter geblieben, wenn dieser Einfluß Luzifers in der lemurischen Zeit nicht eingetreten wäre. Aber auf der anderen Seite wäre er von den höheren Wesenheiten wie an einem Gängelbande geleitet worden.

In der Mitte der atlantischen Zeit wäre wie mit einem Schlage etwas an den Menschen herangetreten: seine Augen wären voll geöffnet worden, und er hätte um sich gehabt den Teppich der gesamten physisch-sinnlichen Welt; aber er hätte ihn so um sich gesehen, daß er hinter jedem physischen Dinge sogleich ein Göttlich-Geistiges wahrgenommen haben würde, eine Welt göttlich-geistiger Untergründe. Während also der Mensch bis dahin, wenn er rückwärts geschaut hätte in seiner Abhängigkeit in den göttlichen Schoß, aus dem er hervorgegangen war, erblickt hätte die auf ihn einwirkenden, die in seine Seele hineinscheinenden Licht-Gottheiten, die ihn lenken und führen, so würde dann eingetreten sein für den Menschen - es ist das nicht etwa bloß ein Bild, sondern es entspricht das im höheren Grade der Wirklichkeit - das, daß vor ihm ausgebreitet worden wäre

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die volle deutlich erkennbare Sinneswelt. Aber diese Sinneswelt hätte sich dargestellt wie ein Durchsichtiges, hinter dem erschienen wären die anderen göttlich-geistigen Wesenheiten, die an die Stelle dessen getreten wären, was der Mensch hinter sich verloren hätte. Eine geistige Welt hätte sich hinter ihm zugeschlossen, eine neue geistige Welt hätte sich vor ihm eröffnet. Der Mensch wäre ein Kind in der Hand höherer, geistig-göttlicher Wesenheiten geblieben. Die Selbständigkeit hätte sich nicht in die menschliche Seele hineingesenkt.

So ist es eben nicht gekommen, sondern es hat sich erst Luzifer herangemacht an den Menschen, und Luzifer hat sozusagen einen Teil der hinter dem Menschen stehenden geistigen Welt für diesen Menschen unsichtbar gemacht. Denn indem im menschlichen Astralleibe die eigenen Leidenschaften, Instinkte und Begierden auftraten, verfinsterten diese die hinter dem Menschen stehenden, sonst immer sichtbar gebliebenen geistigen Wesenheiten derjenigen Welt, aus der der Mensch herausgeboren ist.

Daher war es auch so, daß in jenen großen Orakelstätten, von denen ich das letzte Mal gesprochen habe, die uralten atlantischen Eingeweihten gerade darauf sich vorbereitet hatten, denjenigen Teil der geistigen Welt zu sehen, der durch den Einfluß Luzifers verdeckt worden war. Alle Vorbereitungen der Hüter und Schüler der uralten Orakel der atlantischen Mysterien zielten darauf hin, hineinzusehen in diese lichte geistige Welt, die durch den luziferischen Einfluß auf den menschlichen astralischen Leib sich dem Menschen entzogen hatte. Und da kamen sie auch zum Vorschein, jene Gestalten, die der Mensch beobachtet in den verschiedenen Seelenzuständen, die der Einweihung parallel laufen, die aus einer Lichtwelt in die unsere hineinspielen und die sich dann kleiden in das Kleid, das ihnen die astralische Welt geben kann. Da sah der atlantische Eingeweihte in den alten Orakeln im Geiste jene Gestalten, die ihm mit Recht höhere geistige Wesenheiten waren, die nicht heruntergestiegen waren bis zur physischen Welt und die daher, als der Mensch verfrüht die physische Welt betreten hat, unsichtbar geblieben sind für den gewöhnlichen Blick. Aber es konnte nicht anders sein, als daß auch Luzifer selber, da er sozusagen ein Gegner dieser Lichtwelten war, auch für die Eingeweihten sichtbar wurde.

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Die Scharen des Luzifer waren überhaupt sichtbar für die atlantischen Menschen, die in ihrem dämmerhaften Hellseherbewußtsein - in Schlafzuständen und in den Zwischenzuständen zwischen Schlaf und Wachen - sich hineinleben konnten in die höhere geistige Welt. Wenn ein Teil der Lichtwelt für diese Menschen zugänglich wurde, so wurde auch ein Teil der gegen die Lichtwelt gerichteten Welt sichtbar; nicht Luzifer selbst, aber die Genossen Luzifers wurden sichtbar. Und so entzückend und großartig die hehren Gestalten der Lichtwelt erschienen in ihren astralischen Farben, so furchtbar und entsetzlich erschienen die Gestalten, die der entgegengesetzten, der verführerischen Welt angehörten.

So können wir sagen: es gab innerhalb der Menschheitsentwickelung diesen Einfluß Luzifers, dem der Mensch die Möglichkeit des Irrtums, des Bösen verdankt, dem er aber auch seine Freiheit verdankt. Wäre dieser luziferische Einfluß nicht gekommen, so wäre das, was ich eben vor Ihnen besprochen habe, in der Mitte der atlantischen Zeit eingetreten: der Teppich der Sinneswelt hätte sich aus­gebreitet vor dem Menschen, die Mineralien, die Pflanzenwelt, die Welt der Tiere wären sinnlich sichtbar geworden; die Welt der Natur­erscheinungen, Blitz und Donner, Wolken und Luft, die Himmels-erscheinungen wären dem äußeren Auge vollständig sichtbar gewor­den. Aber dahinter wären unverkennbar gestanden die göttlich-geistigen Wesenheiten, die auf den Menschen eindringen sollten. Weil vorher der Einfluß Luzifers gewirkt hatte, weil vorher der Mensch in seinem astralischen Leibe diesen Einfluß aufgenommen hatte, deshalb hatte er seit der lemurischen Zeit bis in die atlantische Zeit hinein seinen physischen Leib, der dazumal noch verwandiungsfähig war, so zubereitet, daß dieser physische Leib jetzt das Instrument werden konnte unmittelbar für den Teppich der sinnlich-physischen Welt, der sich hätte so ausbreiten sollen, daß hinter ihm die geistige Welt sichtbar geworden wäre. Und so konnte denn der Mensch die physisch-sinnliche Welt nicht sogleich in der Gestalt sehen, in der sie sich ihm zugleich als eine geistige gezeigt hätte. Da trat an den Menschen heran die Welt der drei Naturreiche, die unter dem Menschen standen. Sie trat heran, die physische Welt, als eine solche, die wie ein Schleier,

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wie eine dicke Decke unter Umständen sich hinüberlegte über die geistige Welt. So konnte der Mensch nicht durchschauen bis in die geistige Welt; er kann es ja bis heute im Grunde genommen noch nicht.

