Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 138 Ägyptische Mythen und Mysterien

6. Vortrag Leipzig, 8. September 1908

Entstehung der 28 Nervenstränge des Rückenmarks durch die zweimal 14 Mondphasen, regiert durch Osiris (zunehmender Mond) und Isis (abnehmender Mond).
Männlicher Körper / weiblicher Ätherleib bewirkt durch Isis; weiblicher Körper / männlicher Ätherleib bewirkt durch Osiris.
Horus als das menschliche Herz.

Mancher von Ihnen wird wohl beim Nachdenken über die in den letzten Tagen angestellten Betrachtungen über die Entwickelung unserer Erde und auch im weiteren Sinne des Sonnensystems im Zusammenhang mit dem Menschen einem ihm sonderbar erscheinenden Widerspruch begegnet sein mit vielen liebgewonnenen Vorstellungen des Lebens.

Mancher wird sich gesagt haben: Nun haben wir da gestern gehört, die schlechtesten Kräfte in der Evolution seien gebunden an den Mond, und erst in dem Momente, als der Mond sich trennte von der Erde, seien mit ihm die schlechtesten Kräfte heraus- gegangen, und es sei erst dadurch ein solcher Zustand der Erde übriggeblieben, daß der Mensch seine Evolution finden konnte. - Das alles haben wir nun gehört, wo aber bleibt alle Romantik des Mondes? Alle jene Poesie, die doch aus wahren Empfindungen entsprang, die sich bezieht auf alle die wunderbaren Wirkungen des Mondes auf den Menschen?

Dieser Widerspruch ist nur ein scheinbarer, und er löst sich, wenn wir die Tatsachen nicht einseitig betrachten, sondern wenn wir die ganze Summe der Tatsachen vor unsere Seele stellen. Wenn wir allerdings heute den Mond auf seine physische Masse prüften, so würden wir finden, daß diese ungeeignet erscheinen würde, solches Leben, wie wir es jetzt auf der Erde haben, auf sich zu haben.

Zugleich aber müssen wir auch sagen, daß auch alles das, was als Ätherisches mit dem Monde und seinen physischen Substanzen verknüpft ist, zu einem großen Teil auch solcherart ist, daß es sich als etwas sehr Minderwertiges, als dekadent ausnimmt gegenüber dem, was als Ätherisches in unserer eigenen Körperlichkeit ruht. Und wenn wir erst dasjenige, was bei den einzelnen Mondwesen - von denen wir durchaus sprechen können - als Astralisches in Betracht kommt, hellsehend betrachten würden, so würden wir uns überzeugen können, daß gegenüber dem Schlimmsten, was auf unserer Erde an niederen Gefühlen vorhanden ist, daß dem gegenüber unzählig Schlechteres und Minderwertigeres

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auf dem Monde ist. So dürfen wir also sowohl in bezug auf das Astralische, als auch auf das Ätherische, als auch auf das Physische des Mondes sprechen von Wesen, von Elementen, die ausgeschieden werden mußten, damit unsere Erde ihren Weg frei von schädlichen Einflüssen gehen konnte.

Nun müssen wir uns aber einer anderen Tatsache bewußt werden. Wir dürfen nicht außer acht lassen, daß wir überall bei dem Schlechten, Bösen nicht stehen bleiben dürfen. Denn alles das, was in der Evolution niedrig, böse wird, alles das unterliegt immer einer bedeutungsvollen Tatsache. So lange es irgend geht, muß alles das, was tief heruntergestiegen ist in niedere Sphären, durch andere, vollkommenere Wesen gereinigt werden, in die Höhe gebracht und geläutert werden, so daß es im Haushalt des Universums wieder verwendet werde.

