Ausgewählte Zyklen und Vorträge aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners

 

Rudolf Steiner (1861-1925):

GA 96 Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft

8. Vortrag Berlin, 19. Oktober 1906

Evolution des Gehör-, Wärme-, Gesicht-, Geschmack- und Geruchsinnes seit dem Alten Saturn.

Wenn wir am Vorabend unserer Generalversammlung zusammengekommen sind, dürfte es - auch im Hinblick auf die nächsten Tage, die hoffentlich recht anregend verlaufen werden - ganz angemessen erscheinen, unser Zusammensein schon heute mit einem Vortrag für unsere auswärtigen Gäste und damit natürlich auch für die Berliner Mitglieder zu eröffnen. Dabei darf ein solcher Vortrag, der außerhalb des Programms als freie Gabe eingefügt wird, auch etwas geben, was sich dem normalen Verlauf der theosophischen Vorträge weniger gut einreihen würde; etwas für den fortgeschrittenen Theosophen und zugleich für denjenigen, der am Anfang steht. Der letztgenannte muß allerdings versuchen, sich erst zu den Dingen, um die es sich handelt, hinaufzuranken. Nur wenn er sich ernster und intensiver darauf einläßt, wird er ganz mitkommen können. Anderseits sollte auch für diejenigen etwas geboten werden, welche von den aus den höheren Welten uns zugänglichen Partien etwas hören wollen.

Als Thema werden wir die Beziehung der menschlichen Sinne zur Außenwelt, zu dem, was uns geistig und physisch in der Welt umgibt, behandeln. Dabei kommen wir auf etwas zu sprechen, was auch in unseren Kreisen noch viel zu wenig gewürdigt wird, die Frage nämlich, wie wir uns eigentlich das Verhältnis der vier Glieder der menschlichen Wesenheit vorzustellen haben.

Zu den allerersten Mitteilungen der Geisteswissenschaft gehört es, daß der Mensch aus dem physischen Leib, einem Ätherleib, einem Astralleib besteht sowie aus einem Leib, den wir in unseren Betrachtungen immer den Ich-Leib genannt haben. In dem Ich-Leib finden sich die Keime zu einer noch höheren Entwickelung des Menschen eingegliedert. Das alles wird dem Theosophen durch elementare Werke und durch das, was er in den ersten Vorträgen allmählich hört, mitgeteilt. Häufig wird aber gesagt, von diesen vier Bestandteilen der Menschennatur sei zunächst der Ich-Leib der höchste, der Astralleib sei weniger hoch, der Ätherleib noch weniger hoch, und der physische Leib sei der tiefststehende.

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Atma
Budhi
Manas
----------------------------
Kama-Manas
Astralleib
Ätherleib
Physischer Leib

Wie diese Dinge zueinander stehen, kann jeder in meiner «Theosophie» nachlesen. Uns interessieren die unteren vier Bestandteile, die man das pythagoreische Viereck nennt. Was man mit Ich oder Kama-Manas bezeichnet, gilt vielfach als höchstes Wesensglied, der Astralleib, der Ätherleib und der physische Leib als die niederen Wesensglieder. Diese Betrachtungsweise ist indessen sehr einseitig und es ist oftmals von mir betont worden, daß dies nicht richtig ist.

In seiner Art ist der physische Leib das Vollkommenste, und er ist auch das Älteste, was der Mensch hat. Betrachten Sie diesen physischen Leib in allen seinen Teilen, studieren Sie ihn mit den Mitteln der Wissenschaft! Sie brauchen nur einmal gründlich darüber nachzudenken, und Sie werden sich sagen müssen: Dieser physische Leib ist in allen seinen Teilen wunderbar weisheitsvoll aufgebaut, das Weisheitsvollste, was überhaupt in der Welt bekannt ist.

Es gibt nichts in dieser Welt, soweit sie mit physischen Mitteln erforscht werden kann, was vollkommener wäre als der physische Leib des Menschen. Ob Sie einen ganzen Sternenkosmos betrachten, oder sich in ein noch so kunstvoll zusammengefügtes menschliches mechanisches Kunstwerk vertiefen, etwas Vollkommeneres als den physischen Leib werden Sie nicht entdecken. Wenn Sie das menschliche Herz mit den Aufgaben, die ihm zugewiesen sind, als einen reinen physischen Apparat studieren oder auch nur ein Stück Knochen mit all den wunderbaren Balken, werden Sie es bestätigt finden.

