Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 93 Grundelemente der Esoterik

30. Vortrag Berlin 4. November 1905

Entwicklung der Ernährungsformen.
Sozialismus des Westens (Produktion) und des Ostens (Konsumtion).

Heute sollen im Anschluß an den letzten Vortrag einige aphoristische Bemerkungen über die Entwickelung der verschiedenen Rassen folgen. Vorher aber soll auf einige Dinge aufmerksam gemacht werden, deren Gründe in nur wenigen Büchern angegeben sind.

Die sogenannten Ernährungsgesetze in den verschiedenen Kulturen scheinen zunächst sehr willkürlich zu sein. Sie sind es aber nicht, sie sind aus Wissen und Weisheit heraus geboren. Wir müssen aber streng Rücksicht darauf nehmen, daß unsere gegenwärtige Menschheit gar nicht imstande ist, solche Dinge befolgen zu können, wie wir sie heute besprechen wollen. Sie werden aber später gewisse Grundlagen abgeben für bestimmte Gesetze des sozialen Lebens. Also niemand darf glauben, daß man gleich Adept wird dadurch, daß man übergeht zum Vegetarismus und so weiter.

Es gibt eine gewisse Pflege der Heilkunde bei orientalischen Völkerschaften, die so betrieben wird, daß die betreffenden Ärzte vor allen Dingen auf die Ernährung ihres eigenen physischen Körpers das größte Gewicht legen. Da wo das alte spirituelle Leben noch besteht, gibt es Menschen, die in der alten Weise Heiler geworden sind dadurch, daß sie sich ausschließlich von Milch nähren. Sie sind sich klar darüber, daß, weil sie alles andere ausschließen, sie in sich dann physisch heilende Kräfte gewinnen, besonders zur Heilung von sogenannten Geisteskrankheiten. Sie haben ihre besonderen Verrichtungen. Sie wissen ganz genau, wenn sie bloß Milch genießen, daß sie dann bestimmte Kräfte entwickeln.

Wir wollen uns klarmachen, auf welcher Intuition das beruht. Diese tiefe Intuition können wir in folgender Weise verstehen. Wir wissen von einem bestimmten Hergang in der menschlichen Entwickelung.

In der Mitte der lemurischen Zeit spaltete sich das ursprünglich Menschliche in ein aufsteigendes Menschliches und ein Tierisches. Damit war verknüpft, daß die Kräfte, die die Erde hatte,

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als sie noch mit dem Monde vereint war, sich auch gespalten und ein Teil derselben mit dem Monde sich von der Erde getrennt haben.

Denken wir uns die Zeit, in der die Erde noch mit dem Monde vereint war. Da stand der Mensch auf einer ganz anderen Ent­wickelungsstufe. Er hatte damals schon das warme Blut, war aber noch nicht in zwei Geschlechter gespalten.

Mit der Abtrennung des Mondes hat man die Spaltung in zwei Geschlechter zu beobachten, so daß, wenn Sie heute nach dem Monde hinaufblicken, Sie sagen können: Daß du herausgegangen bist aus der Erde, hat bewirkt, daß sich die menschliche Produktionskraft in zwei Teile gespalten hat.

Es gab auch eine Zeit auf der Erde, in der die Menschheit unmittelbar verknüpft war mit dem Tierischen, eingesenkt in das Tierische und sich auch von dem Tierischen ernährte. Diese Art der Ernährung wird schwer verstanden werden von dem, der nicht hell­seherische Kräfte hat. Eine Vorstellung davon können wir uns aber bilden, wenn wir die regelmäßige Ernährungsweise der Säugetiere betrachten, die durch ihre eigene Milch ihre Jungen ernähren.

Mit der Spaltung der Produktionskraft trat auch diese Art der Ernährung auf. Früher konnten die Menschen den Nahrungsstoff aus der unmittelbaren Umgebung aufnehmen, so wie heute die Lunge die Luft aufnimmt. Der Mensch war damals durch Saugfäden verbunden mit der ganzen ihn umgebenden Natur, so ähnlich wie heute der menschliche Embryo im Leibe der Mutter ernährt wird. Das war die alte Ernährungsform auf der Erde.