Wenn wir irgendwo eine Stelle im Weltall finden, wo besonders niedrige Wesen sind, so können wir sicher sein, daß mit diesen niederen Wesen andere, höhere verbunden sind, welche eine so große Macht des Guten, Schönen, Herrlichen haben, daß sie geeignet sind, auch die niedersten Kräfte noch zum Guten zu lenken. Deshalb ist es wahr, daß all das Niedere mit dem Mondendasein verknüpft ist, auf der anderen Seite aber sind mit ihm wiederum hohe, höchste Wesen verknüpft.

Wir wissen ja schon, daß auf dem Monde zum Beispiel die hohe, sehr hohe geistige Wesenheit Jahve wohnt. Eine so hohe Wesenheit, mit einer solchen Macht und Herrlichkeit, hat aber unter sich in ihrer Tätigkeit große, große Scharen von dienenden Wesen guter Art. So daß wir uns vorzustellen haben, daß allerdings das Niederste aus der Erde mit dem Monde herausgegangen ist, daß aber zugleich diejenigen Wesen, die fähig sind, das Schlechte in Gutes, das Häßliche in Schönes zu verwandeln, mit dem Monde verbunden geblieben sind. Das konnten sie nicht, wenn sie das Häßliche im Erdenkörper ließen; sie mußten es herausnehmen. Warum denn aber überhaupt muß das entstehen, was da als Häßliches und Böses existiert? Es mußte entstehen, weil ohne die Einwirkung des Häßlichen und Bösen unmöglich etwas anderes hätte zustande kommen können: es hätte der Mensch niemals ein in sich gestaltetes, geschlossenes Wesen werden können.


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Erinnern wir uns an die vorige Betrachtung. Da haben wir gesehen, wie des Menschen niedere Natur im Wasser wurzelte, wie er zur Hälfte in die dunkle Wassererde hineinragte. Da gab es keine Knochen, da gab es keine feste Menschengestalt. Eine sich metamorphosierende Form war da, pflanzlich, blütenähnlich, die Form wechselte immerfort.

So wäre der Mensch geblieben, wenn nicht die Kräfte sich so herausgebildet hätten, wie sie im Monde herausbefördert worden sind. Wäre die Erde nur einzig der Sonne ausgesetzt geblieben, es wäre die Beweglichkeit des Menschenwesens zum höchsten Grade gestiegen, die Erde hätte ein für den Menschen unmögliches Tempo eingeschlagen; der Mensch hätte in seiner heutigen Form nicht entstehen können. Würden dagegen nur die Mondeskräfte gewirkt haben, dann wäre der Mensch sofort erstarrt; seine Gestalt würde sich im Augenblick der Geburt verfestigen, er würde zur Mumie werden und so verewigt werden. Zwischen diesen zwei Extremen entwickelt sich der Mensch heute mitten darinnen: zwischen unbegrenzter Beweglichkeit und dem Erstarren in der Form.

Weil in dem Monde die formenden Kräfte sind, ist auch der physische Mond zur Schlacke geworden. In diese Formen hineinwirken können nur die hohen, starken Wesen, die mit dem Monde in Verbindung sind. So wirken auf die Erde zwei Kräfte: die Sonnenkräfte und die Mondenkräfte, die einen treibend, die anderen mumifizierend.

Denken Sie sich, ein riesiges Wesen schleppte die Sonne weg - in dem Augenblick würden wir auch alle schon zu Mumien erstarren, und zwar so sehr, daß wir diese Gestalt nie mehr würden verlieren können. Nehmen wir aber an, es schleppte ein Riese den Mond weg - dann würden alle die schönen, gemessenen, abgerundeten Bewegungen, die wir heute haben, zappelig werden. Wir würden innerlich ganz beweglich werden; wir würden unsere Hände sich verlängern sehen bis ins Riesenmäßige und wieder zurückschrumpfen. Die Metamorphosierungskraft würde sich bis ins Riesenmäßige steigern. Jetzt aber ist der Mensch eingeschaltet zwischen diese zwei Kräfte.