Dadurch aber, daß der Mensch diese Entwickelung durchgemacht hatte, konnte in der Mitte der atlantischen Zeit ein anderer Einfluß sich geltend machen, ein Einfluß von einer ganz anderen Seite. Und diesen Einfluß, der sich nunmehr geltend machte, dürfen wir nicht verwechseln mit dem Einfluß Luzifers und seiner Genossen. Wenn auch Luzifer den Menschen erst fähig gemacht hat, diesem anderen Einflusse zu unterliegen, wenn auch Luzifer erst den Menschen dazu gebracht hat, daß sein physischer Leib dichter geworden ist, als er sonst geworden wäre, so mußte doch noch ein anderer Einfluß an den Menschen herantreten, um den Menschen der physisch-sinnlichen Welt ganz zuzuführen, um die Welt der geistigen Wesenheiten vor dem Menschen ganz zuzusperren, ganz zuzuschließen, so daß der Mensch zu der Illusion geführt wurde: Es gibt keine andere Welt als die Welt des physisch-sinnlichen Daseins, die sich vor mir ausbreitet!

Es trat ein ganz anderer Gegner seit der Mitte der atlantischen Zeit an den Menschen heran, als Luzifer es ist, derjenige Gegner, der sozusagen des Menschen Wahrnehmungsvermögen und Erkenntnisvermögen so umnebelt und umdunkelt, daß der Mensch nicht die Anstrengung macht, nicht die Triebe entwickelt, hinter die Geheimnisse der Sinneswelt zu kommen. Wenn Sie sich vorstellen, daß unter Luzifers Einfluß die Sinneswelt wie ein Schleier geworden wäre, so daß man dann durchaus die geistige Welt dahinter gehabt hätte, so ist durch den Einfluß dieses zweiten Wesens die physische Welt völlig zu einer dicken Rinde geworden, welche sich zuschließt vor der geistigen Welt, so daß wiederum nur die atlantischen Eingeweihten durch ihre Vorbereitungen dazu kommen konnten, diese Decke des Physisch-Sinnlichen zu durchdringen.

Diejenigen Mächte, die sich da an den Menschen heranmachten, um ihm den Ausblick in die andere Seite des göttlichen Daseins zu verfinstern, treten uns zuerst entgegen in den großen Lehren, welche der bedeutungsvolle Führer des uralt persischen Volkes seinen Anhängern

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und Bekennern gegeben hat, bei Zarathustra. Zarathustra war es, der ja die Mission hatte, einem Volke die Kultur zu geben, das nicht wie das altindische Volk durch seine Naturanlage die Sehnsucht hatte nach der geistigen Welt zurück, sondern Zarathustra hatte die Mission, einem Volke eine Kultur zu geben, dessen Blick auf die Sinneswelt gerichtet war, auf die Eroberung der physisch-sinnlichen Welt mit den Kulturmitteln, die eben nur durch die Anstrengungen des äußeren sinnlich-physischen Menschen hergestellt werden können.

Daher trat innerhalb der uralt persischen Kultur weniger der luziferische Einfluß an den Menschen heran als gerade der Einfluß derjenigen Gestalt, die seit der Mitte der atlantischen Zeit an den Menschen herangetreten ist und bewirkt hat, daß dazumal ein großer Teil der Eingeweihten der schwarzen Magie verfallen ist, weil sie durch die Verführung dieses Versuchers dazu gebracht wurden, dasjenige, was ihnen aus der geistigen Welt zugänglich geworden war, zu dem Dienst der physisch-sinnlichen Welt zu mißbrauchen. Jener gewaltige Einfluß schwarzmagischer Kräfte, der zum schließlichen Untergang von Atlantis geführt hat, hat seinen Ursprung in den Versuchungen derjenigen Gestalt, die Zarathustra seinem Volke lehren mußte, als die Gestalt, die dem hellen Lichtgotte entgegenwirkt als Ahriman, Angra mainju, im Gegensatz zu dem Lichtgotte, den Zarathustra als die Große Aura, als Ahura Mazdao verkündete.

Diese zwei Gestalten, Luzifer und Ahriman, müssen wir wohl voneinander unterscheiden. Denn Luzifer ist eine Wesenheit, die sich abgezweigt hat von der Schar geistig-himmlischer Wesenheiten nach der Sonnentrennung, während Ahriman eine Gestalt ist, die sich bereits vor der Sonnentrennung losgelöst hat und ganz andere Mächte in sich vereinigt.

Dadurch, daß Luzifer in der lemurischen Zeit auf den Menschen gewirkt hat, wurde dem Menschen nichts anderes verdorben als der Einfluß, den der Mensch noch in der atlantischen Zeit gehabt hat, indem er auf die Luft- und Wasserkräfte wirken konnte. Sie wissen aus meinem Buche «AkashaChronik», daß die Menschen in der atlantischen Zeit noch über die Samenkräfte, die in den pflanzlichen und tierischen Naturen sind, verfügten und sie so herausziehen konnten, wie der heutige Mensch

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aus der Steinkohle die Kräfte herauszieht, die er als Dampfkraft zum Treiben seiner Maschinen verwendet. Und ich habe Ihnen gesagt, wenn diese Kräfte extrahiert werden, herausgezogen werden, dann stehen sie in einem geheimnisvollen Zusammenhange zu den Naturkräften in Wind und Wetter und so weiter; und wenn sie der Mensch verwendet in einer den göttlichen Absichten entgegenstehenden Absicht, dann werden diese Naturkräfte heraufgezogen gegen den Menschen. Dadurch kam die atlantische Überflutung und diejenigen verheerenden Naturgewalten, die dann den Untergang des ganzen atlantischen Kontinentes bewirkten.

