Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 107 Geisteswissenschaftliche Menschenkunde

6. Vortrag Berlin, 29. Oktober 1908

Entstehung der Männer aus den Stier-Ichwesen und der Frauen aus den Löwen-Ichwesen.

Wir werden heute eine Betrachtung anstellen über Dinge, die von einer gewissen Seite her Ihnen bekannt sind. Aber es geht ja bei allen geisteswissenschaftlichen Dingen so, daß wir sie erst dann vollständig durchdringen, wenn sie von verschiedenen Seiten beleuchtet werden; und es sind innerhalb der anthroposophischen Strömung hier in unseren mitteleuropäischen Gegenden Dinge zur Besprechung zu bringen, die aus den weit vorgeschrittenen Forschungen des Okkultismus geholt sind, die also leicht mißverständlich aufgefaßt werden können. Auf der anderen Seite aber würden wir nicht weiterkommen, wenn wir nicht wagen würden, über solche Dinge einmal ganz ungeschminkt zu sprechen.

Denken Sie daran, daß, wenn wir zurückgehen in der Menschheitsentwickelung durch die verschiedenen Kulturepochen der nachatlantischen Zeit bis hinein in die Atlantis, und in immer ältere Zeiten hinaufsteigen auch innerhalb der Atlantis, daß wir da, wenn wir den geistigen Blick richten auf die Vorgänge, immer andere Gestalten des Menschen finden.

Im letzten Drittel der atlantischen Epoche ist der Ätherleib bis zu einem gewissen Grade noch außerhalb des physischen Leibes, der Kopf des Ätherleibes ist noch nicht mit den Kräften des physischen Leibes verbunden, die die Kräfte des Ichs, des Selbstbewußtseins sind. Wenn wir den Vorgang, der da zugrunde liegt, beobachten, so können wir sagen: Die Fortentwickelung besteht darin, daß der Ätherkopf sich hineinschiebt in den physischen Kopf. Betrachten wir heute ein Pferd, dann ragt über den physischen Kopf der Ätherkopf des Pferdes heraus. Er hat noch eine mächtige Größe über den physischen Kopf hinaus. Ich habe Ihnen auch gesagt, welche mächtige Organisation die Ätherteile des Elefanten bilden, die weit, weit über den physischen Leib hinausragen. So war auch beim Menschen in der atlantischen Zeit noch der Ätherleib heraußen und schob sich allmählich immer mehr hinein.

Ein solches Hineinschieben von einem dünneren Gliede in ein dichteres bedeutet zugleich eine

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Verdichtung desjenigen, was physisch ist. Der physische Kopf des Menschen hat also damals noch ganz anders ausgesehen als später. Würden wir noch weiter zurückgehen, bis in die letzten lemurischen Zeiten, so würde man geistig erst sehr wenig vom physischen Kopf sehen; erst in ganz weicher, durchsichtiger Materie war er vorhanden. Erst durch das allmähliche Hineinschieben des Ätherkopfes wurden Teile des Kopfes verdichtet, erst losgelöst von den Teilen der Umgebung.

Auch in der späteren Atlantis war der Mensch noch in ungeheurer Weise begabt mit dem, was sich in krankhafter Weise erhalten hat im Wasserkopf, in einem wässerigen Gehirn. Außerdem haben wir uns noch dazu zu denken eine Knochenerweichung, eine völlige Erweichung der oberen Glieder des Menschen. Das klingt schrecklich für den heutigen Menschen. Aus dieser wässerigen Substanz hat sich verhärtet, was heute den menschlichen Kopf bildet und umschließt. Es ist das nicht einmal ein sehr ungeeignetes Bild, das ich manchmal brauche, das Verhärten, Auskristallisieren aus den Wassermassen, aus einer Salzlösung in einem Glase; es gibt die Dinge ziemlich genau wieder, dies Herauskristaillsieren des Salzes aus der wässerigen Salzlösung. Was mit dem Kopf in so später Zeit vor sich ging, ist mit dem übrigen Menschen viel früher geschehen. Auch die übrigen Glieder haben sich allmählich aus einer weichen Masse herausgebildet.

