Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 102 Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen

5. Vortrag Berlin, 16. März 1908

Evolution von Mensch und Erde in der polarischen, hyperboräischen, lemurischen und atlantischen Zeit.

Das letzte Mal besprachen wir in großen Zügen das Werden des Menschen im Zusammenhange mit dem Werden, mit der Entwickelung des Kosmos. Man kann diese Dinge von den allerverschiedensten Gesichtspunkten aus betrachten. Denn wenn wir so den geistig geschärften Blick zurückschweifen lassen in Zeiten urferner Vergangenheit, dann stellt sich uns eine nicht minder reiche Mannigfaltigkeit des Geschehens dar als in unserer unmittelbaren Gegenwart; und man darf nicht glauben, wenn man mit einigen Begriffen und Vorstellungen das Geschehen, die Entwickelung charakterisiert hat, daß man dann schon die Sache völlig begriffen, völlig dargestellt hätte. Es ist vielmehr notwendig, daß man auch diese Zeiten urferner Vergangenheit bis in unsere Gegenwart hinein von den verschiedensten Gesichtspunkten aus charakterisiert. Man wird dann immer klarer und klarer darüber.

Man muß sich nur nicht verführen lassen durch scheinbare Widersprüche, die man da und dort finden könnte. Diese scheinbaren Widersprüche rühren davon her, daß man auch geistig eine Sache von den verschiedensten Gesichtspunkten aus anschauen kann. Man kann zum Beispiel um einen Baum herumgehen und von den verschiedensten Seiten ein Bild des Baumes entwerfen. Jedes Bild ist dann wahr. Es können hundert sein. Natürlich ist das nur ein Vergleich; aber in gewisser Beziehung ist es durchaus richtig, daß wir auch die Zeiten unseres Erdgeschehens von den verschiedensten Gesichtspunkten aus betrachten. Heute wollen wir unsere Erdentwickelung im Zusammenhange mit unserer Menschheitsentwickelung von einem anderen Punkt aus be­trachten, und wir wollen dabei mehr Rücksicht nehmen auf den Menschen selbst. Wir wollen die Vorgänge schildern, die sich in dem, was man «Akasha-Chronik» nennt, dem rückwärts blickenden hellseherischen Auge darstellen.

Wir haben schon öfter wiederholt, daß unsere Erde, bevor sie Erde geworden ist, durch eine Reihe von Verkörperungen hindurchgegangen

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ist. Es ging voran die Saturnzeit, die Sonnenzeit, die Mondenzeit; dann erst kommt unsere eigentliche Erdenzeit. Wenn wir noch einmal ganz kurz einen Blick zurückwerfen auf die Zeit des alten Saturn, so erinnern wir uns, daß gesagt worden ist, daß von denjenigen Elementen und körperlichen Zuständen, die heute auf der Erde sind, den festen oder erdigen, den flüssigen oder wäßrigen, den luftförmigen und den feurigen, auf dem alten Saturn nur das Feuer, die Wärme vorhanden war.

Wir stellen uns ganz richtig vor, wie diese erste Verkörperung der Erde war, wenn wir folgendes betrachten: Der Saturn hatte noch nicht die Gase in sich, noch keine wäßrigen Bestandteile, geschweige denn irgend etwas Erdiges. Wenn Sie den alten Saturn sozusagen besucht hätten - falls Sie damals schon ein Mensch hätten sein können wie heute -, so würden Sie, wenn Sie sich dem alten Saturn genähert hätten, nichts von harter, von irgendwie flüssiger oder sonstiger Materie gefunden haben, sondern eine Kugel, die lediglich aus Wärme bestanden hätte. Wie in einen Backofen wären Sie hineingegangen. Sie hätten ihn dadurch empfunden, daß Sie in eine andere Wärmeregion hineingekommen wären. Also lediglich aus Feuer oder Wärme bestand der alte Saturn.

Die Sonne, die die zweite Verkörperung unserer Erde war, zeigte schon die Wärme in einer solchen Verdichtung, daß wir von einem gas- oder luftförmigen Zustande sprechen. Der Mondzustand zeigte dann in seiner früheren Zeit einen wäßrigen Zustand unserer Sub­stanzen; und auch darauf habe ich Sie schon aufmerksam gemacht, daß aus dem alten Monde ein Teil seiner Substanz, die Sonnensubstanz, herausging, und als sie herausgegangen war, trat plötzlich eine mächtige Verdichtung aller Mondwesen ein.