Aber der Mensch hat vorher schon nicht mehr eine Verfügung gehabt über die Kräfte des Feuers und der Verbindung dieser Kräfte mit gewissen geheimen Kräften der Erde. Feuer und Erde in einem gewissen Zusammenwirken wurden schon früher eigentlich dem Menschen entzogen. Jetzt aber, durch den Einfluß Ahrimans und seiner Genossen, kam in einer gewissen Weise der Mensch wiederum, und zwar jetzt in verderbenbringender Weise zur Macht über Feuer- und Erdenkräfte. Und manches, was Sie hören über die Verwendung des Feuers im alten Persien, hängt mit dem zusammen, was ich Ihnen jetzt sage: Manche Kräfte, die getrieben werden als schwarze Magie und die damit zusammenhängen und dazu führen, daß der Mensch sich noch über ganz andere Kräfte hermacht und da einen Einfluß gewinnt über Feuer und Erde, können gewaltige, verheerende Wirkungen wachrufen. Schwarze Magie hätte von den Nachkommen der Atlantier selbst noch im alten Persien getrieben werden können, wenn nicht durch die Lehre des Zarathustra darauf hingewiesen worden wäre, wie Ahriman als feindliche Macht auf die Menschen so wirkt, daß er sie umstrickt, sie verdüstert gegenüber dem, was hinter der Sinneswelt als wirkliche geistige Gewalt hervorkommen soll.

So sehen wir, daß ein großer Teil der nachatlantischen Kultur - das ging von Zarathustra und seinen Anhängern aus - dadurch beeinflußt wurde, daß dem Menschen klargemacht wurde auf der einen Seite die Wirkung des hehren Licht-gottes, dem sich der Mensch zuwenden kann, und auf der anderen Seite die verderbliche Macht des Ahriman und seiner Genossen.

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Dieser Ahriman wirkt durch die mannigfaltigsten Mittel und Wege auf den Menschen ein. Ich habe Sie darauf aufmerksam machen können, daß es ein großer Moment war für die Entwickelung der Welt, als das Ereignis von Golgatha eintrat. Da erschien der Christus in der Welt, die der Mensch nach dem Tode betritt. In dieser Welt war der Einfluß des Ahriman noch viel stärker, als er in der Welt war, die hier auf der Erde zwischen Geburt und Tod zu sehen ist. Gerade in der Welt zwischen dem Tode und der neuen Geburt wirkten mit einer furchtbaren Gewalt und Macht die Einflüsse des Ahriman auf den Menschen. Und wenn nichts anderes eingetreten wäre, so wäre der Mensch zwischen dem Tode und der neuen Geburt in dem Schattenreiche - wie es mit Recht der alte Grieche empfunden hat - allmählich verfinstert worden. Eine unendliche Vereinsamung und Zurückführung auf die menschliche Egoität wäre eingetreten in dem Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Und der Mensch würde bei der Wiederverkörperung so in sein Leben hineingeboren werden, daß er zu einem krassen, zu einem furchtbaren Egoisten geworden wäre. So ist es daher mehr als eine bloß bildliche Redeweise, daß nach dem Ereignis von Golgatha, in dem Moment, als auf Golgatha das Blut aus den Wunden rann, der Christus in der jenseitigen Welt, in dem Schattenreiche erschien und Ahriman in Fesseln legte. Wenn auch der Einfluß Ahrimans blieb, und im Grunde auf ihn alle mate­rialistische Denkweise der Menschen zurückzuführen ist, wenn auch dieser Einfluß nur dadurch paralysiert werden kann, daß die Menschen das Ereignis von Golgatha in sich aufnehmen, so ist doch dieses Ereignis das geworden, aus dem die Menschen Kraft saugen, um dadurch wieder hineinzukommen in die geistig-göttliche Welt.

So stieg vor dem Blick der menschlichen Erkenntnis zuerst Ahriman auf. So wurde er etwas, was man ahnte, wovon man etwas wußte durch den Einfluß der Zarathustra-Kultur; und von da aus verbreitete sich die Erkenntnis des Ahriman über die anderen Völker hin und über ihre Kulturvorstellungen. Unter den mannigfaltigsten Namen tritt Ahriman mit seinen Scharen bei den verschiedenen Kulturvölkern auf. Und durch die eigenartigen Verhältnisse, in denen die Seelen der europäischen Völker waren, die am weitesten zurückgeblieben

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waren auf den Zügen von Westen nach Osten, die am meisten unberührt geblieben waren von dem, was im alten Indien, im alten Persien, in Ägypten, selbst in der griechisch-lateinischen Periode vor sich gegangen war, bei diesen Völkern Europas, unter denen die fünfte Kulturperiode aufleben sollte, da waren Seelenverfassungen vorhanden, daß ihnen besonders die Gestalt des Ahriman als eine furchtbare erschien. Und während diese die verschiedensten Namen angenommen hat - beim hebräischen Volke Mephistopheles genannt wurde -, wurde sie in der europäischen Welt zu der Gestalt des Teufels in seinen verschiedenen Formen.

So sehen wir, wie wir in einen tiefen Zusammenhang der geistigen Welten hineinblicken, und manches Mal, wenn jemand hoch erhaben sich fühlt über den mittelalterlichen Aberglauben, wird man sich wohl auch erinnern an den Ausspruch unseres Faust-Dichters: «Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie beim Kragen hätte!»

Gerade dadurch, daß der Mensch seine geistigen Augen vor diesem Einfluß verschließt, dadurch verfällt er diesem Einflusse am allermeisten. Der Goethesche Mephistopheles ist nichts anderes als die Gestalt des Ahriman, und wir dürfen sie nicht verwechseln mit der Gestalt des Luzifer. Alle diejenigen Irrtümer, die uns zuweilen in der Erklärung der Goetheschen Faust-Dichtung entgegentreten, sind gerade auf diese Verwechslung zurückzuführen, obwohl natürlich Luzifer erst den Einfluß des Ahriman möglich gemacht hat und man daher, wenn man auf Ahriman sieht, auf einen Ureinfluß Luzifers zurückgeführt wird, der erst vor unsere Seele treten konnte, nachdem wir lange Vorbereitungen dazu gemacht haben, um diesen intimeren Zusammenhang zu erkennen.