Nun ist aber auch in diesem Kosmos, nicht nur in den Gestalten und Substanzen, sondern auch in den Verhältnissen der Dinge zueinander mancherlei außerordentlich weise eingerichtet. Und wir werden nunmehr, um uns heute einmal vor die Seele zu führen,

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welche unendliche Weisheit im Kosmos liegt, ein Verhältnis betrachten, anknüpfend an die Osirisgestalt.


In der Gestalt des Osiris sah der Ägypter die Wirkung des Sonnengestirns auf unsere Erde in der Zeit, als noch Nebeldünste um die Erde wogten, als noch keine Luft da war, und er sah, daß, als im Menschen die Luftatmung anfing, daß in dem Momente die einheitliche Wesenheit, Osiris-Set sich trennte.

Set oder Typhon bewirkt, daß der Lufthauch in uns eingeht. Typhon, der Windhauch, löste sich von dem Licht der Sonne, und Osiris wirkt nur als Licht der Sonne.

Es ist aber auch derselbe Moment, in dem Geburt und Tod in das Wesen des Menschen hereinzog. In das, was formend und entformend war, was bis dahin etwa so war, als ob wir einen Rock anziehen und ausziehen, war eine große Änderung getreten. Wenn der Mensch damals hätte empfinden können, in der Zeit, als noch nicht die von der Sonne ausgehenden Wirkungen die Erde selbst verlassen hatten, die Wirkungen, die von jenen hohen Wesenheiten ausgingen, die später mit der Sonne hinausgegangen sind, so hätte er mit Dankbarkeit hinaufgesehen zu diesen Sonnenwesen.

Als die Sonne aber sich nunmehr immer mehr von der Erde trennte, als dann immer mehr das, was Dunstsphäre war - die allerdings damals für den Menschen das Reich seiner höheren Natur war -, sich verfeinerte, da bekam der Mensch, der immer weniger die direkte Einwirkung der Sonne wahrnehmen konnte, das Bewußtsein davon, was die Kräfte in seiner niederen Natur waren, und er kam dazu, daß er dort sein Ich erfaßte. Wenn er in seine niedere Natur untertauchte, da wurde er sich seiner selbst erst bewußt.

Warum nun ist die Wesenheit, welche wir als Osiriswesenheit kennen, verfinstert worden? Das Licht hörte mit dem Weggang der Sonne zu wirken auf, aber Jahve blieb zunächst auf der Erde, bis der Mond sich trennte. Osiris war der Geist, welcher so die Kraft des Sonnenlichtes in sich enthielt, daß er später, als der Mond sich trennte, mit dem Monde mitging, und die Aufgabe erhielt, vom Monde aus das Sonnenlicht auf die Erde zu lenken.

Zuerst haben wir also die Sonne herausgehen sehen; Jahve bleibt mit seiner Schar, mit Osiris in der Erde zurück. Der Mensch lernt atmen. Zugleich

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aber trat der Mond heraus; Osiris zieht mit dem Monde heraus und erhält die Aufgabe, das Sonnenlicht vom Monde zu reflektieren auf die Erde. Osiris wird in einen Kasten gelegt, das heißt, er zieht sich mit dem Monde zurück. Vorher hatte der Mensch die Osiriswirkung von der Sonne her; jetzt erhielt er die Empfindung, daß das, was ihm früher von der Sonne kam, ihm jetzt vom Monde zuströmte. Der Mensch sagte sich damals, wenn der Mond herunterstrahlte: Osiris, du bist es, der mir vom Monde das Licht der Sonne strahlt, das zu deinem Wesen gehört.


Aber dieses Licht der Sonne wird täglich in einer anderen Gestalt zurückgestrahlt. Wenn der Mond in schwacher Sichel am Himmel steht, dann haben wir die erste Gestalt; wenn er am zweiten Tage gewachsen ist, die zweite, und so durch vierzehn Tage durch haben wir vierzehn Gestalten bis zum Vollmond. Osiris wendet sich durch vierzehn Tage in den vierzehn Gestalten der beleuchteten Mondesscheibe der Erde zu.