So daß wir sagen können: Wo ist denn damals eigentlich das menschliche Ich, das heutige Ich? Im Menschen eigentlich nicht; es ist noch in der Umgebung. Durch das Einziehen des Ichs können wir auch sagen, verhärten sich die oberen Glieder des Menschen. Dadurch, daß das Ich außerhalb des Menschen war, war es in einer anderen Beziehung noch mit einer Eigenart behaftet, die später anders wurde. Durch Einziehen in den physischen Leib wurde das Ich veranlaßt, ein individuelles Ich zu werden, während es vorher noch eine Art Gruppenseele war.

Ich will Ihnen hier ein Bild geben für den Tatbestand. Denken Sie sich, es säße ein Kreis von zwölf Menschen; irgendwo in einem Kreis angeordnet säßen diese zwölf Menschen. Durch die Entwickelung, wie sie heute ist, hat jeder Mensch sein Ich in sich. Es sitzen also zwölf Ichs im Kreis herum.

Betrachten wir aber in der atlantischen Zeit einen solchen Kreis von Menschen, so

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säßen die physischen Körper auch herum, aber das Ich ist erst im Ätherleibe, der noch draußen ist. Vor einem jeden also befindet sich sein Ich. Das Ich hat aber eine andere Eigenschaft, es ist nicht so zentralisiert, es entfaltet gleich seine Kräfte und verbindet sich mit den Ichs der anderen Menschen, so daß sie einen Ring bilden, der wiederum seine Kräfte nach seinem Mittelpunkt schickt. Also haben wir hier einen ätherischen Kreiskörper, der eine Einheit in sich bildet, und in ihm die Ichs, also ein Kreis von physischen Körpern und innerhalb eine ätherische Kreisfläche, die eine Einheit bildet, dadurch, daß die Ichs eingefangen werden, wird eingeschlossen das Einzel-Ich und durch dieses Bild kommen wir zu einer anschaulichen Vorstellung der Gruppenseelen.

Gehen wir immer weiter zurück, so können wir dieses Bild festhalten, aber wir müssen uns nicht mehr einen solchen regelmäßigen Kreis von Menschen vorstellen, sondern diese Menschen können in der mannigfaltigsten Weise in der Welt zerstreut sein. Denken wir uns einen Menschen im westlichen Frankreich, einen andern im Osten von Amerika und so weiter, also nicht zusammensitzend, aber da, wo es sich um die Gesetze der geistigen Welt handelt, können die Iche doch zusammenhängen, wenn die Menschen auch über der Erde zerstreut sind. Diese Menschen bilden dann diesen Reigen. Das, was durch das Zusammenfließen ihrer Ichs gebildet wird, ist dann zwar nicht ein so geometrisch schöner Ätherkörper, aber es ist doch ein Einheitliches.

Es hat also eine Gruppe von Menschen damals gegeben, die dadurch verbunden waren, daß ihre Ichs eine Einheit bildeten; und zwar gab es im wesentlichen vier solche Gruppen-Ichs. Sie müssen sich diese Menschen wieder entsprechend den Gesetzen der geistigen Welt vorstellen. Die Gruppenseelen der vier Gruppen gingen ineinander, sie waren nicht innerlich verbunden, gingen aber ineinander. Man nennt diese vier Gruppenseelen mit den Namen der vier apokalyptischen Tieren: Adler, Löwe, Stier, Mensch. Der Mensch war aber auf einer anderen Stufe der damaligen Entwickelung wie der heutige Mensch. Die Namen sind aus der Organisation der Gruppenseelen genommen. Warum konnte man sie so nennen? Das möchte ich Ihnen heute von einer anderen Seite begreiflich machen.

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Wir versetzen uns einmal so recht anschaulich in frühe Zeiten des lemurischen Lebens zurück. Die Seelen, die heute in menschlichen Leibern verkörpert sind, waren da noch nicht bis zu den physischen Körpern heruntergestiegen; sie hatten noch gar nicht die Tendenz dazu, sich mit physischer Materie zu verbinden. Auch die Körper, die später Menschenkörper werden sollten, sind noch sehr, sehr tierähnlich. Auf Erden sind die groteskesten physischen Wesenheiten, die sich selbst noch grotesk ausnehmen würden gegenüber dem, was wir heute die groteskesten Tiere nennen. Alles war noch in einer weichen, schlüpfrigen Materie, wässerig oder feurig siedend, sowohl die Menschen wie auch die Umgebung.