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Nehmen Sie nur ein Stück Oberschenkelknochen. Der hat Balken, die so und so gehen:

Stück Oberschenkelknochen

Der gescheiteste Ingenieur könnte kein Gerüst herstellen, das so vollkommen wäre wie dieses, das vom Kosmos aufgebaut ist, um den menschlichen Oberkörper zu tragen. So ist es auch mit dem menschlichen Gehirn und so mit all den Organen, die zum physischen Leib des Menschen gehören. Wenn Sie die ganze Natur studieren, nichts gibt es, was an Vollkommenheit diesem physischen Leibe gleicht.

Warum ist dieser physische Leib so vollkommen? Der Mensch ist nicht gleich so gewesen, wie er heute ist. Er ist so geworden, er hat eine lange Entwickelung durchgemacht. Was heute als Mensch vor Ihnen steht, was also aus diesen vier Gliedern besteht, hat nicht nur eine lange Entwickelung auf diesem äußeren Erdenplaneten hinter sich.

Diesem ging ein anderer Planet, welcher der Vorgänger unserer Erde war, voran. Das war der alte Mond. Diesem ging die alte Sonne voran, und der Sonne der alte Saturn. Stellen Sie sich das so vor, wie der Mensch durch seine Verkörperungen hindurchgeht. Auch die Erde ist durch ähnliche Zustände hindurchgegangen. Vier solcher Zustände können wir verfolgen.

Da schauen wir auf unermeßlich lange Zeiten zurück, auf Zeiträume, von denen sich ein Erdenmensch gar keine Vorstellung machen kann. Aber überall war schon etwas von diesem physischen Leib des Menschen vorhanden. Auf dem uralten Saturn gab es schon die erste Anlage zum physischen Leib. Damals war noch nichts von dem gegenwärtigen Ätherleib, noch nichts von dem Astralleib, geschweige denn von dem Ich des Menschen vorhanden. Daraus geht hervor, daß dieser physische Leib vier Stadien durchgemacht hat.

Einmal trat er als einfacher physischer Leib, gleichsam wie ein Grundgerüst, auf dem uralten Planeten Saturn heraus. Dann ging er durch eine Verwandlung hindurch und trat in einen Dämmerzustand, in ein Pralaya ein.

Dann trat dieser physische Leib auf der alten Sonne, die etwas ganz anderes als die heutige Sonne ist, wieder hervor, aber auf einer höheren Stufe. Jetzt erst kam der Ätherleib hinzu. Der Ätherleib ist also wesentlich jünger als der physische

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Leib. Unter dem Einfluß dessen, was vom physischen Leib schon da war, was also jetzt auf einer zweiten Stufe der Vollkommenheit herauskam, entwickelte sich nunmehr der junge Ätherleib.

Damals, als auf der Sonne der physische und der Ätherleib zusammen vorhanden waren, war noch nichts vom Astralleib da. Dieser kam erst in der dritten Inkarnation der Erde, auf dem alten Monde, dazu. Da machte der physische Leib des Menschen also seine dritte Stufe der Vollkommenheit durch, der Ätherleib erst seine zweite Stufe. Auf dem Mond sitzt der physische Leib gleichsam in der dritten Klasse, der Ätherleib in der zweiten Klasse, der Astralleib in der ersten Klasse.

Das Ich kommt erst auf der Erde hinzu und hat noch gar nichts durchgemacht. Der physische Leib ist, wenn er auf der Erde erscheint, schon zum vierten Mal da.

Wenn drei weitere Planeten absolviert sein werden, dann wird der Ich-Leib des Menschen so weit sein, wie heute der physische Leib ist. Wenn zwei weitere Planeten absolviert sein werden, wird der Astralleib auf der gleichen Vollkommenheitsstufe stehen wie der heutige physische Leib. Und wenn ein weiterer Planet absolviert sein wird, dann wird der Ätherleib den gleichen Vollkommenheitsgrad erlangt haben, den der physische Leib heute besitzt.

Man kann sich auch durch ganz triviales Nachdenken davon überzeugen, daß der Astralleib viel unvollkommener ist als der physische Leib. Der physische Leib in seiner Weisheit würde niemals so grobe Fehler begehen wie der Astralleib. Denken Sie sich nur, was die im Astralleib lebenden Triebe, Begierden und Leidenschaften treiben, was für Gelüste sie entwickeln. Das Herz muß sich jahrzehntelang gesund erhalten, trotzdem der Astralleib Genüsse hat, die das Herz benachteiligen.