Man darf diesen feineren Unterschied nicht übersehen, denn es handelt sich vor allen Dingen darum, daß Luzifer den Menschen im Grunde genommen nur unter den Einfluß derjenigen Gewalten gebracht hat, die mit den Wind- und Wassergewalten zusammen­hängen. Dagegen war es Ahriman-Mephistopheles, der den Menschen unter Gewalten gebracht hat, die viel, viel furchtbarer sind, und es wird in den nächsten Kulturen mancherlei auftreten, was man in Zusammenhang zu bringen hat mit dem Einflusse des Ahriman. Für

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den okkult Strebenden, der nicht auf festem und sicherem Grunde strebt, kann sehr leicht gerade durch den ahrimanischen Einfluß die furchtbarste Illusion, die furchtbarste Täuschung eintreten. Denn in der Tat ist Ahriman ein Geist, der darauf ausgeht, über die wahre Natur der Sinneswelt zu täuschen, zu täuschen nämlich darin, daß sie ein Ausdruck ist der geistigen Welt. Wenn der Mensch nun Veranlagung hat zu abnormen Zuständen, zu somnambulen Zuständen oder durch eine gewisse unrichtige Schulung okkulte Kräfte in sich erweckt und irgend etwas in sich hat, was zur Egoität, zum Egoismus hindrängt, dann hat gerade auf die okkulten Kräfte Ahriman oder Mephistopheles leicht einen Einfluß, einen Einfluß, der leicht ein gewaltiger werden kann. Während Luzifers Einfluß nur dahin gehen kann, daß dasjenige, was sozusagen aus der geistigen Welt - auch bei dem in unrichtiger Schulung sich Befindenden - dem Menschen begegnet, als astralische Gestalt entgegentritt, als eine Gestalt, die für den astralischen Leib sichtbar wird, treten diejenigen Gebilde, die auf den Einfluß Ahrimans zurückzuführen sind, dadurch zutage, daß die schlechten Einflüsse, die auf den physischen Leib ausgeübt werden, sich durchdrücken in den Ätherleib und dann als Phantome sichtbar werden.

Wir haben es also bei dem Einflusse Ahrimans mit noch viel, viel niedrigeren Mächten zu tun als bei dem Einflusse Luzifers. Niemals können die Einflüsse Luzifers so schlimm werden wie die Einflüsse Ahrimans und jener Wesenheiten, die mit den Feuermächten zusammenhängen. Ahrimans oder Mephistopheles' Einfluß kann es dahin bringen, daß der Mensch, um okkulte Erkenntnisse zu erlan­gen, dazu geführt wird, sagen wir zum Beispiel Verrichtungen vorzunehmen mit seinem physischen Leibe. Es ist das schlimmste Mittel, das angewendet werden kann, um zu okkulten Kräften zu kommen, das in Verrichtungen und im Mißbrauch des physischen Leibes besteht. In gewissen schwarzmagischen Schulen werden in der Tat solche Verrichtungen in dem ausgiebigsten Maße gelehrt. Es gehört zu den furchtbarsten Verführungen des Menschen, wenn der Ausgangspunkt für okkulte Schulung von den physischen Leibeskräften aus genommen wird.

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Es kann hier darauf nicht einmal näher hingewiesen werden, sondern nur darauf, daß alle Machinationen, die irgendwie in einem Mißbrauch der physischen Leibeskräfte bestehen, von den Einflüssen herrühren, die von Ahriman herkommen, und es, weil sich das in des Menschen Ätherleib hineindrängt, wie ein Phantom wirkt, aber wie eine Phantomenwelt, die nichts anderes ist als das Kleid von Mächten, die den Menschen unter das Niveau des Menschen herunterziehen. Fast alle alten Kulturen, die indische, die persische, die ägyptische Kultur, die griechisch-lateinische Kultur haben ihre Dekadenzzeit durchgemacht, in der sie verfallen sind, in der auch die Mysterien verfallen sind, in der man nicht mehr die reinen Überlieferungen der Mysterien bewahrte. In diesen Zeiten sind viele von denen, die entweder Schüler der Eingeweihten waren und doch sich nicht auf ihrer Höhe haben halten können, oder solche Menschen, denen die Geheimnisse auf unrechtmäßige Weise verraten worden waren, nun auf verkehrte und schlechte Wege gekommen. Stätten schwarzmagischer Kräfte gingen von diesen Einflüssen aus und haben sich erhalten bis in unsere Zeit hinein.

Ahriman ist ein Geist der Lüge, der dem Menschen Illusionen vorzaubert, der mit seinen Genossen allerdings in einer geistigen Welt wirkt. Nicht er ist ein Trugbild, o nein! Aber das, was sich unter seinem Einflusse vor des Menschen geistiges Auge gaukelt, das ist ein Trugbild. Wenn des Menschen Wünsche, wenn des Menschen Leidenschaften schlimme Wege gehen und er sich gleichzeitig irgend­wie an okkulte Kräfte hingibt, dann drängen sich die okkulten Kräfte, die dadurch herauskommen, in den Ätherleib hinein, und es erscheinen unter den Trugbildern, die manchmal ganz ehrwürdige Gestalten sein können, die verderblichsten, die schlimmsten Mächte. So furchtbar ist der Einfluß des Ahriman auf den Menschen.

Aus dem, was gesagt worden ist, können Sie entnehmen, daß sozusagen gerade durch die Erscheinung des Christus, wenn wir den Ausdruck gebrauchen wollen, Ahriman in Fesseln gelegt worden ist, allerdings nur für diejenigen, die immer mehr versuchen, das Christus-Mysterium zu durchdringen. Und immer weniger wird der Schutz in der Welt sein gegen den Einfluß Ahrimans außerhalb der Kräfte,

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die von dem Christus-Mysterium ausströmen. In gewisser Weise geht unsere Zeit - und viele Erscheinungen künden das - diesen Einflüssen Ahrimans entgegen. Gewisse Geheimlehren nennen die Scharen des Ahriman auch die Asuras. Es sind natürlich die schlechten Asuras, die aus der Entwickelungsbahn der Asuras, die dem Menschen die Persönlichkeit gegeben haben, in einer gewissen Zeit herausgefallen sind. Darauf ist ja schon hingedeutet, daß es sich um geistige Wesenheiten handelt, die vor der Sonnentrennung sich von der gesamten Entwickelung der Erde abgesondert haben.