Es waren natürlich schon unter diesen grotesken Gestalten die Vorfahren des physischen Menschenkörpers, aber diese waren nicht in Besitz genommen von den Ichs. Tatsächlich lebten die vier Gruppenseelen, die wir charakterisiert haben, schon als vier Gruppenseelen vor dem Einzug des Geistigen in die physische Organisation, so daß vier Ichs warteten auf ihre Verkörperung, solche Ichs, die veranlagt waren zu ganz besonderen Gestalten, die sich da unten befanden. Die einen waren veranlagt, zu den Organisationen sich hinzuziehen, die schon in physischer Form in ganz bestimmten Gestalten vorhanden waren, die anderen wieder zu anderen; die Gestalten, die unten waren, mußten in ihren Formen in gewisser Weise entsprechen den Arten der Ichs, die da warteten. Es waren Formen vorhanden, die besonders geeignet waren, die Löwen-Ichs zu empfangen, andere die Stier-Ichs und so weiter. Das war in einer sehr frühen Zeit der Erdentwickelung.

Nun denken Sie sich, die Gruppenseele, die wir Stierseele genannt haben, zieht sich zu ganz bestimmten Formen, die da unten sind. Diese schauen in einer bestimmten Weise aus; ebenso wurde die Löwenseele zu besonderen Formen hingezogen. Also zeigt uns auch das Physische auf Erden ein vierfaches Bild. Die eine Gruppe entwickelt besonders stark die Organe, deren Funktionen mehr mit den Funktionen des Herzens übereinkamen; sie waren einseitig auf das Herz hin organisiert; ein besonders aggressives, mutvolles, angreifendes Element war in ihnen. Sie sind mutvoll, wollen sich Geltung verschaffen, wollen die anderen überwinden, sind sozusagen schon Eroberer, geborene Eroberernaturen,

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schon in der Gestalt. Das sind solche, bei denen das Herz, der Sitz des Ichs, stark gemacht worden ist.

Bei anderen sind die Organe der Verdauung, der Ernährung, der Fortpflanzung besonders entwickelt; bei der dritten Gruppe besonders die Bewegungsorgane; bei der vierten Gruppe aber sind gleichmäßig die Sachen verteilt, sowohl das Mutvolle, Aggressive wie das Ruhige, das durch die Ausbildung der Verdauungsorgane hineinkommt; beides wurde ausgebildet.

  1. Die Gruppe, bei der das Aggressive, das zu der Organisation des Herzens gehört, ausgebildet wurde, das waren die Menschen, deren Gruppenseelen zu den Löwen gehörten;
  2. die zweite Gruppe war die des Stieres,
  3. die dritte Gruppe, die mit dem beweglichen Element, das nicht viel vom Irdischen wissen will, gehört zur Gruppenseele des Adlers. Es sind die, die sich erheben können über das Irdische.
  4. Und die, bei denen die Dinge sich im Gleichgewicht hielten, gehörten zur Gruppenseele des «Menschen». So haben wir förmlich im Physischen die Projektion der vier Gruppenseelen.

Damals würde sich ein ganz eigenartiger Anblick für den Beschauer geboten haben. Man hätte eine Art Rasse gefunden, von der man sich mit prophetischer Gabe hätte sagen können: Das sind physische Wesen, die etwas an Löwen erinnern, die den Charakter des Löwen wiedergeben, wenn sie auch anders aussahen als heute die Löwen. Es waren löwenmutige Menschen, aggressive Menschenkeime. Dann wieder gab es eine Gruppe von stierähnlichen Menschen, alles auf dem physischen Plan angesehen. Die dritte und vierte Rasse können Sie sich leicht ergänzen.

Die dritte Rasse war schon stark visionär. Während die erste kampfmutig war, während die zweite alles pflegte, was mit dem physischen Plan, mit der Verarbeitung des physischen Planes zusammenhängt, hätten Sie eine dritte Klasse von Menschen gefunden, die sehr visionär waren. In der Regel hatten sie etwas, was im Verhältnis zu den anderen Leibern mißgestaltet war. Sie würden Sie erinnert haben an solche Menschen, die viel Psychisches haben und an Visionen glauben, die aber, weil sie sich um das Physische nicht viel kümmern, etwas Vertrocknetes haben, etwas Verkümmertes gegenüber dem Kraftstrotzenden der beiden anderen Gruppen. Sie würden Sie erinnert haben an die Vogelnatur. «Ich will zurückbehalten

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meinen Geist», das war die Tendenz der Adlermenschen. Die anderen hatten etwas, was sozusagen aus allen Teilen gemischt war.