Es ist von tiefer Bedeutsamkeit, daß diese vierzehn Gestalten, vierzehn Wachstumsphasen, der Mond, das heißt, Osiris annimmt, um das Licht der Sonne uns zuzustrahlen. Dieses, was da der Mond tut, das ist im Kosmos gleichzeitig damit verknüpft, daß der Mensch atmen gelernt hat. Erst als diese Erscheinung in ihrer Art voll am Himmel war, erst da konnte der Mensch atmen, und damit war er verknüpft mit der physischen Welt, und es konnte der erste Keim des Ichs in der menschlichen Wesenheit entstehen.

Die spätere ägyptische Erkenntnis hat das alles, was hier geschildert worden ist, empfunden und so erzählt: Osiris regierte früher die Erde, dann aber trat Typhon auf, der Wind. - Das ist die Zeit, in der die Wasser soweit herabfallen, daß die Luft auftritt, wodurch der Mensch zum Luftatmer wird. Das Osirisbewußtsein hat Typhon besiegt, er hat Osiris getötet, ihn in einen Kasten gelegt und dem Meere übergeben.

Wie könnte man denn das kosmische Ereignis bedeutungsvoller ausdrücken im Bilde? Erst regiert der Sonnengott Osiris, dann wird er hinausgetrieben im Monde. Der Mond ist der Kasten, der in das Meer des Weltenraumes hinausgedrängt wird; nunmehr ist Osiris im Weltenraum. Wir erinnern uns nun aber auch daran, daß in der Sage gesagt wird, daß, als Osiris wiedergefunden

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wurde, als er auftauchte im Weltenraum, er in vierzehn Gestalten erschien. Die Sage erzählt: Osiris wurde in vierzehn Glieder zerstückelt und in vierzehn Gräbern begraben. Hier haben wir einen wunderbaren Hinweis in dieser tiefgründigen Sage auf den kosmischen Vorgang. Die vierzehn Gestalten des Mondes, die Mondphasen, sind die vierzehn Stücke des zerstückelten Osiris. Der ganze Osiris ist die ganze Mondscheibe.

Das erscheint ja nun zunächst so, als wenn das alles nur ein Symbolum wäre. Wir sehen aber schon, daß das seine wirkliche Bedeutung gehabt hat. Und jetzt kommen wir auf etwas, ohne das uns niemals die Geheininisse des Kosmos klarwerden. Wenn nicht eingetreten wäre eine solche Konstellation von Sonne, Mond und Erde, wenn der Mond nicht in vierzehn Gestalten erschienen wäre, dann wäre etwas anderes nicht eingetreten, denn diese vierzehn Gestalten haben etwas ganz Besonderes bewirkt. Jede derselben hat einen großen, gewaltigen Einfluß auf den Menschen in seiner Entwickelung auf der Erde gehabt. Nun werde ich Ihnen etwas Sonderbares sagen müssen, es ist aber wahr.

Damals, als das alles noch nicht geschehen war, als Osiris noch nicht hinausgegangen war, da hatte der Mensch in seiner Lichtgestalt nicht einmal der Anlage nach etwas, was heute von größter Wichtigkeit ist. Wir wissen, daß das Rückenmark sehr wichtig ist. Von ihm gehen Nerven aus. Diese waren nicht einmal der Anlage nach vorhanden in der Zeit, als der Mond noch nicht heraus war.

Die vierzehn Gestalten des Mondes, in der Anordnung, wie sie aufeinander folgen, wurden die Veranlassung, daß sich vierzehn Nervenstränge an das Rückenmark des Menschen angliederten. Die kosmischen Kräfte wirkten so, daß den vierzehn Phasen oder Gestalten des Mondes diese vierzehn Nervenstränge entsprechen. Das ist die Folge der Osiriswirkung.