Es ist jetzt nur zunächst geschildert worden der furchtbare Einfluß, den auf eine gewisse abnorme Entwickelung, die in okkulten Bahnen gehen kann, Ahriman haben kann. Aber in gewisser Beziehung hat sich ja die ganze Menschheit in der zweiten Hälfte der atlantischen Zeit sozusagen unter den Einfluß Ahrimans begeben. Die ganze nachatlantische Zeit hat in einer gewissen Weise die Nachwirkungen des Einflusses Ahrimans in sich, auf dem einen Gebiete der Erde mehr, auf dem anderen weniger. Aber der Einfluß Ahrimans hat sich überall geltend gemacht, und alles, was in den Lehren der alten Eingeweihten den Völkern gegeben wurde von den dem Ahriman entgegenstehenden Lichtgeistern, das ist im Grunde genommen nur gegeben worden, um allmählich sich dem Einflusse Ahrimans zu entziehen. Das war eine vorbereitende, gut geführte, weise Erziehung der Menschheit.

Vergessen wir aber nicht, daß im Grunde genommen das Schicksal Ahrimans seit jener Zeit mit dem Schicksal der Menschheit in einer gewissen Weise verflochten ist, und die mannigfaltigsten Ereignisse, von denen der Uneingeweihte nichts wissen kann, halten das ganze Karma der Menschheit mit dem Karma Ahrimans in einem fortdauernden Zusammenhang. Wenn wir das, was jetzt gesagt werden soll, verstehen wollen, so müssen wir uns klarmachen, daß es außer dem Karma, das jeder einzelne hat, ein allgemeines karmisches Gesetz gibt auf allen Stufen des Daseins. Alle Wesensarten haben ihr Karma, das Karma des einen Wesens ist so, das der anderen Wesen ist anders. Aber Karma geht durch alle Reiche des Daseins, und es gibt durchaus Dinge im Menschheitskarma, in dem Karma

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eines Volkes, einer Gesellschaft oder einer anderen Menschheitsgruppe, die wir als ein gemeinschaftliches Karma ansehen müssen, so daß unter Umständen der einzelne mitgerissen werden kann von dem Gesamtkarma. Und es wird für den, der nicht die Dinge durch­schauen kann, nicht immer leicht einzusehen sein, wo eigentlich die Einflüsse der Mächte liegen für die Menschen, die von diesem Schicksal getroffen worden sind. Es kann durchaus der einzelne, der in einer Gesamtheit drinnensteht, vermöge seines Einzelkarma ganz unschuldig sein; aber dadurch, daß er in einem Gesamtkarma drinnensteht, kann ein Unglück über ihn hereinbrechen. Wenn er aber ganz unschuldig ist, so wird sich das in späteren Verkörperungen ausgleichen.

Im weiteren Zusammenhang dürfen wir nicht bloß auf das Karma der Vergangenheit sehen, sondern wir müssen auch an das Karma der Zukunft denken. Wir können durchaus sagen, daß es unter Umständen eine ganze Menschengruppe geben kann, und diese Gruppe verfällt einem furchtbaren Schicksal. Da ist nicht erfindlich, warum gerade diese Menschengruppe diesem Schicksal verfallen ist. Jemand, der das Karma des einzelnen Menschen untersuchen könnte, wird unter Umständen nichts finden können, was zu diesem traurigen Schicksal hätte führen können, denn die Zusammenhänge des Karma sind sehr verwickelt. Weit, weit weg vielleicht - aber doch mit ihnen verknüpft - steht das, was erfordert, daß solch ein Karma dieses oder jenes zutage bringt. Und dann kann es sein, daß die ganze Gruppe unschuldig von einem Gesamtkarma getroffen worden ist, während vielleicht die Zunächstschuldigen nicht getroffen werden konnten, weil die Möglichkeit dazu nicht vorhanden war. Dann kann man einzig und allein dieses sagen: In dem Gesamtkarma des einzelnen Menschen gleicht sich alles aus, auch wenn ihm unschuldig dieses oder jenes zustößt; das schreibt sich ein in sein Karma, und es gleicht sich in völligster Weise in der Zukunft alles aus. Also wenn wir auf das Karmagesetz sehen, müssen wir auch das Karma der Zukunft in Betracht ziehen. Aber wir müssen eben nicht vergessen, daß der Mensch nicht ein einzelnes, isoliertes Wesen ist, sondern wir haben darauf zu achten, daß jeder einzelne an dem gesamten Menschheitskarma

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mitzutragen hat. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß der Mensch mit der Menschheit zugleich den Hierarchien der nicht in die physische Welt eingetretenen Wesenheiten angehört und daß er auch in das Karma dieser Hierarchien hineingezogen wird. Manches tritt an Menschheitsgeschicken in der physischen Welt auf, dessen Zusammenhang man zunächst nicht sucht bei den Dingen, mit denen das unmittelbar zusammenhängt; die karmischen Folgen treten aber unweigerlich ein. Ahrimans Karma ist verknüpft seit der zweiten Hälfte der atlantischen Zeit mit dem Menschheitskarma. Wo sind denn die Taten Ahrimans, außer dem, was Ahriman wirkt in den menschlichen Leibern, um dem Menschen Illusion und Phantome über die Sinneswelt beizubringen? Wo sind sie denn sonst?

Für alles in der Welt gibt es sozusagen zwei Seiten: eine Seite, die mehr dem Menschen als geistigem Wesen angehört, und andererseits das, was zu dem gehört, was sich als die Naturreiche um den Menschen herum herausgebildet hat. Des Menschen Schauplatz ist die Erde. Für den geistigen Blick stellt sich diese heraus als ein Zusammenhang von verschiedenen Schichten. Wir wissen, daß die äußerste Schicht unserer Erde genannt wird die mineralische Erde oder mineralische Schicht, da sie nur solche Stoffe enthält, wie wir sie unter unseren Füßen finden. Das ist die verhältnismäßig dünnste Schicht.

Dann beginnt die weiche Erde. Diese Schicht hat ein ganz anderes materielles Gefüge als die über ihr befindliche mineralische Schicht. Diese zweite Schicht ist sozusagen mit einem inneren Leben begabt; und nur dadurch, daß die feste mineralische Schicht darübergebreitet ist, werden die inneren Kräfte dieser zweiten Schicht zusammengehalten. Denn in dem Augenblicke, wo man sie freilegen würde, würde sie sich zerstreuen in den ganzen Himmelsraum. Sie ist also eine Schicht, die unter einem ungeheuren Drucke liegt.