Für uns ist heute die Hauptsache die, daß wir uns noch einmal ganz klar zum Bewußtsein bringen, daß in jedem späteren Entwickelungszustand die früheren in einer gewissen Weise wiederholt werden müssen. So haben wir, wenn wir in der Entwickelung unserer Erde selbst zurückblicken, im Anfange derselben eine Art Saturnentwickelung, nämlich eine Wiederholung des Saturnzustandes; dann haben wir eine Art Sonnenentwickelung, eine Wiederholung des Sonnenzustandes, dann eine Art Mondenentwickelung, eine Wiederholung des Mondenzustandes;

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und dann beginnt eigentlich erst wirklich die jetzige Verkörperung unserer Erdenentwickelung.


Als unsere Erde aus dem Pra­layazustand, aus dem Dämmerungszustand herauskam, durch den sie hindurchgegangen war, nachdem sie Mond gewesen war, da war auch unsere Erde wiederum nur eine Feuerkugel. Ich habe es Ihnen ja beschrieben, wie sich die anderen Planeten losgelöst haben. Wir halten zunächst daran fest, daß die Erde eine bloß feurige, bloß Wärmesubstanz in sich enthaltende Kugel war. Innerhalb dieser Wärmekugel, die aus Feuer bestand, war auch der Mensch schon veranlagt.

Wie auf dem Saturn die erste Anlage des Menschen vorhanden war, so ist jetzt bei der Wiederholung des Saturnzustandes auf der Erde auch wieder der Mensch vorhanden. Es gab keine anderen Reiche. Der Mensch ist der Erstgeborene des Erdenzustandes. Kein Pflanzenreich, kein Tierreich, kein Mineralreich ist am Anfang unserer Erdenentwickelung vorhanden, so daß auch unsere Erde im Grunde genommen im Beginne ihrer Entwickelung nur aus Menschenleibern zusammengesetzt war.

Ja, was ist aber nun für ein Unterschied zwischen dem alten Saturnzustand und dem jetzigen Erdenzustand, der den alten Saturnzustand wiederholt? Es ist eben ein erheblicher Unterschied! Er besteht darin, daß die Menschenleiber - die jetzt herauskommen, wie die frischen Pflanzen sich aus den Keimen entfalten - die drei früheren Entwickelungsstufen durchgemacht haben.

Sie sind wesentlich mannigfaltiger, komplizierter gestaltet; denn alle die Kräfte, die im Saturn gewirkt haben, sind in diesem ersten Erdenzustand vorhanden. Auch die alte Sonne und der alte Mond sind darinnen. Die haben sich im Anfange der Erdenentwickelung vereinigt, und sind alle wieder zu einem Körper geworden. Saturn-, Sonnen- und Mondkräfte wirken in ihm zusammen.

Daher ist dieses erste Menschenwesen im Beginne der Erdenentwickelung schon viel, viel komplizierter als das alte Saturn-Menschenwesen. Im Saturn war alles undifferenziert, da war alles noch Saturnmensch. Jetzt wirken in der neu entstandenen Erde Saturn, Sonne und Mond zusammen; der Erdenmensch entstand in seiner ersten, sehr komplizierten Anlage.

Damals, als die Erde auftauchte, sich sozusagen aus dem Dunkel des Weltenraumes heraushob als ein wärmedurchglühter Raum, da lebten

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in diesem wärmedurchglühten Raum die ersten Menschenformen selbst als Wärmewesen. Wenn Sie mit dem hellseherischen Auge zurückblicken auf das, was damals vom Menschen vorhanden war, so finden Sie zuerst diese erste Menschenanlage so, als wenn die ganze Wärmesphäre viele, viele Strömungen in sich hätte.

Diese Strömungen gehen gegen die Oberfläche der Erde - also der neu aufgegangenen Erde - zu, senken sich in diese Oberfläche hinein und bilden dort wärmere Massen, als die Umgebung ist. Es unterscheidet sich das Menschenwesen von seiner Umgebung lediglich dadurch, daß man fühlt: gewisse Räume sind wärmer.

Nun mache ich Ihnen am leichtesten klar, was damals vom Menschen vorhanden war, wenn ich Ihnen unter den menschlichen Organen das aufzeichne, was damals in der ersten Anlage sich gebildet hat.

Denken Sie sich ein eben geborenes Kind, bei dem oben auf dem Kopfe noch eine ganz weiche Stelle ist. Diese Stelle denken Sie sich ganz offen, und denken Sie sich von außen in diese Öffnung einen Wärmestrom hineingehend. Denken Sie sich diesen Wärmestrom nicht dicht materiell in Blutströmen, sondern in Kraftströmen, und hinuntergehend und eine Art Zentrum bildend da, wo jetzt Ihr eigenes Herz ist, und in einzelnen Adern sich verlaufend, aber Kraftadern, nicht Blutadern. Da haben Sie die erste Wärme-Menschenanlage.