Nun entspricht der Mondesentwickelung noch etwas anderes. Diese vierzehn Phasen sind ja nur die Hälfte der Erscheinungen des Mondes. Der Mond hat vierzehn Phasen vom Neumond bis zum Vollmond und vierzehn Phasen vom Vollmond bis zum Neumond. Während der vierzehn Tage, die zum Neumond gehen, ist keine Osiriswirkung da. Da wird der Mond von der Sonne so beschienen, daß er allmählich

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seine unbeleuchtete Fläche der Erde als Neumond zuwendet.

Diese vierzehn Phasen vom Vollmond bis zum Neumond haben auch ihre Wirkung, und diese Wirkung wird für das ägyptische Bewußtsein erreicht durch die Isis. Diese vierzehn Phasen werden von der Isis regiert. Durch die Isiswirkung gehen vierzehn andere Nervenstränge vom Rückenmark aus. Das gibt im ganzen achtundzwanzig Nervenstränge, die den verschiedenen Phasen des Mondes entsprechen.

Da sehen wir den Ursprung ganz bestimmter Glieder des Menschenorganismus, aus den kosmischen Ereignissen heraus. Mancher wird nun sagen: Das sind ja nicht alle Nervenstränge, das sind ja nur achtundzwanzig. - Es wären nur achtundzwanzig, wenn das Mondenjahr mit dem Sonnenjahr zusammenfiele. Das Sonnenjahr ist aber länger, und die Differenz des Sonnenjahrs gegenüber dem Mondenjahr hat die überzähligen Nervenstränge bewirkt. So ist dem Menschen eingegliedert worden in seinen Organismus von dem Monde aus die Isiswirkung und die Osiriswirkung. Damit ist aber noch etwas anderes verknüpft.

Bis zu dem Moment, als der Mond von außen zu wirken begann, gab es noch keine Zweigeschlechtlichkeit. Es gab bis dahin nur einen Menschen, der sozusagen beides war, männlich und weiblich.

Jene Trennung geschah erst durch die abwechselnde Wirkung von Isis und Osiris vom Monde her, und je nachdem die Osirisnerven oder die Isisnerven eine besondere Wirkung auf den Organismus ausüben, je nachdem wird der Mensch männlich oder weiblich.

Natürlich wirken in jedem Mann und in jedem Weib beide Kräfte, Isis und Osiris, aber so, daß beim Manne der Ätherleib weiblich ist, und bei der Frau der Ätherleib männlich ist. Hier haben wir etwas von dem wunderbaren Zusammenhang, wie das Einzelwesen mit den Stellungen im Kosmos zusammenhängt.

Wir haben nun gefunden, daß nicht nur durch die Kräfte, sondern auch durch die Konstellationen der Weltenkörper Einwirkungen auf den Menschen stattfinden. Unter den Einflüssen dieser achtundzwanzig Nervenstränge, die vom Rückenmark ausgehen, bildete sich alles, was zum männlichen und weiblichen Organismus gehört.

Nun

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soll noch etwas angeführt werden, womit wir weit hineinleuchten werden in den Kosmos und die Zusammenhänge mit der Entwickelung des Menschen. Diese Kräfte formen die Gestalt des Menschen, aber der Mensch verhärtet nicht in ihr; es wird eine Gleichgewichtslage geschaffen zwischen Sonnen- und Mondenwirkung. Bei folgendem dürfen wir nicht denken, daß wir es zu tun haben mit irgendeiner Symbolik bloß, wir haben es mit realen Tatsachen zu tun.

Was ist der ursprüngliche Osiris, der unzerstückelte Osiris? Was ist der zerteilte Osiris? Was vorher noch eine Einheit war im Menschen, das ist jetzt zerstückelt in die achtundzwanzig Nerven. Wir haben gesehen, wie er in uns selbst zerstückelt liegt. Ohne das hätte niemals bewirkt werden können, daß die menschliche Gestalt entstanden ist. Was hat sich aber zunächst unter dem Einfluß von Sonne und Mond gebildet?