Eine dritte Schicht ist die Dampfschicht. Aber sie ist nicht ein Dampf materieller Art, wie wir ihn auf der Oberfläche unserer Erde haben, sondern in dieser dritten Schicht ist die Substanz selbst mit inneren Kräften begabt, die wir nur vergleichen können mit den menschlichen Leidenschaften, mit den inneren Trieben des Menschen. Während auf der Erde nur Wesen, die so geformte Wesen sind wie Tiere und Menschen,

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Leidenschaften entwickeln können, ist diese dritte Schicht - aber doch ganz so, wie die Substanzen der Erde von magnetischen und Wärmekräften durchzogen sind - materiell durchzogen von Kräften, die dem gleich sind, was wir als menschliche und tierische Triebe und Leidenschaften kennen.

Dann haben wir als vierte Schicht die Formenschicht, die so bezeichnet wird, weil sie das Material und die Kräfte enthält von dem, was uns in dem mineralischen Erden-teil als geformte Wesenheiten entgegentritt.

Und die fünfte Schicht, die Fruchterde, hat die Eigentümlichkeit, daß sie als Material selbst von einer unendlichen Fruchtbarkeit ist. Wenn Sie einen Teil dieser Erdenschicht haben würden, so würde sie fortwährend aus sich heraus neue Triebe und Sprossen hervorsprießen lassen; strotzende Fruchtbarkeit ist das Element dieser Schicht. Nach dem kommen wir zu der sechsten Schicht, zu der Feuererde, welche Kräfte als Substanzen in sich enthält, die furchtbar verheerend und zerstörend werden können. Diese Kräfte sind es eigentlich, in welche die Urfeuer hinein-gebannt worden sind.

In dieser Schicht wirkt materiell im Grunde genommen das Reich des Ahriman und von dieser Schicht aus wirkt es. Was in den äußeren Naturerscheinungen zutage tritt in Luft und Wasser, in Wolkenbildungen, was als Blitz und Donner erscheint, das ist sozusagen ein letzter Rest - aber ein guter Rest - auf der Erdoberfläche von dem, was an Kräften schon mit dem alten Saturn verbunden war und das sich mit der Sonne abgetrennt hat. Von dem, was in diesen Kräften wirkt, sind die inneren Feuerkräfte der Erde in den Dienst des Ahriman gestellt. Da hat er das Zentrum seines Wirkens. Und während seine geistigen Wirkungen in der geschilderten Art zu den Menschenseelen hinziehen und sie zum Irrtum führen, sehen wir, wie er - in einer gewissen Weise gefesselt - im Inneren der Erde gewisse Angriffspunkte seines Wirkens hat. Wenn man die geheimnisvollen Zusammenhänge kennen würde von dem, was auf der Erde unter dem Einflusse Ahrimans geschehen ist, und dem, was dadurch das eigene Karma Ahrimans geworden ist, so würde man in dem Beben der Erde den Zusammenhang erkennen zwischen dem, was als Naturereignisse in so furchtbar trauriger, tragischer Art vor sich

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geht, und dem, was auf der Erde waltet. Das ist zurückgeblieben seit den alten Zeiten als etwas, was auf der Erde in Reaktion tritt gegen die lichten, die guten Wesenheiten.

So wirken über die Erde hin diese oder jene Kräfte, die mit jenen Wesen verbunden sind, die herausgestoßen worden sind aus dem Zusammenhange mit der Erde zu der Zeit, als die lichten, die guten Wesenheiten die heilsamen Erscheinungen um den Erdkreis herum geführt haben, und wir können in einer gewissen Weise den Nachklang dieser Feuerwirkungen, die dem Menschen früher entzogen worden sind, in dem erkennen, was das Feuer anrichtet in solchen furchtbaren Naturerscheinungen. Wir brauchen uns nicht zu sagen, daß etwa diejenigen, die von dem betroffen werden, was durch Ahrimans Karma hervorgerufen wird - das aber seit der atlantischen Zeit im Zusammenhange steht mit dem Menschheitskarma -, etwa daran irgendwelche Schuld haben. Das hängt zusammen mit dem gesamten Menschheitskarma, an dem auch der einzelne mitzutragen hat. Und ganz woanders liegen oftmals die Ursachen, die dann an bestimmten Stellen als die Wirkungen des Karma Ahrimans zum Austrag kommen, weil gerade diese Stellen die Gelegenheit dazu bieten.

Da sehen wir einen Zusammenhang, der allerdings uns wie ein stehengebliebener Rest sonstiger uralter Menschheitskatastrophen er­scheint. In der lemurischen Zeit wurde den Menschen die Gewalt entzogen, auf das Feuer zu wirken. Vorher konnte der Mensch auf das Feuer wirken. Daher ist das alte Lemurien zugrunde gegangen durch die Feuerleidenschaften der Menschen. Da war dasselbe Feuer, das jetzt unten ist, oben. Damals ist das Feuer zurückgetreten von der Erdoberfläche; dasselbe Feuer, das wie ein Extrakt aus dem Urfeuer herausgekommen ist, ist das unorganische Feuer, das mineralische Feuer von heute. Ebenso ist es gegangen mit den Kräften, die durch Luft und Wasser gehen und die durch die Leidenschaften der Menschen die Katastrophen von Atlantis herbeigeführt haben. Es war ein Gesamt-Menschheitskarma, das diese atlantischen Katastrophen hervorgerufen hat. Aber es ist ein Rest davon geblieben, und dieser Rest ruft die Nachklänge dieser Katastrophen hervor. Unsere Vulkanausbrüche und unsere Erderschütterungen sind nichts anderes als die

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Nachklänge dieser Katastrophen.