Das ist beispielsweise der Fall, wenn wir Kaffee oder Tee trinken und so weiter. Das Herz will diese Genüsse nicht haben, wohl aber der Astralleib. Der Astralleib tut das, was dem physischen Leib auf seiner Stufe widerstrebt. Auf dem Planeten, den wir Venus nennen, wird der Astralleib so weit sein, daß er sich so weisheitsvoll betragen wird wie der physische Leib, wenn er nicht gestört wird.

Wir müssen also den physischen Leib als das am sorgfältigsten ausgearbeitete und am vollkommensten aufgebaute Glied des

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menschlichen Wesens betrachten. Jedesmal, wenn der physische Leib eine planetarische Stufe passiert hat, hat er auch immer etwas gelernt und ist immer vollkommener geworden.

Wenn Sie sich den physischen Menschen anschauen, sehen Sie, daß er aus verschiedenen Organen besteht. Darüber denken die Menschen aber nicht viel nach, wie diese Organe zustande gekommen sind. Die Anatomie, die Wissenschaft beschreibt den Menschen so, daß er aus diesen oder jenen Organen besteht, daß er eine Leber, ein Herz hat, eine Nase zum Riechen, die Ohren zum Hören, die Augen zum Sehen. Und die Wissenschaft beschreibt diese Organe auch im einzelnen. Aber sie tut dabei etwas ganz Besonderes, das sich nur mit dem Folgenden vergleichen läßt.

Denken Sie einmal, man würde einen alten Tisch und einen neuen Tisch nebeneinanderstellen und man würde die beiden Tische ganz trivial beschreiben. Vier Füße hat der eine, eine Platte hat der eine, so gefärbt ist der eine - vier Füße hat auch der andere, eine Platte hat der andere, so gefärbt ist der andere und so weiter. Die Beschreibungen können ganz richtig sein, und dennoch - worauf es ankommt, darauf geht man in dieser Beschreibung nicht einmal ein: nämlich daß der eine ein alter und der andere ein neuer Tisch ist.

So können Sie auch die Augen und die Ohren beschreiben. Sie können schildern, wie sie heute ausschauen. Sie können die äußere Ohrmuschel beschreiben, den Gehörgang bis zum Hörnerven und so fort. In derselben Weise können Sie das menschliche Auge beschreiben. Es wird sich beides sehr schön ausnehmen, und es könnte so erscheinen, als ob diese Beschreibungen gleichwertig wären. Sie sind es im höchsten okkulten Sinne nicht. Sie sind aus dem Grunde nicht gleichwertig, weil diese zwei Organe - Augen und Ohren - ganz verschiedene Entstehungszeiten haben.

Würden Sie bis zum alten Saturn zurückgehen und da jene allererste Anlage des physischen Menschenleibes untersuchen, wo noch nicht von dem späteren Ätherleib, Astralleib und Ich die Rede sein kann, würden Sie jenen eigentümlichen physischen Leib, wie er in jenen uralten Zeiten war, untersuchen, dann würden Sie vergeblich nach den allerersten Anlagen der Augen suchen. Sie würden sie nicht finden können, denn sie waren dazumal noch nicht in der ersten

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Anlage vorhanden.

Dagegen würden Sie im Saturnleibe bereits die Anlagen zum menschlichen Ohr finden. Da haben Sie diesen Altersunterschied, der Ihnen begreiflich sein wird, wenn Sie sich überlegen, daß der physische Leib eben so viele Stufen durchgemacht hat, wie es planetarische Verkörperungen gegeben hat.

Auf der ersten Stufe ist er soweit gekommen, daß er die Ohren ihrer Anlage nach vollständig ausbildete. Sie waren sogar eigentlich schon vorgebildet, als der Mensch aus ganz anderen Welten zum Saturn herüberkam. Mit der Anlage zum Hören ist der Mensch schon in diese Evolutionskette eingetreten.

Er hat dann auf diesem ersten Planeten die Anlage zu dem, was man den Wärmesinn nennen könnte, hinzugefügt, man kann auch sagen, zum Wärmegefühl.

Man spricht im allgemeinen von einem Hautsinn. Da ist aber zweierlei genau zu unterscheiden. Zuerst ist er Tastsinn, der Hartes und Weiches wahrnimmt; dann ist er aber auch Wärmesinn, der Wärme und Kälte wahrnimmt. Von diesem Wärmesinn sprechen wir jetzt. Es ergibt sich also folgende Stufenfolge.