Aus dieser Wärme-Menschenanlage ist später in weitergehender Entwickelung das menschliche Herz mit seinen Blutgefäßen, es ist die Blutzirkulation daraus geworden.

Und das Organ, welches lange in der Menschheitsentwickelung vorhanden war, das dann verschwunden ist, das war ein leuchtendes Wärmeorgan, das damals ebenfalls in der ersten Anlage vorhanden war. Noch viel später in der Entwickelung der Erde hatte der Mensch ein solches Organ.

An der Stelle, wo oben beim Kinde der Kopf weich bleibt, ist sozusagen der Ort bezeichnet, wo eine Art von Wärmeorgan vom Menschen herausging, als der Mensch noch nicht in seiner Umgebung sehen konnte. Als er noch Meeresmensch war, als er noch nicht auf die heutige Art wahrnehmen konnte, als er noch im Meere herumschwamm, da mußte er vor allen Dingen wissen, wie die Temperaturzustände sind, ob er sich nach einer Richtung hinbewegen durfte oder nicht. Mit diesem laternenartigen Organ konnte er wahrnehmen, ob er sich da oder dort hinbegeben durfte.

Dieses Organ hatte

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der Mensch noch im dritten Zeitraume, der lemurischen Zeit. Ich habe Ihnen schon einmal angedeutet, daß die Sage von den Zyklopen - der Menschen mit dem einen Auge - zurückgeht auf diese Menschenaugenform. Es ist kein eigentliches Auge, und wenn es als Auge beschrieben wird, so ist das nicht richtig. Es ist eine Art von Wärmeorgan, und dieses weist dahin, wo er hingehen darf.

So würden wir so etwas wie ein becherförmiges Organ haben, das sich nach unten ausweitet zur ersten Anlage des Herzens, und das umgeben war von einer Art von Fangarmen, so daß man oben eine Art von Blüte hatte. So war dieses Organ in der ersten Zeit.


Nun trat im Laufe der Erdenzeit etwas ein, was sehr wichtig ist: Es differenzierte sich die Materie, der Stoff. Die einheitliche Wärmematerie differenzierte sich, so daß Luftmaterie entstand, während ein Teil der früheren Wärmematerie als Wärmematerie geblieben ist.

Dabei müssen Sie aber ein Gesetz beachten, und es ist notwendig, daß Sie es sich recht klar machen, wenn Sie diese Menschenteile im Verlauf der Entwickelung betrachten wollen: Überall da, wo sich die Wärmematerie verdichtet, so daß sie Luft wird, entsteht gleichzeitig Licht. Wärmematerie ist noch finstere Materie, wird nicht von Licht durchsetzt. Wenn aber in solcher Weltensphäre ein Teil dieser Wärme sich verdichtet zu Gas oder Luft, dann kann ein Teil dieser Materie das Licht durchlassen. Und so war es.

Jetzt haben wir die Erde im zweiten Zustande ihrer Entwickelung. Parallel damit gehen alle anderen Aspekte. Wir haben jetzt eine Erde, die teilweise aus Wärme besteht, teilweise aus Luft, und die innerlich leuchtend ist. Und in der Tat, das alles drückt sich jetzt auch aus in der Menschenentwickelung, in der menschlichen Bildung. Dasjenige, was früher bloße Anlage war als Wärmeorgan, das fängt in der Tat an zu leuchten. Der Mensch ist wie eine Art Laterne, er leuchtet.

Vor einigen Jahrzehnten hätte man sich noch darüber wundern können, daß es leuchtende Wesen gibt. Heute braucht man sich nicht mehr zu wundern; denn heute weiß bereits die Naturwissenschaft, daß es tief im Meeresgrunde, wo gar keine Lichtstrahlen mehr hindringen, Wesen gibt, die leuchten, die selbst ihr Licht verbreiten. So fing der Mensch damals an aufzuleuchten.


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Nun zeigte sich an dieser menschlichen Bildung etwas höchst eigentümliches: Es setzte sich die erste Anlage an - nach und nach ent­wickelte sie sich dann weiter -, um die Luft, die da war, auch zu verwerten, es bildete sich der Anfang eines Atmungsprozesses heraus. So sehen wir also zu dem vorhergehenden Wärmeprozeß eine Art Atmungsprozeß hinzugefügt.

Das ist sehr wichtig, daß wir uns klar darüber werden, daß mit der Einlagerung von Luft in die Erde der Atmungsprozeß eintritt, der ja in nichts anderem besteht, als daß sich an die Wärmematerie Luft ansetzt, daß sie von Luftbläschen durchdrungen wird. Das ist die Wirkung der Luft.