Ein Rest davon ist das heutige Säugen der Säugetiere, und die Milch ist wie die Nahrung, die der Mensch in der vor-lemurischen Zeit genoß, sie ist die alte Götternahrung, die erste Form der Nahrung auf der Erde. Damals war eben die Natur der Erde so, daß diese Nahrung überall herausgesogen werden konnte. So ist die Milch ein Produkt aus der ersten menschlichen Ernährungsform. Als der Mensch im Physischen noch näher dem Göttlichen war, da sog er die Milch aus der Umgebung heraus. Die Okkultisten wissen, wie die Menschen zusammenhängen mit der Natur.

Der Milchgenuß ist eine uralte umgewandelte Ernährungsform. Die erste Nahrung war für den Menschen immer die Milch. In dem

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Ausspruch: Die Milch der frommen Denkungsart - ist diese mit Absicht so genannt.

Wir fragen, was hat das ursprünglich bewirkt, daß die Milch so, wie das damals war, aus der Umgebung herausgesogen wurde? Die Mondkräfte in der Erde haben das möglich gemacht; sie waren wie ein allgemeines Blut der ganzen Erde. Aber als der Mond heraustrat, konnten die Mondkräfte nur noch konzentriert werden auf besondere Organe in den Lebewesen.

Der Okkultist nennt die Milch: die Mondnahrung. Mondsöhne sind diejenigen, die sich von Milch nähren. Der Mond hat die Milch gereift. Es hat sich bewahrheitet, daß die orientalischen Heiler, die nur von Milch leben, die Urkräfte wieder aufnehmen, die auf der Erde waren, als die Milch noch in Strömen auf der Erde floß. Sie sagten sich: Das sind die Kräfte, die den Menschen ins Dasein riefen. Diese hervorbringenden Kräfte müssen auch gesundheitsbringend sein, also eignen wir uns die Macht an, Gesundheit zu fördern, wenn wir nur Milch genießen und alles andere ausschließen.

Versetzen wir uns in die vorlemurische Zeit. Da herrschte also der Zustand, daß die Milch äußerlich aus der Umgebung gesogen wurde. Dann kam ein Zustand, da die Milch allgemeine Menschennahrung wurde, und dann der Zustand, da die Muttermilch genossen wurde.

Vor der Zeit, in der die Milch allgemein aus der Natur gesogen wurde, da gab es eine Zeit, in der die Sonne noch mit der Erde verbunden war. Da bestand eine Sonnennahrung.

Ebenso wie die Milch vom Monde zurückgeblieben ist, sind auch Produkte zurück­geblieben, die von der Sonne gereift sind. Alles was von der Sonne durchscheint wird, Blüten und Früchte der Pflanzen, gehören zur Sonne. Sie waren früher dem Mittelpunkt der mit der Sonne verbundenen Erde zugeneigt. Sie steckten in der Sonne mit den Blüten.

Als sich die Erde von der Sonne trennte, blieben die Pflanzen bei ihrem alten Charakter: sie wendeten ihre Blüten nun wieder der Sonne zu. Der Mensch ist die umgekehrte Pflanze. Was an der Pflanze oberhalb der Erde wächst, verhält sich ebenso zur Sonne wie die Milch zum Monde, ist also Sonnennahrung. Es trat an die Stelle der bloßen Milchnahrung allmählich eine Art von Pflanzennahrung,

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und zwar von den oberen Teilen der Pflanze. Das war die zweite Art der menschlichen Ernährung.

So standen sich, als die lemurische Zeit zu Ende ging, zwei Geschlechter gegenüber:

Diese Tatsache wurde dargestellt in der Geschichte von Kain und Abel. Abel ist ein Hirte, Kain ein Ackerbauer; Abel [repräsentiert] das Mond- und Kain das Sonnengeschlecht.