Nur müssen wir in Betracht ziehen, daß niemandem auch nur beifallen dürfte, daß den gerade von einer solchen Katastrophe Betroffenen auch nur irgendein Teil der Schuld beizumessen sei und daß deshalb nicht in vollstem Umfange Mitleid für die dadurch Betroffenen hervorgerufen werden sollte. Das muß sich der Anthroposoph klarmachen, daß das Karma dieser Menschen nichts zu tun hat mit dem, was er tun darf, und daß er etwa einem Menschen nicht helfen dürfte, weil er - trivial gesprochen - an das Karma glaubt, daß der Mensch dieses Schicksal selbst herbeigeführt habe. Das ist es gerade, wozu uns das Karma auffordert: daß wir den Menschen helfen, weil wir sicher sein können, daß unsere Hilfe dann für den Menschen etwas bedeutet, was in sein Karma eingeschrieben wird, und wodurch sein Karma in eine günstigere Richtung kommt. Gerade zum Mitleid muß uns das Durchschauen der Welt führen, das auf Karma begründet ist. So wird uns das Verständnis gegenüber den unglücklich Leidenden und von einer solchen Katastrophe Betroffenen gerade um so mitleidiger machen, denn es besagt, daß es ein Gesamt-Menschheitskarma ist, an dem die einzelnen Menschheitsglieder zu leiden haben, und daß ebenso, wie die ganze Menschheit solche Ereignisse herbeiführt, auch die ganze Menschheit dafür aufzukommen hat, daß wir ein solches Schicksal als unser eigenes anzusehen haben, daß wir nicht einmal helfen, weil wir es freiwillig tun, sondern weil wir wissen: Wir stehen im Menschheitskarma drinnen, und was da verschuldet worden ist, das ist mit von uns verschuldet. Es ist mir heute morgen eine Frage zugekommen. die sich auf Erdbebenkatastrophen bezieht. Diese Frage lautet:

«Wie sind Erdbebenkatastrophen okkult zu erklären? Sind sie vorherzusehen? Wenn die Katastrophen im einzelnen vorauszusehen wären, warum wäre es dann nicht möglich, vorher in unauffälliger Weise eine Warnung zu geben? Eine solche Warnung würde viel­leicht das erstemal nicht gleich etwas nützen, gewiß aber später.»

Unsere älteren Mitglieder werden sich erinnern, was am Schlusse des Vortrages über «Das Innere der Erde» zuweilen gesagt worden ist, was gesagt worden ist über die Möglichkeit auf der Erde sich ereignender Erdbeben. Aber das soll jetzt nicht berücksichtigt werden,

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sondern es soll auf diese Frage in direkter Weise eingegangen werden.

Die Frage besteht im Grunde genommen aus zwei Teilen. Der erste Teil ist der: Ob in einer gewissen Weise aus dem okkulten Zusammenhang, der überschaut werden kann, Erdbeben vorausgesehen werden können? Diese Frage muß dadurch beantwortet werden, daß gesagt wird, daß die Erkenntnis solcher Dinge zu den tiefsten Erkenntnissen des okkulten Wissens überhaupt gehört. Für ein einzelnes auf der Erde eingetretenes Ereignis, das im wesentlichen aus einem so tiefen Grunde heraus eintritt, wie es heute geschildert worden ist, das zusammenhängt mit weit über die Erde sich hinziehenden Ursachen, für ein solches Ereignis ist es im Grunde durchaus richtig, daß auch für solche einzelnen Dinge eine Zeitangabe gemacht werden kann. Der Okkultist hätte durchaus die Möglichkeit, eine solche Zeitangabe zu machen.

Nun aber ist die andere Frage diese: Ob solche Angaben gemacht werden können, gemacht werden dürfen? Da wird es in der Tat für den, der den okkulten Geheimnissen äußerlich gegenübersteht, fast selbstverständlich klingen, daß das in einer gewissen Beziehung mit Ja beantwortet werden könnte. Und dennoch, die Sache liegt so, daß in bezug auf solche Ereignisse eigentlich im Grunde genommen nur zwei- bis dreimal in jedem Jahrhundert - im Höchstfalle zwei- bis dreimal - aus den Einweihungsstätten heraus etwas vorhergesagt werden kann. Denn Sie müssen bedenken, daß diese Dinge eben mit dem Menschheitskarma zusammenhängen und daß diese Dinge, wenn sie zum Beispiel auch im einzelnen vermieden würden, dann an einer anderen Stelle in einer anderen Erscheinung hervortreten müßten. Durch das Vorhersagen würde sich an der Tatsache nichts ändern. Und bedenken Sie, in welch furchtbarer Weise in das Karma der ganzen Erde eingegriffen würde, wenn menschliche Maßnahmen getroffen würden gegenüber solchen Ereignissen! In einer furchtbaren Weise würde die Reaktion eintreten, und zwar würde sie so stark eintreten, daß nur in seltenen Ausnahmefällen einer, der ein tiefer Eingeweihter wäre, für sich selbst oder für die, die ihm am nächsten stehen, wenn er eine Erdbebenkatastrophe vor­aussehen würde, von seinem Wissen einen Gebrauch machen könnte. Wissend würde er untergehen müssen, ganz selbstverständlich. Denn

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diese Dinge, die durch die Jahrtausende und Jahrmillionen im Menschheitskarma liegen, lassen sich nicht durch Maßnahmen, die innerhalb einer kurzen Menschheitsperiode fallen, paralysieren. Aber es kommt noch etwas anderes hinzu.

Es ist gesagt worden, daß zu den schwierigsten okkulten Untersuchungen gerade dieses Kapitel gehört. Als ich den Vortrag gehalten habe über das «Erdinnere», habe ich schon gesagt, daß es ungeheuer schwierig ist, über das Erdinnere etwas zu wissen, daß es viel leichter ist, über den astralischen Raum, über den devachanischen Raum, selbst über die fernsten Planeten etwas zu wissen als über das Erd-Innere. Die meisten Dinge, die über das Erdeninnere zu hören sind, sind eben der reinste Humbug, weil das gerade zu den schwierigsten Dingen des Okkultismus gehört. In dieses Gebiet hinein gehören auch die Dinge, die mit diesen Elementarkatastrophen zusammenhängen.

Und vor allen Dingen müssen Sie sich vor Augen halten, daß Hellsehen nicht etwas ist, wo sich irgendeiner hinsetzt und in einen besonderen Zustand kommt und dann sagen kann, was in der ganzen Welt bis in die höchsten Welten hinauf vorgeht. So liegen die Sachen nicht. Wer das glauben würde, der würde ebensosehr gescheit denken wie derjenige, der da sagen würde: Du hast doch die Fähigkeit, in der physischen Welt wahrzunehmen; es ist dir aber doch gar nicht aufgefallen, und du hast das gar nicht gesehen, als die Uhr zwölf war und du hier in dem Zimmer saßest, was um zwölf Uhr draußen an der Spree sich zugetragen hat? - Es gibt doch Hindernisse des Sehens. Wenn der Betreffende um zwölf Uhr draußen gerade spazieren gegangen wäre, dann hätte er vielleicht wohl das betreffende Ereignis wahrgenommen. Es ist nicht so, daß bloß durch den Entschluß, sich in den nötigen Zustand zu versetzen, nun auch alle Welten gleich offenliegen. Auch da muß der Betreffende erst zu den Dingen hin­gehen und die Dinge untersuchen, und diese Untersuchungen, um die es sich da handelt, gehören zu den schwierigsten Dingen, weil da die größten Hindernisse entgegenstehen. Und hier darf vielleicht gerade über diese Hindernisse gesprochen werden.