Aber es ist das noch mit etwas anderem verknüpft; denn die Wirkung des Lichtes ist auch da, und die zeigt sich darin, daß sich die ersten Ansätze zum Nervensystem, und zwar zum inneren Nervensystem bilden. Wohlgemerkt, nicht ein physisch ausgeprägtes Nervensystem, sondern das ganze sind mehr Kraftlinien, die bis zu einer Verdichtung gediehen sind. Sie müssen denken, daß das Ganze gasförmig ist, und nur ganz feine Luftströmungen wie Kraftlinien darin vorhanden sein können.

Wir haben also jetzt eine Menschenanlage, die in aller Feinheit ganz ätherisch, noch ein Wärmewesen, ein Luftwesen ist, und ein Wesen, in dem die ersten Anlagen des Nervensystems sich zeigen. Wenn Sie ein wenig nachdenken darüber, dann wird Ihnen klar sein, daß das der Zustand unserer Erdenentwickelung ist, wo die Sonne noch in der Erde darinnen ist. Natürlich ist die Sonne noch darinnen!

Denken Sie sich, wie dieser Weltenkörper sich ausnähme im Weltenraum, wenn jemand von außen zu diesem Weltenkörper hinübersähe. Alle diese Wesen, die wir eben beschrieben haben als erste Menschenwesen, strahlen einzeln Licht aus, und dieses Licht wird das Gesamtlicht, das in den Weltenraum hinausströmt. Sie sehen, daß Sie es wirklich zu tun haben mit einer Sonne, die in den Weltenraum hinausleuchtet. Wenn Sie den Saturnzustand hätten prüfen können, würden Sie gefunden haben, daß Sie sich ihm hätten nähern können, ohne ihn zu sehen; nur durch Wärme machte er sich bemerkbar. Nun haben Sie es aber mit einem innerlich erwärmten, aber sein Licht nach außen in den Weltenraum schickenden Sonnenkörper zu tun.


Jetzt kommt nach und nach die Zeit, die ich Ihnen charakterisiert

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habe als den Hinausgang der Sonne. Alle höheren Wesen, die mit der Sonne verknüpft waren und die den Menschen die Fähigkeiten gaben, die wir eben besprochen haben, alle diese Wesenheiten mit den feineren Substanzen trennten sich. Die Sonne ging hinaus. Sie schien noch nicht, sie verbreitete noch kein Licht; sie ging hinaus aus der Erde.

Nun haben wir einen Weltenkörper in diesem Entwickelungszustande unserer Erde, der aus Erde und Mond besteht, denn der heutige Mond war dazumal noch in der Erde drinnen. Jetzt geschieht etwas höchst Merkwürdiges. Dadurch, daß alle feineren Kräfte mit der Sonne hinausgegangen sind, geschieht eine - verhältnismäßig natürlich - sehr rasch erfolgende Verdichtung. Was früher nur Kraftlinien waren, zeigt jetzt schon eine sehr dichte Gestalt.

Und wie die feineren Substanzen fortgehen, sehen wir, wie sich der gasförmige Zustand verdichtet zu Wasser. Das Ganze besteht jetzt nicht nur aus Feuer und Luft, sondern auch aus Wasser. Die Leuchtkraft ist fortgegangen mit der hinausziehenden Sonne. Dunkel ist es wieder geworden auf der Erde; nur einen Teil der Leuchtkraft haben sich die Wesen innerlich behalten.

Es ist dies ein interessanter Zustand der Menschheitsentwickelung. Ich habe Ihnen gesagt, daß durch das Licht die Anlage zum Nerven­system entstand. Dieses Nervensystem ist ein Geschöpf des Lichtes. In allen Ihren Nerven haben Sie nichts anderes als die ursprünglichen Einstrahlungen des Lichtes.

Jetzt geht das Licht, die Sonne, hinaus in den Weltenraum. Dadurch verdichtet sich sehr rasch die Masse. Sie wird zwar noch nicht gleich eine solche Nervenmasse, wie sie heute ist, aber sie wird dichter als früher, sie ist nicht mehr bloß eine feine ätherische Masse.

Und was das Wesentliche ist: früher war sie nach außen leuchtend, jetzt wird sie nach innen leuchtend. Das heißt, dieses erste Nervensystem des Menschen hat die Fähigkeit, innerliche Lichtbilder zu erzeugen: Visionen, hellseherisches Bewußtsein tritt auf.

So geht also die Sonne heraus aus der Erde, läßt sozusagen die Erde ohne Licht. Aber die Wesen erzeugen sich ein innerliches Licht. Früher waren sie so, daß sie sich das Licht von außen gegenseitig zuschienen. Jetzt verloren sie die Fähigkeit, zu leuchten. Die Erde war nicht mehr Sonne, aber innerlich wurde der Bewußtseinsraum erleuchtet, wie wenn Sie heute Ihren Bewußtseinsraum im Schlafe durchleuchten mit der

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ganzen Traumwelt. Nur unendlich bedeutender, viel lebendiger wurde dieser ganze Bewußtseinsraum durchleuchtet in dieser Zeit.