Diese Allegorie ist etwas ganz Großartiges. Die Geheimlehre deutet das in etwas versteckter Weise an. Jenes göttliche Wesen, welches den Menschen die Möglichkeit gegeben hat, ein Mondenwesen zu sein, sich aus der umgewandelten Mondnahrung zu ernähren, nannte das jüdische Volk Jehova. Er war die nährende Naturkraft: die fließt dem Abel zu, er nimmt sie aus seinen Herden. Und es war ein Abfall von Jehova, als man zu der Sonnennahrung überging. Darum mochte Jehova das Opfer des Kain nicht, weil es das Opfer einer Sonnennahrung war.

Wenn wir zurückgehen in die ältesten Zeiten, so haben wir überhaupt keine andere Nahrung als die Milch, diejenige Nahrung, die der Mensch von den lebendigen Tieren gewinnt. Das ist die ursprüngliche Nahrung wie noch jetzt in den ersten Wochen, und der morgenländische Heiler bezieht den Spruch: «Wenn ihr nicht werdet wie die Kindlein, könnt ihr nicht in die Himmelreiche kommen», auf diese Ernährungsweise. Alle diese Dinge haben ihre Bedeutung.

Nun kommen wir von der lemurischen Zeit zu der atlantischen Zeit, zu den Völkern, die auf dem Gebiete des heutigen Atlantischen Ozeans wohnten. Bei den Atlantiern kommt etwas auf, was es früher nicht gab: Sie beginnen sich zuerst zu ernähren von dem, was nicht dem Leben entnommen ist, sie ernähren sich von dem Toten. Sie nehmen das in sich auf, was das Leben aufgegeben hat.

Das ist ein ganz wichtiger Übergang in der Menschheitsentwickelung. Dadurch, daß die Menschen sich nun von dem Toten ernährten, wurde es möglich, daß zum Egoismus der Übergang gewonnen wurde. Dieses Sich-Ernähren von dem Toten bedeutet den richtigen Zusammenhang

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mit der Ichsucht. Selbständig wird der Mensch dadurch, daß er das Tote aufnimmt.

Der Mensch nimmt nun das Tote in seinen ver­schiedenen Formen auf: Zunächst in den entstehenden Jägervölkern, die die Tiere töten.

Ferner kommen Völker auf, die nicht bloß das an der Sonne Gereifte, sondern das unter der Erde Gereifte zu sich nehmen. Das ist ein ebenso Totes wie das tote Tier. Alles was in des Tieres niederster Natur lebt, was mit Blut getränkt ist, hat sich abgewendet von der Mondkraft. Die Mondkraft ist noch in der Milch, die mit dem Lebensprozeß zusammenhängt. Der Mensch nimmt die absterbenden Teile auf, wenn er das Tote genießt.

Ebenso tot ist alles, was von der Pflanze unter der Erde wächst, was nicht durchwärmt und durchglüht ist von dem Lebensprinzip der Sonne. Es entspricht also die Wurzel demjenigen, was bei dem Tiere der mit Blut durchtränkte Körper ist.

Später kam dazu noch eine Nahrung, die es vorher gar nicht gegeben hat. Der Mensch setzte das bloß Mineralische seiner Speise zu, das was er der Erde entnahm, Salz und so weiter. So ging der Mensch in seiner Ernährung durch die drei Reiche. Dies ist ungefähr der Weg, den die atlantische Entwickelung hinsichtlich der Ernährung durchgemacht hat:

Alle diese Dinge stellen das Abgewendete von der eigentlichen Lebens- oder Produktionskraft dar. Was tot ist im Tier, ist vom Leben abgewendet. Was im Boden ist von der Pflanze, das ist auch vom Leben abgewendet. Alles Salz ist das Tote des Mineralreiches, das was als Rückstand verbleibt.

Nun kommen wir zu der fünften Menschenrasse. Es besteht fort der Milchtrinker neben dem Fruchtesser; die anderen Dinge kommen dazu als etwas Neues. Was in der fünften Wurzelrasse vorzugsweise zutage tritt, das ist das, was mineralisch zunächst gewonnen wird, das heißt durch einen chemischen Prozeß. In der Genesis wird dies angedeutet. Was ist das, was durch den chemischen Prozeß gewonnen wird?