Sie können einem Menschen, der die Fähigkeit hat, physisch zu gehen mit seinen beiden Beinen, diese Fähigkeit nicht bloß dadurch

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nehmen, daß Sie ihm die Beine abschneiden, sondern auch dadurch, daß Sie ihn einsperren; dann kann er nicht herumgehen. Ebenso gibt es auch Hindernisse für okkulte Untersuchungen, und auf dem Gebiete, wovon wir sprechen, gibt es in der Tat gewaltige Hindernisse. Und eines der Haupthindernisse möchte ich Ihnen jetzt anführen. Ich will Sie hinführen auf einen geheimnisvollen Zusammenhang.

Das größte Hindernis, das für die okkulten Forschungen auf diesem Gebiete besteht, das ist die gegenwärtige Art und Weise, wie heute materialistisch äußere Wissenschaft getrieben wird. Alles was an Unsummen von Illusionen, von Irrtümern heute in der materialistischen Wissenschaft aufgehäuft wird, all die unwürdigen Untersuchungen, die gemacht werden und die nicht nur zu nichts führen, sondern eigentlich nur aus der Eitelkeit der Menschen hervorgehen, das sind Dinge, die in ihren Wirkungen in den höheren Welten die Untersuchungen in diesen höheren Welten über solche Erscheinungen, den freien Ausblick geradezu unmöglich machen oder wenigstens sehr schwierig. Der freie Ausblick wird gerade dadurch getrübt, daß hier auf der Erde die materialistische Forschung vorgeht. Diese Dinge kann man gar nicht einmal so ohne weiteres überschauen.

Ich möchte sagen: Lassen Sie erst einmal die Zeit kommen, in der die Geisteswissenschaft sich mehr ausbreiten wird und in der durch die Geisteswissenschaft und ihren Einfluß hinweggefegt wird der materialistische Aberglaube unserer Welt! Gerade das sinnlose Kombinieren und Hypothesen-Aufstellen, wobei man alles mögliche dann in das Innere der Erde hineinphantasiert - lassen Sie das alles hinweggefegt sein und Sie werden sehen: Wenn die Geisteswissenschaft sich erst einmal einfügen wird selber als ein Schicksal in das Menschheitskarma, wenn sie die Mittel und Wege finden wird, die Seelen zu ergreifen, und auf diesem Wege die gegnerischen Kräfte, den materialistischen Aberglauben wird besiegen können, wenn das, was mit dem ärgsten Feinde der Menschheit zusammenhängt, der den menschlichen Blick in die Sinneswelt hinein fesselt, weiter erforscht werden kann, dann werden Sie sehen, daß dann auch die Möglichkeit geboten werden wird, auch äußerlich auf das Menschheitskarma zu wirken, indem das Furchtbare solcher Ereignisse abgemildert wird. Suchen Sie

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in dem materialistischen Aberglauben der Menschen die Gründe, warum die Eingeweihten schweigen müssen über diejenigen Ereig­nisse, die mit dem großen Menschheitskarma zusammenhängen. Wir sehen einen wissenschaftlichen Betrieb, der vielfach nicht von dem faustischen Streben nach der Wahrheit beherrscht wird, sondern im umfänglichsten Maße mit Eitelkeit und Ehrsucht zusammenhängt. Wie vieles wird an wissenschaftlichen Forschungen dadurch in die Welt gesetzt, weil der einzelne nur etwas sucht für seine eigene Person. Wenn Sie das alles summieren, dann werden Sie sehen, wie stark die Kraft ist, die sich ausbreitet gegen den Ausblick in diejenige Welt, die sich hinter den äußeren sinnlichen Erscheinungen verbirgt. Wenn die Menschheit erst diesen Nebel wegschafft, dann wird die Zeit gekommen sein, in welcher in bezug auf gewisse geheimnisvolle Naturerscheinungen, die von den Feinden der Menschheit ausgehen und tief eingreifen in das menschliche Leben, der Menschheit in einem gewissen Grade umfänglich wird geholfen werden können. Bis dahin ist diese Möglichkeit nicht vorhanden.

Das sind allerdings, wie ich sehr wohl weiß, Richtungen, die diesen Fragen gegeben werden, die nicht gerade immer in der Richtung des Fragestellenden liegen. Aber die Geheimlehre hat da nun einmal das Schicksal, daß sie in manchem erst die Frage auf die richtige Bahn bringen muß, damit die Frage erst richtig gestellt werde, ehe sie richtig beantwortet werden kann. Aber nehmen Sie das auch wiederum nicht so, wie wenn der geheimnisvolle Zusammenhang zwischen den Erdkatastrophen und dem Menschheitskarma nicht in die Geheimnisse hineinfiele, die erforschbar sind. Er fällt hinein und er ist erforschbar. Aber es sind eben Gründe da, daß heute von diesen tiefsten Geheimnissen nur das Allerallgemeinste in die Welt dringen kann. Lassen Sie erst durch die Geisteswissenschaft eine Erkenntnis in die Menschheit kommen davon, daß es möglich ist, daß ihre eigenen Taten zusammenhängen mit den Naturereignissen, dann wird auch die Zeit kommen, in welcher der Menschheit gerade aus dieser Erkenntnis heraus das Verständnis erwächst, daß diese Dinge in einer Frage beantwortet werden können, wie es verlangt wird. Diese Zeit wird kommen. Denn die Geheimwissenschaft kann mancherlei Schicksale durchmachen. Es

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kann sogar so sein, daß ihr Einfluß lahmgelegt wird, daß ihr Einfluß nur auf einen engsten Kreis beschränkt bleibt. Aber sie wird ihren Weg machen durch die Menschheit, sie wird sich einleben in das Menschheitskarma, und dann wird auch die Möglichkeit geschaffen sein, daß durch die Menschheit selbst auf das Menschheitskarma eingewirkt werden kann.