Und nun kommen wir wiederum an eine wichtige Sache. Ebenso wie mit der Entstehung der Luft das Licht entstanden ist, so entstand jetzt mit der Verdichtung der Luft zum Wasser ein Gegenbild. Wie sich nämlich die Luft zum Licht verhält, so verhält sich das Wasser zum Schall, zum Ton. Natürlich kann der Ton durch die Luft gehen und versetzt die Luft in Schwingungen; dadurch ist er hörbar. Aber entstanden, aufgetreten auf der Erde ist der Ton - als ein Ton für sich - neben der Wasserbildung.

Und genau ebenso wie die Luft durch­strömt worden ist von der Lichtwirkung, so wird jetzt das ganze Wasser, zu dem sich die Luft verdichtet hat - wir haben ja jetzt die Erde bestehend aus Wärme, Luft und Wasser - ganz und gar durchvibriert von Tonstrahlen. Es ist jetzt unsere Erde gerade am meisten durchsetzt in denjenigen Teilen, wo sie wäßrig geworden ist, von Sphärenharmonien, von Tönen, die so aus dem Weltenraum in allen möglichen Tonharmonien in unsere Erde hineinströmen; und das Ergebnis dieser Tonwirkungen im Wasser ist ein sehr, sehr wichtiges. Sie müssen sich da natürlich vorstellen, daß in diesem ursprünglichen Wasser, in diesem flüssigen Erdenwasser alle die Substanzen enthalten waren, die heute abgeschieden sind als Metalle, Mineralien und so weiter.

Ganz besonders ist es interessant, den geistigen Blick hinzurichten auf diese alte Zeit, zu sehen, wie sich die verschiedensten Formen aus dem Wasser herausbilden, indem der Ton im Wasser Gestalten schafft. Der Ton schafft im Wasser Gestalten. Es ist eine ganz wunderbare Zeit unserer Erdentwickelung.

Es ist damals im größten Maße in der Erdentwickelung so etwas geschehen, wie wenn Sie auf eine Metallplatte feinen Staub aufstreuen und mit einem Violinbogen die Platte streichen; da entstehen die Chladnischen Klangfiguren. Sie wissen ja, welche regelmäßigen Figuren da entstehen. So bildeten sich durch die aus dem Weltenraum hineinströmende Musik die mannigfaltigsten Gestalten und Figuren, und die Stoffe, die im Wasser gelöst waren, die selber wäßrig waren, sie gehorchten der Weltenmusik und ordneten sich nach der Weltenmusik.

Und die wichtigste Bildung des Tanzes der Stoffe nach der Weltenmusik ist das Eiweiß, das Protoplasma, wie es die

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Grundlage ist aller lebendigen Bildung.
Lassen Sie die Materialisten nachdenken, so viel sie wollen, über die mechanische Zusammenfügung von Eiweiß aus Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und so weiter. Das ursprüngliche Protoplasma, Eiweiß, hat sich gebildet aus dem Weltenstoffe, der sich gebildet hat aus den Harmonien der Weltenmusik. Und so sind die Stoffe im Lebendigen angeordnet im Sinne der Weltenmusik.

So gliedert sich jetzt um die feinen Gebilde herum und namentlich in sie ein jener eiweißförmige Stoff, jenes Protoplasma, das alles durchdringt. Längs jener Linien, die ich Ihnen beschrieben habe als Wärmelinien, läuft das nach dem Weltenton zu Eiweiß koagulierte Wasser und geht allmählich in Blutbildung über. In den Nervenlinien setzt sich das koagulierte Wasser als die Eiweißbildung ein. Und zuerst bildete sich das Eiweiß so wie eine Art Hülle, wie eine knorpelige Leimsubstanz möchte man sagen, damit ein Schutz da ist gegen außen. Das alles bildete sich wirklich nach dem Tanz der Stoffe in Gemäßheit der Spärenmusik.

Dies alles war da, bevor es eine einzige Zelle gab. Die Zelle ist nicht das Ursprüngliche des Organismus, sondern das, was ich Ihnen jetzt beschrieben habe, das Geistige, ist das Ursprüngliche des Organismus, zuerst vorhanden als Wärmewesen, dann angedeutet mehr in Kraftlinien, dann sich einlagernd in diese Kraftlinien das, was aus der Sphärenharmonie entstanden ist durch Anordnung der Stoffe; und verhältnismäßig spät, als letzte der Bildungen, entstand erst die Zelle.