Man steigt auf in der Entwickelung, man wendet die Chemie auf die Pflanzen, auf die Frucht an. Daraus entsteht der Wein. Den

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hat es in der Atlantis nicht gegeben. Daher wird in der Bibel gesagt, daß Noah, der Urvater der neuen nachsintflutlichen Rasse, zunächst berauscht wird durch den Wein. Durch einen mineralisch-chemischen Prozeß wird etwas hergestellt aus dem Pflanzenreich. Der Wein spielt dann in der ganzen fünften Wurzelrasse eine bestimmte Rolle. Alle Initiierten vom Anfang der fünften Wurzelrasse haben ihre Traditionen noch herübergenommen aus der Zeit der atlantischen Rasse, als es noch keinen Wein gab: Die indischen, persischen und ägyptischen Initiierten brauchten keinen Wein. Was bei den heiligen Handlungen eine Rolle spielte, war lediglich Wasser.

Mit der fünften Wurzelrasse kam also der Wein herauf, bei dem die mineralische Behandlung der Pflanze mitwirken muß. Die drei ersten Unterrassen waren Wiederholungen von Früherem. Die vierte Unterrasse entwickelte zuerst das Neue, was mit der fünften Wurzelrasse heraufgekommen war. Sie nahm eine gewisse Heiligkeit für den Wein in Anspruch. Daher treten Kulthandlungen auf, bei denen der Wein eine Rolle spielt (Dionysoskultur). Es entsteht sogar ein Weingott. Nach und nach hat sich das in der Menschheit vorbereitet.

Zunächst tritt die Weinkultur bei den Persern auf. Da ist der Wein aber noch etwas ganz Weltliches. Erst nach und nach findet er auch Eingang im Kultischen, im Dionysoskult. Die vierte Unterrasse ist diejenige, die zuerst das Christentum hervorbringt und auch diejenige, die siebenhundert Jahre vorher ihre Mission ankündigt durch die Dionysosspiele. Sie nehmen zunächst den Wein auf in den Kultus.

Diese Tatsache hat in wunderbarer Weise derjenige Evangelist dar­gestellt, der am meisten vom Christentum gewußt hat: Johannes. Er bespricht gleich anfangs die Verwandlung des Wassers in Wein, denn das Christentum ist zunächst für die vierte Unterrasse der fünften Wurzelrasse gekommen. Eine Lehre brauchte man, welche heiligt, was auf den physischen Plan herauskommen muß. Der Wein schneidet den Menschen von allem Spirituellen ab. Wer Wein genießt, kann nicht zum Spirituellen kommen. Er kann nichts wissen von Atma, Buddhi, Manas, von dem was bleibt, was sich wiederverkörpert. Das mußte sein.

Der ganze Gang der Menschheitsentwickelung ist ein absteigender und ein aufsteigender. Der Mensch mußte einmal

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bis zum tiefsten Punkt herabsteigen. Und damit er ganz auf den physischen Plan herunterkommt, darum tritt der Dionysoskult ein. Der menschliche Körper mußte präpariert werden zum Materialismus durch die Dionysoskultur, deshalb mußte eine Religion auftreten, die das Wasser in Wein verwandelt.

Früher herrschte strenges Weinverbot für die Priester; sie konnten Atma, Buddhi, Manas erfahren. Es mußte nun eine Religion geben, die ganz herunterführte auf den physischen Plan, sonst wären die Menschen nicht ganz heruntergestiegen. Diese Religion, die sie da herunterführte, mußte eine äußere Offenbarung haben, eine solche Offenbarung, daß abgesehen wird von Atma, Buddhl und Manas, von der Reinkarnation, und nur den Hinweis auf das Allgemeine hat.

Das nächste ist, daß der Wein wieder in Wasser verwandelt wird.

Wenn nicht früher das Wasser in Wein verwandelt worden wäre, so hätte der Mensch nicht alles aufgenommen, was unten im irdischen Tale ist. Im Beginne des Johannes-Evangeliums findet man nun [in der Schilderung der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Kana] dargestellt, wie Christus gerechnet hat mit demjenigen, was da war. Er rechnete aber auch mit der Zukunft dadurch, daß er seinerseits das Abendmahl einsetzt.