Dazu kommt noch etwas: Wenn wir so weit zurückgehen, daß wir solche Verhältnisse auf Erden antreffen, dann müssen wir auch den anderen Gedanken uns etwas nahelegen, daß ja alles, was geschehen war im Verlaufe der Erdenevolution, geschehen war, um zu regeln die Angelegenheiten der Erde aus dem Geistigen heraus. Es war alles nur ein Umweg, um zu dem heutigen Menschen zu kommen. Wer noch mehr in die Dinge hinein hätte schauen können, der hätte die Erfahrung machen können, daß diese Löwennaturen, die erinnerten an das, was wir heute in ganz anderer Weise an dem Löwenleib sehen, eine besondere Anziehungskraft bildeten für die männlichen Gestalten der Ätherleiber. Diese fühlten sich besonders hingezogen zu diesen Löwenmenschen, so daß dies Wesen waren, die äußerlich einen Löwenleib hatten, innerlich aber einen männlichen Ätherleib. Es war ein mächtiges Ätherwesen mit männlichem Charakter, und ein kleiner Teil dieses Ätherwesens verdichtete sich zu dem physischen Löwenleib. Der physische Leib war förmlich der Kometenkern, während der Ätherleib den Kometenschweif bildete, der der eigentliche Schöpfer des Kernes war.

Die Stierrasse aber hatte eine besondere Anziehungskraft für den weiblichen Ätherleib. Also der Stierkörper hatte gerade die Kraft, den weiblichen Ätherleib anzuziehen und sich mit ihm zu verbinden. Und nun denken Sie sich noch, daß das fortwährend arbeitet, die Ätherleiber fortwährend eindringend, umgestaltend.

Das Verhältnis der löwenartigen Menschen zu den stierartigen ist besonders wichtig in den älteren Zeiten. Die anderen kommen weniger in Betracht. Die männlichen Ätherleiber, die einen physischen Löwenleib aus sich herauskristallisierten, hatten die Fähigkeit, den physischen Löwenleib selbst zu befruchten, so daß also geradezu die Fortpflanzung der Menschheit besorgt wurde durch die löwenartige Rasse. Es war eine Art Befruchtung aus dem Geistigen heraus, eine ungeschlechtliche Fortpflanzung. Dasselbe konnte aber auch die stierartige Rasse bewirken. Das, was physisch geworden war, wirkte hier zurück auf den weiblichen Ätherleib.

Im Laufe der Entwickelung gestalten sich die Sachen anders. Während die Löwennatur die Art

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der Fortpflanzung behält,
weil die befruchtende Kraft aus dem Geistigen heraus von oben kam, während hier der Prozeß sich steigerte, wurde der andere Prozeß immer mehr und mehr zurückgedrängt. Unfruchtbarer und unfruchtbarer wurde die Stiermenschheit.

Die Folge war, daß wir auf der einen Seite eine Menschheit hatten, die durch Befruchtung erhalten wurde, auf der anderen Seite eine andere Hälfte, die immer unfruchtbarer wurde. Die eine Seite wurde zum weiblichen, die andere zum männlichen Geschlecht. Die heutige weibliche physische Natur hat ja einen männlichen Ätherleib, während der Ätherleib des Mannes weiblich ist. Der physische Leib der Frau ist hervorgegangen aus der Löwennatur, während der physische Stierleib der Vorfahre des männlichen Leibes ist.

Das Geistige im Menschen hat einen gemeinsamen Ursprung, ist neutral, ging erst in den physischen Leib hinein, als sich die Geschlechter schon differenziert hatten; da wurde erst das Geistige in Angriff genommen, da erst der Kopf verhärtet. Da erst verband sich der Ätherleib des Kopfes mit dem physischen Leib, dem war es ganz einerlei, ob er auf einem Männer- oder Frauenleib sich aufsetzte, da sind beide Geschlechter gleich.