Die Zelle als letzte Absonderung mußte schon von einem Lebewesen geboren werden. Niemals ist es so gewesen, daß sich Organismen aus Zellen herausgebildet haben, sondern die Zelle hat sich erst aus Lebendigem gebildet. Das Anatomische ist immer erst eine Folge des Zusammengesetzten.

Das alles haben wir im Anfange jenes Zustandes, wo noch der Mond in der Erde und die Sonne schon draußen war.

Aber solange der Mond in der Erde drinnen blieb, geschah eine immer stärkere Verhärtung dieser Eiweißbildung, und es wäre endlich so weit gekommen, wie ich es Ihnen als Mumifizierung beschrieben habe, wenn nicht die gröbsten Substanzen und die gröbsten Wesen hinausgegangen wären aus der Erde.

Das letzte, was sich noch herausgebildet hat aus der Menschenwesenheit

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in dieser Zeit, das waren diejenigen Nerven, die zu den Sinnesorganen hingehen. Aber die Sinnesorgane waren noch nicht geöffnet.
Sie waren gebildet worden von innen heraus, aber sie waren noch nicht geöffnet.


Und jetzt geht also der Mond mit den gröbsten Substanzen heraus. Die Folge dieser Entwickelungsstufe ist, daß der Mensch allmählich übergehen kann zu einem höheren Zustand dadurch, daß seine Sinne geöffnet werden, daß sozusagen die beiden Körper, die jetzt draußen sind [Sonne und Mond], sich von außen gegenseitig die Waage halten. Während sie, solange sie mit der Erde verbunden waren, den Menschen aufgebaut haben, wirken sie jetzt von außen ein, öffnen sie ihm jetzt seine Sinne und machen ihn zu dem sehenden und hörenden Wesen, als das er uns heute erscheint.

Dieses Hinausgehen des Mondes geschieht etwa um die Mitte der alten lemurischen Zeit. Da haben wir einen Menschen, dessen Sinnesorgane noch nicht geöffnet sind, der aber eine mächtige hellseherische Begabung hat. Ich habe sie Ihnen beschrieben: er kann seinen Bewußtseinsraum ausfüllen mit den verschiedensten Farben- und Wärmeerscheinungen von innen heraus, die alle realen Wert haben und etwas bedeuten; aber er nimmt noch nicht die Gegenstände im Raume wahr. Dies beginnt erst, nachdem der Mond die Erde verlassen hat.

Wenn Sie diese kurze Skizze, die ich Ihnen jetzt von der alten Erdenentwickelung gegeben habe, ins Auge fassen, so werden Sie sehen, daß der Mensch, wie er heute als Erdenwesen ist, eigentlich seinen Ausgangspunkt genommen hat vom Herzen aus. Natürlich war das Herz nicht als ein solches Organ da, wie es heute ist. Das hat sich erst viel später entwickelt; aber die Anlage zum Herzen ist aus dem Feuer entstanden.

Dann kam, aus der Luft heraus geboren, das Atmungssystem hinzu, und aus dem Licht heraus geboren das Nervensystem. Dann kam das, was sich in die Organe als Protoplasmamasse eingliederte, das das Ganze erst zur lebendigen Materie gestaltet hat dadurch, daß die Welttöne die wäßrigen Substanzen koagulierten.

In der letzten Zeit der Erdenentwickelung, als die Erde noch mit der Mondensubstanz zusammen war, geschah die Verdichtung zum erdigen Zustande; und erst kurz bevor der Mond herausging, war das entstanden, was man heute gewöhnlich das Mineralreich nennt, da entstand das Erdige aus

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dem Flüssigen heraus.

Das Eiweiß ist ja ein Zustand zwischen dem Festen und Flüssigen mitten drinnen. Aber das Erdige, das Feste ist eigentlich erst in der letzten Zeit entstanden. Wodurch? Es ist entstanden dadurch, daß unter dem Einflusse der Verdichtung - denn alles war ja ein fortwährender Verdichtungsprozeß - die Elemente selbst immer materieller und materieller geworden sind.

Denken Sie einmal an den Beginn der Erdentwickelung. Was hat da die Wärmematerie getan? Sie hat Ihnen das gegeben für Ihre Leiblichkeit, was jetzt in Ihrem Blute pulsiert. Das war nicht dieselbe Wärme wie früher. Sie dürfen nicht glauben, wenn wir von dem ersten Wärmezustand der Erde sprechen, daß wir so von einer Wärme sprechen, wie sie entsteht, wenn Sie ein Zündhölzchen anzünden. Das ist mineralisches Feuer und mineralische Wärme. Wir sprechen von jenem Feuer, von jener Wärme, die in Ihrem Blute pulsiert; das ist lebendige Wärme.