Dieses Abendmahl ist das größte Symbol Desjenigen, der seine Kulturströmung mit dieser vierten Unterrasse begonnen hat. Wenn er also der richtige «Menschensohn» war, der am tiefsten heruntergestiegen ist, um am kraft­vollsten wieder hinaufzuheben, dann mußte er sich halten an das, was da war und den Menschen zeigen, wie der physische Inhalt der Rasse mit seiner eigentlichen Sendung zusammenhängt. Sollte die Menschheit wieder aufwärtsgehen, so mußte sie ein Symbol haben, welches wiederum vom Toten zum Lebendigen hinführt: Brot und Wein.

Brot ist im okkulten Sinne dasjenige, was entsteht, wenn man die Pflanze erst getötet hat. Wein entsteht wiederum dadurch, daß man die Pflanze tötet, sie mineralisch behandelt. Wenn man das Pflanzliche bäckt, tut man dasselbe, wie wenn man das Tier tötet. Wenn wir dem Pflanzenreich Wein entnehmen, tun wir in gewissem Sinne dasselbe, wie wenn wir dem Tiere Blut abzapfen. Brot und Wein liegen da als Symbol der vierten Rasse.

Was sich in Zukunft

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entwickeln soli, ist ein weiterer Aufstieg von der Pflanzen- zur mineralischen Nahrung.
Brot und Wein müssen wieder geopfert, auf­gegeben werden. Insofern also Christus in der vierten Unterrasse erscheint, weist er hin auf Brot und Wein: «Dies ist mein Leib - dies ist mein Blut.» Damit wollte er einen Übergang schaffen von der Tiernahrung zur Pflanzennahrung, den Übergang zu etwas Höherem.

Es gab damals zwei Menschenklassen: Erstens die, die sich von Fleisch und Blut nährten; das sind die vorchristlichen Menschen, mit denen Christus gar nicht gerechnet hat. Zweitens diejenigen, die nur Pflanzen töten, der Pflanze das Blut abzapfen: die Wein trinken und Brot essen. Mit diesen rechnet er noch; sie sind die Vorboten derjenigen Menschheit, die in der Zukunft sein wird.

Die Bedeutung des Abendmahles ist die, von der Ernährung vom toten Tiere überzugehen zu der Ernährung von der toten Pflanze. Wenn unsere fünfte Unterrasse zu Ende gegangen sein wird, in der sechsten Unterrasse, da wird man das Abendmahl verstehen. Da wird kein Tierisches mehr genossen werden.

Bis dahin wird es möglich sein, daß auch die dritte Form der Ernährung eintreten wird, die rein mineralische. Der Mensch kann sich dann selbst die Nahrung schaffen. Er nimmt jetzt das auf, was die Götter für ihn geschaffen haben. Später steigt er auf und wird selbst im chemischen Laboratorium das zubereiten, was er an Nahrungsstoffen braucht.

So sehen Sie, daß alles aus tiefen Intuitionen heraus entsteht. Wenn wir bei den alten Orientalen allerlei Vorschriften finden darüber, was gegessen werden soll, so sind das eigentlich keine Gebote, sondern Erzählungen: Du sollst nicht verlangen, daß Stoffe anders wirken als sie wirken.

Dasjenige, was Christus nachher abtötet, was wirklich geopfert wird, nachdem er das Abendmahl genommen, das ist der physische Leib. Dieser stirbt. Der wird bei dem ganzen Menschengeschlecht sterben. Gegen die Mitte der sechsten Wurzelrasse, im letzten Drittel, wird es keinen physischen Leib mehr geben. Da wird der ganze Mensch wieder ätherisch sein. Er geht in die feinere Stofflichkeit über.

Dies wird aber nicht eintreten, wenn der Mensch es nicht selbst herbeiführt. Dazu muß er erst übergehen zu der Nahrung, die er

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im Laboratorium selbst zubereitet. So daß der Mensch in demselben Maße, in dem er seine Nahrung nicht mehr der Natur entnimmt, sondern der eigenen Weisheit, dem Gotte im Inneren, er auch der eigenen Vergottung entgegeneilt.