Wir müssen sagen, es hat die Frau durch ihre Entwickelung, solange wir absehen von dem, was überhaupt über die Differenzierung hinausgeht, in ihrer Natur etwas Löwenartiges. Dieses verborgene Mutvolle wird man schon finden. Die Frau kann den Mut der Innerlichkeit zum Beispiel im Kriege, in der Krankenpflege, für gewisse Dienste der Menschheit entwickeln. Der männliche physische Leib hat dasjenige, was wir im echten Sinne die Stiernatur nennen können. Das hängt damit zusammen, daß der Mann, wie er sonst organisiert ist, mehr die im physischen Schaffen begründete Tätigkeit hat. Okkult betrachtet stellen sich die Dinge durchaus so dar, wenn es auch sehr merkwürdig klingt. Sie sehen also, wie diese Gruppenseelen zusammengewirkt haben. Sie arbeiten so, daß sie ihre Arbeit zusammenlegen, die Löwen- und die Stier-Gruppenseele. Diese göttlichen Wesenheiten wirken zusammen und im heutigen Menschen stecken die Arbeiten der verschiedenen göttlichen Gruppenseelen.

Diese Bilder, die ich hier skizzenhaft vor Sie hingestellt habe,

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werden schon ihre Wirkung haben. Verfolgen Sie die Menschen immer weiter zurück, bis zu der Zeit, als noch keine Fortpflanzung möglich war, so müssen wir also sagen: Es verwandelt sich der äußere physische Frauenleib in etwas, was löwenartig war, während der Männerleib stierartig war.

Solche Dinge müssen nur in heiligem, ernstem Sinne genommen werden, wenn wir sie im richtigen Sinne verstehen wollen. Es würde denjenigen, die die Anatomie des Menschen studiert haben, leicht werden, die anatomischen Verschiedenheiten des physischen Leibes von Mann und Weib abzuleiten von diesen Naturen des Löwen und des Stieres. So lange wird die physische Wissenschaft ganz unfruchtbar sein, nur äußere Tatsachen berichten, solange sie nicht eindringt in diesen Geist der Tatsachen.

Nun wird es Ihnen nicht mehr so sonderbar erscheinen, wie es einmal eine Rasse von Menschen gegeben hat, die einen Löwenkörper hatten. Diese nahmen die Ich-Natur auf und dadurch wandelte sich die Löwennatur immer mehr zum Frauenleib. Die, die nichts von diesem Geistigen abbekommen haben, wandelten sich in ganz anderer Weise um, nämlich zu den heutigen Löwen, und was mit ihnen verwandt ist. Warum auch diese Tiere zweigeschlechtlich sind, davon ein anderes Mal. Die, die nichts abbekommen hatten von der Geistigkeit, bildeten die heutigen Löwen heraus, während die, die etwas abbekommen hatten, den heutigen Frauenleib herausbildeten.

Im Verlaufe der Zeit können noch viele, viele andere Seiten dieser Dinge gezeigt werden. Das anthroposophische Lernen ist nicht so wie das mathematische. Zuerst wird aufmerksam darauf gemacht, daß es zum Beispiel die vier Gruppenseelen gibt; damit sind zunächst nur die Namen gegeben. Dann wird irgendein Gesichtspunkt gewählt, und es wird die Sache von außen her beleuchtet. Und so kommen wir immer wieder von einer anderen Seite heran. Wir gehen um das, was zuerst hingestellt wurde, herum und beleuchten es von den verschiedensten Seiten her. Wer sich das gesagt sein läßt, wird niemals dazu kommen können, zu sagen, daß sich irgendwelche anthroposophischen Dinge widersprechen. So ist es selbst bei den größten Dingen, die wir betrachten. Die Verschiedenheit rührt her von den verschiedenen Standpunkten, von denen aus man die Dinge betrachtet.

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Lassen Sie uns von dieser Versammlung das mitnehmen, was man innere Toleranz nennen könnte. Möge es uns gerade innerhalb unserer anthroposophischen Spezialströmung gelingen, diesen inneren Geist der Toleranz in die anthroposophische Bewegung hineinzubringen. Das nehmen wir noch als einen Gefühlsinhalt mit, und versuchen nun wieder draußen zu wirken, so daß dieser Geist allerinnerlichster Verständigung Platz greifen kann. Auch von verschiedenen Orten aus können wir unsere Seele, unser Herz hinneigen lassen zu dem, was uns alle verbindet, zu den großen anthroposophischen Idealen. Und wir können dann das herausbringen, was ein geistiger Organismus sein soll, was wächst und gedeiht: das Leben unserer anthroposophischen Sache, zu der wir unsere Kraft von den verschiedensten Seiten sollen hinstrahien lassen.