Es gibt tatsächlich nicht nur die mineralische Wärme, die draußen im Raume entsteht, sondern es ist eine ganz andere, eine lebendige Wärme, die Sie in sich selber haben. Die war im Beginne der Erde vorhanden, und aus ihr bildete sich die erste menschliche Anlage heraus. Aber mit der fortdauernden Verdichtung ist auch diese lebendige Wärme allmählich leblose Wärme geworden. Dies hing auch zusammen mit jenem Verdichtungsprozeß, der sich vollzog, als die Sonne herausging und der Mond mit der Erde verbunden war. Und diese Wärme, die die mineralische Wärme war, tritt zunächst auf als Verbrennungsprozeß.

Hier kommen wir zu einer wichtigen Sache, die ich sehr zu beachten bitte. Wir können zwar im Anfange von einem Wärmezustand, von einem Feuerzustand reden; von einer eigentlichen Verbrennung sollten wir aber nicht reden. Das ist nicht das Richtige. Wir sollten von nichts anderem reden als von dem, was wir in unserem eigenen Blute heute warm pulsieren fühlen.

Wärme, die entsteht durch eine äußerliche mineralische Verbrennung, trat erst auf, nachdem die Sonne herausgegangen und die Erde mit dem Monde allein geblieben war. Und durch diese Verbrennung, die früher gar nicht vorhanden war, sonderten sich die Stoffe innerhalb der Erdenmasse ab, die man im Okkultismus als «Asche» bezeichnet. Wenn Sie irgend etwas verbrennen, entsteht Asche. Die Asche lagerte sich der Erdenbildung ein, als die

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Erde mit dem Monde allein war.


Wir sind so weit gekommen, daß durch den Weltenton, der hereindrang und die Stoffe zum Tanze zwang, sich die Protoplasmamassen eingegliedert haben. Wir haben Wesen, wo sich nach den Kraftlinien früher feine Protoplasmamassen angeordnet haben, in der äußeren Bildung dem ähnlich, wie die Bildung im heutigen Eiweiß ist. Wir haben auch dichtere Massen, die wie zum Schutze da sind, die wie eine Art Leimhülle die betreffenden Wesen umgeben.

Was fehlt in diesen Wesen? Die harte Knochenmasse! Wenn ich mich populär ausdrücken darf: Es ist alles noch eine mehr leimartige Masse, und das, was überhaupt mineralisch ist, fehlt ganz und gar in den Wesen bis zu der Zeit, die ich Ihnen jetzt beschrieben habe.

Nun müssen Sie sich denken, wie anders diese Wesen waren. Heute haben Sie nichts in Ihrem physischen Körper, das nicht zugleich durchdrungen wäre von der mineralischen Substanz. Der Menschenleib, wie er heute ist, ist also erst verhältnismäßig spät entstanden. Heute besteht der Menschenleib nicht nur aus Knochen, sondern auch aus Muskeln und Blut; allem ist diese mineralische Masse eingegliedert.

Denken Sie sich die mineralische Masse fort, die ganze Erde mit ihren Wesen noch ohne mineralische Masse. Dann entsteht durch einen Ver­brennungsprozeß die Einlagerung von mineralischer Asche, Asche der verschiedensten Mineralien. In die Menschen, die es eigentlich bisher nur bis zur leimartigen Dichte gebracht hatten, lagerten sich also nach allen Seiten Aschenbestandteile ein. Und die Wesen nehmen die Asche auf wie früher das Eiweiß und gliedern sie sich in ihrer Weise ein, nehmen das Mineralische auf vom dicken Knochen bis zum flüssigen Blute.

Sie können sich leicht eine Vorstellung machen, was sich da eingelagert hat: Alles, was als Asche zurückbleibt, wenn der Leib verbrannt wird oder verwest. Was wirklich als Asche zurückbleibt, ist das, was am allerletzten entstanden ist. Alles an Ihnen, was nicht als Asche zurückbleibt, war vorher da; das hat sich diese Asche erst eingegliedert. Der Mensch, der mit sehendem Auge auf diese Asche hinblickt, die aus einem verwesenden Leichnam herkommt, muß sich sagen: Dies ist die mineralische Substanz in mir, die am spätesten eingesogen wurde von dem, was früher da war.

Das Mineralische ist also im Laufe der Er­denbildung am spätesten entstanden, und die anderen Reiche haben es

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sich eingegliedert, nachdem sie früher nur aus anderen Substanzen bestanden haben.