Zunächst entstand durch das Zusammenwirken aller der Nervenstränge nicht nur äußerlich Männliches und Weibliches, sondern auch im Inneren des Menschen entstand etwas durch den Einfluß des männlichen und weiblichen Prinzips. Es entstand die innerliche Isiswirkung, und diese innerliche Isiswirkung, das ist die Lunge. Die Lunge ist der Regulator der Einflüsse des Typhon oder Set.

Und das, was auf den Menschen von Osiris aus wirkt, das wirkt, indem es die weibliche Wirkung anregt, in männlicher Art so, daß produktiv gemacht wird die Lunge durch den Atem. Durch die Wirkungen, die ausgehen von Sonne und Mond, wird geregelt das männliche und weibliche Prinzip: in jedem Weiblichen ein Männliches - der Kehlkopf; in jedem Männlichen ein Weibliches - die Lunge.

Innerlich wirkt Isis und Osiris in jedem Menschen, in bezug auf seine höhere Natur. So ist jeder Mensch doppelgeschlechtlich, denn jeder Mensch hat Lunge und Kehlkopf. Jeder Mensch, ob Weib oder Mann, hat gleich viele Nerven.

Und nunmehr, nachdem sich auf diese Weise Isis und Osiris der niederen Natur entrissen haben, da haben sie den Sohn geboren, den Schöpfer des zukünftigen Erdenmenschen. Beide haben hervorgebracht den Horus. Isis und Osiris haben gezeugt das Kind, gehütet und gepflegt von der Isis: das menschliche Herz, gehütet und gepflegt von den Lungenflügeln der Mutter Isis.

Hier haben wir in der ägyptischen Vorstellung etwas,

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was uns zeigt, daß in diesen alten Mysterienschulen das, was höhere Natur des Menschen geworden war, als Männlich-Weibliches angesehen wurde: das, was der Inder als Brahma erkannte. Dem indischen Schüler, dem wurde schon im Urmenschen gezeigt, was später einmal als jene höhere Gestalt erscheint. Horus, das Kind wurde ihm gezeigt, und es wurde ihm gesagt: das alles ist entstanden durch den Urlaut, durch die Väc, den Urlaut, der sich differenziert in viele Laute. - Und das, was der indische Schüler erlebte, das ist uns erhalten geblieben in einem merkwürdigen Spruch im Rigveda. Eine Stelle steht darinnen, die heißt: Und es kommen über den Menschen die sieben von unten, die acht von oben, die neun von hinten, die zehn aus den Gründen des Felsengewölbes und die zehn aus dem Inneren, während die Mutter sorgt für das zu tränkende Kind.

Das ist eine merkwürdige Stelle. Stellen wir uns einmal diese Isis, die ich als Lunge schilderte, diesen Osiris, den ich geschildert habe als Atmungsapparat, vor, und denken wir das alles: wie da die Stimme hineinwirkt, sich differenziert als Kehllaute, Lungenlaute, wie sie in Buchstaben sich differenziert. Diese Buchstaben kommen von verschiedenen Seiten: sieben kommen von unten aus der Kehle und so weiter. Das eigentümliche Wirken von allem, was mit unserem Luftapparat zusammenhängt, ist darin niedergelegt. Wo der Laut sich differenziert und gliedert, da ist die höhere Mutter, die das Kind hegt und pflegt - die Mutter: die Lunge; das Kind: das unter allen den Einflüssen gebildete menschliche Herz, aus dem die Impulse kommen, die Stimme zu beseelen.

So zeigte sich für den Einzuweihenden das geheimnisvolle Wirken und Wehen im Inneren des Kosmos, so baute es sich auf im Laufe der Zeit. Und wir werden sehen, wie in dieses Gewebe sich die anderen Glieder des Menschen hineingebaut haben. So haben wir in dieser ägyptischen Geheimlehre auch ein Kapitel der okkulten Anatomie, wie sie getrieben wurde in einer ägyptischen Geheimschule, sofern man von kosmischen Kräften, von kosmischen Wesen und dem Zusammenhang mit dem physischen Leibe des Menschen gewußt hat.