Wenn der Mensch anfangen wird, sich selbst zu ernähren, wird auch der Grund gelegt zu etwas Höherem, nämlich dazu, daß er sich selbst fortpflanzen kann. Er schafft allmählich ein Leben für sich aus der mineralischen Welt.

Das ist der große Gang der menschlichen Entwickelung. Was heute der Naturwissenschafter kennt, ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem großen Kreislauf.

Mit dem Saturn [d.h. der polarischen Hauptstufe] kommen wir in die mineralische Zeit hinein. In der atlantischen Zeit wird durch den Genuß des Toten dasjenige vorbereitet, was den Egoismus hervorbringt. Bis zur fünften Unterrasse, den Ursemiten, wird so ganz langsam das menschliche Ich aus­gebildet. In der sechsten Unterrasse der fünften Wurzelrasse [der slawischen Kulturepoche] wird dieses Ich wieder zu einer höheren Entwickelungsstufe kommen.

Das bedeutet, daß wir vor einem neuen sogenannten Wirbel des Daseins stehen. Der jetzige Wirbel hat begonnen in der Zeit, als die Ur­semiten den Grund zur jetzigen Wurzelrasse gelegt haben.

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Der ursemitischen Kultur verdanken wir alles, was bis jetzt war. Aber jetzt beginnt ein neuer Einschlag mit den slawischen Völkern, der in die Zukunft hineingeht. Es wird von einem Volke zugleich mit einem gewissen Bruch mit der Vergangenheit ein neuer Einschlag in

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die Welt gebracht. Das arbeitet sich als verborgene Spiritualität aus dem russischen Bauern heraus. Das bildet den zweiten Teil des kommenden Wirbels.

Gegenwärtig ist eine gewisse Kultur in der Zersetzung begriffen und ein Neues bereitet sich vor. Im Westen bereitet es sich vor und im Osten wird es sich ausleben. Aber das Alte muß das Neue anregen.

Überall, wo wir neue Ansätze haben in unserer Zeit, da ist alles keimhaft, klobig, ungeschickt. Das Alte dagegen ist ausziseliert, hat aber den Charakter der Kritik, der Zersetzung. Aus dem semitischen Zweige werden die Träger der alten Kultur geboren, die die Träger dessen sind, was sich in den Wirbel hineinwirbelt.

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Sie haben alle etwas Semitisches an sich. Beispiele: Lassalle, Marx. Das wirbelt sich nun hinein. Eine Fortsetzung von da ist nicht mög­lich. Es muß nun ein Sprung gemacht werden, wie von einem Ufer zum anderen, zur Spiritualität der künftigen Kultur des Ostens. Das ist ein völlig neuer Ansatz.

Das Künftige ist zunächst klobig und natürlich infiziert vom Alten. Haeckel ist ein Mensch, der mitten im Strome darinnen schwimmt und von beiden Wirbeln mitgerissen wird. Der erste Teil in Haeckels «Welträtsel» ist positive, elementare Theosophie; der zweite Teil ist negativ, alles vernichtend; das ist ein Wirbel.

Man kann die Gegensätze auch beobachten im Sozialismus des Ostens und des Westens.

Wer sozial regelt, was hervorgebracht wird, rechnet mit der Habsucht, dem Egoismus. Wer die Konsumtion regelt, sieht auf das, was die anderen von ihm haben wollen; er sieht auf seine Mitmenschen, rechnet mit der Brüderlichkeit. Der Sozialismus der Produktion - Marx, Lassalle - sieht auf den Arbeiter nur, insofern er Produzent ist. Im Osten wird die Konsumtion in den Vordergrund gestellt, zum Beispiel bei Krapotkin, Bakunin, Herzen.

Sie können die Dinge aufeinanderplatzen sehen, wenn Sie Krapotkin verfolgen. Er hat gleich verstanden das Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung bei den Tieren. Der Sozialismus des Westens ist ganz auf Kampf gebaut. So greifen die Strömungen der Weltenentwickelung ineinander.