Nun können wir uns jetzt noch fragen: Was hat denn bewirkt, daß diese Asche sich eingegliedert hat? - Wir tragen ja fortwährend diese Asche mit uns herum, nur ist sie verteilt und wird zurückgelassen, wenn unser Leichnam verbrannt wird oder verwest. Wie drang denn die Asche hinein in diese Linien, die von Eiweißsubstanz angefüllt waren?

Wir haben gesehen, ursprünglich war Feuer da; daraus bildete sich die Herzanlage; dann bildete sich die Atmungsanlage aus der Luft; das Licht gliederte sich ein und bildete die Nervenanlage; dann kam der Schall und bildete, indem er die Stoffe tanzen ließ, die lebendige Substanz. Was ließ denn das Aschenhafte, das Mineralische hineinströmen in diese Substanz?

Das, was die Asche hineindrängt in die menschlichen Leiber, das war nunmehr der Gedanke, der den Schall, den Ton zum Worte macht. Noch in der atlantischen Zeit, als alles ringsum eingetaucht war in Nebel- und Dunstmassen, da war nicht das, was der Mensch sprach, die einzige artikulierte Sprache, sondern der Mensch konnte die Sprache der rauschenden Bäume, der rieselnden Quellen verstehen.

Alles, was heute artikulierte Sprache ist, und was sich darinnen ausdrückt, bildete den Tanz der Stoffe; der Ton, das Musikalische darinnen, bildete die Stoffe zur lebendigen Substanz. Der Sinn, die Wortbedeutung drängt die sich im Verbrennungsprozeß bildende Asche hinein in diese lebendige Substanz, und in dem Maße, wie sich nach und nach bis gegen das Ende der atlantischen Zeit hin das Kno­chensystem verdichtete, wurde der Mensch immer mehr von Gedanken, von Selbstbewußtsein durchdrungen. Sein Intellektualismus leuchtete auf, und er wurde immer mehr und mehr ein selbstbewußtes Wesen.

Von außen hinein sind die Dinge, die in uns sind, erschaffen:

So zeigt sich im Laufe der Erdenentwickelung der umgekehrte Gang von früher.

Dann gliedern sich ein das Knochensystem, die festen Stoffe, die von Asche durchdrungen sind, und der Mensch wird ein selbstbewußtes Wesen. So ist der Gang der Entwickelung innerhalb unserer eigenen Erdenverkörperung.


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Damit sind wir schon fast zum Ende der atlantischen Zeit gekommen.

Wenn Sie das vergleichen mit dem, was wir früher besprochen haben, so werden Sie sehen: es ist immer zuerst dasjenige dagewesen, was zuletzt wirkt; denn das, was als «Wort» hineindrängt in die Materie, war zuallererst da. Was dem Menschen sein Ich gegeben hat, war zuallererst da.

Wenn Sie das, was heute gesagt worden ist, lichtvoll zu verstehen suchen, können Sie auch hierin sehr leicht wiederfinden die Tatsachen für die ersten Sätze im Johannes-Evangelium. Wir werden in einem der nächsten Abende gerade zeigen müssen, wie unsere in den Weltenraum hinausschweifenden Betrachtungen schön wiedergegeben sind im Johannes-Evangelium und auch in den ersten Sätzen der Genesis.

Alle diese Dinge werden uns wiedergewonnen, wenn wir also den Gang des Weltenwerdens betrachten. Aber eines wird Ihnen mit Klarheit daraus hervorgehen: Es stellt sich uns, wenn wir die Tatsachen betrachten, diese menschliche Entwickelung anders dar, als es die materialistische Phantastik sich vorstellt, nämlich, daß der Mensch hervorgegangen sei aus dem Grobmateriellen, und daß aus diesem die geistigen Fähigkeiten sich herausgebildet haben.

Nun sehen Sie, daß das, was die eigentliche Mission der Erdenentwickelung bildet, das, worin beim Menschen die Liebe zum Aus­druck kommt, zuerst veranlagt ist in dem, was wir als Wärmeorgan haben. Das taucht als erstes auf. Vor dem Organischen ist das Geistige in Form von Kraftlinien; dann gliedert sich das Organische unter der Wunderwirkung der Weltenmusik ein, und dann erst wird das Ganze wie durchimprägniert mit mineralischer Substanz, mit festen Stoffen, durch das Wort oder den Gedanken.

Das Dichteste entsteht am spätesten. Der Mensch entwickelt sich aus dem Geistigen heraus, auch wenn wir den Gang der Erdenentwickelung betrachten. Der Mensch hat seinen Ursprung und Urstand, wie jede wahre Weltbetrachtung immer gezeigt hat, nicht in der Materie, sondern im Geiste; und die Materie hat sich erst nach den geistigen Kräften in das Menschenwesen eingegliedert. Das ergibt sich immer mehr aus dieser Betrachtung.