Zuerst haben wir das Gehör und dann das Gefühl, den Wärmesinn. Dieser Wärmesinn wurde auf der Planeteninkarnation der Erde ausgebildet, die wir Saturn nennen. Ein solcher Sinn wird natürlich auf den verschiedenen Stufen der Evolution umgestaltet. Wenn er das erste Mal auftritt, ist er etwas ganz anderes, als das, wozu er sich später umgestaltet.

Jener uralte Gehörsinn, mit dem der Mensch in die planetarische Entwickelung eingetreten ist, war ein ganz eigentümlicher Gehörsinn. Man könnte ihn am besten charakterisieren, wenn man sagen würde: Dieser physische Menschenleib war im Grunde genommen nur ein großes Ohr. Ganz Ohr war damals der Mensch, als er seine planetarische Entwickelung begann. Der Mensch unterschied sich als physischer Leib kaum von seiner übrigen Umgebung. Er tönte, und es tönte alles mit. In seinem ganzen Leibe vernahm er, was als die Töne der Welt draußen lebte. Wie eine Saite mitschwingt, wenn eine andere angeschlagen wird, so war für jeden Ton, der in der Welt erklang, eine verwandte Schwingung im menschlichen physischen Leib. Es klang alles mit.

Und nun besteht die Fortentwickelung der Sinne darin, daß sie sich spezialisieren. Während der Mensch zuerst ganz Ohr war, trat

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jetzt zu ihm der Wärmesinn hinzu. Da differenzierte sich, was früher einheitlich war, in zwei Gebilde. Das drückte sich auch körperlich aus. Bestimmte Organe traten auf, die nur das Gehör, und andere, die nur die Wahrnehmung der Wärme vermitteln. So verändert sich mit jedem neuen Auftreten des physischen Leibes der ganze Mensch. Seine Sinne spezialisieren sich, und er wird immer mehr aus einem einfachen ein ungeheuer kompliziertes Wesen.

Die Anlage zum Gesichtssinn während der Sonnenzeit ist also die dritte Etappe, mit der sich die anderen Sinne in der entsprechenden Weise umgestalten, so daß der Mensch auf der Sonne ein hörendes, fühlendes und eine Art sehendes Wesen ist.

Nun verfolgen wir die Evolution weiter und kommen zum Mond. Die Sonne ist zuvor wieder in ein Pralaya eingetreten. Sie geht dann neuerdings als [Alter] Mond auf. Auf dem Monde entwickelt sich zu den drei übrigen Sinnen, die der Mensch hat, noch der Geschmackssinn hinzu.

Jetzt hat der Mensch von den gegenwärtigen Sinnen vier entwickelt. Dabei spezialisieren sich die anderen, das heißt, sie verteilen sich auf die einzelnen Organe. Sie können es förmlich verfolgen, wie sich dieser physische Leib als Organ für die Außenwelt erschließt. Dabei hatte sich das sympathische Nervensystem bereits auf der Sonne ausgebildet. Während des Lebens auf dem alten Monde geht die Entwickelung der anderen Organe ebenfalls stufenweise weiter, doch wollen wir uns auf die Sinne beschränken. Auf dem Mond kommt also der Geschmackssinn dazu, und auf der Erde der jüngste der Sinne, der Geruchssinn.

Wenn Sie heute die Sinne studieren, so können Sie sich sagen, der Geruchssinn ist der jüngste Sinn, der sich am Menschen zuletzt gebildet hat. Der Geschmackssinn war schon in der Mondenentwickelung da und ist einmal umgebaut worden. Jede Umbildung ist eine Vervollkommnung.

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weil er bereits vier Umbildungsformen hinter sich hat und die fünfte auf der Erde erfuhr.

So müssen Sie diesen Menschenleib als ein sehr kompliziertes Wesen auffassen und sich klar sein, daß vieles notwendig war, um nach und nach den physischen Leib des Menschen aufzubauen. Man muß das relative Alter der verschiedenen Teile dieses Leibes kennen, wenn man sich ein Urteil darüber bilden will. Und so stehen die Sinne, auch in bezug auf ihren Vollkommenheitsgrad, wiederum in verschiedenen Verhältnissen zu anderen Wesenheiten. Ein Sinnesorgan, das vollkommener ist, das sich öfter umgebildet hat, steht in Beziehung zu ganz anderen Welten als ein solches Sinnesorgan, das nur wenige Umbildungen erfahren hat.

Bleiben wir also zunächst beim Gehörsinn stehen. Dieser Sinn ist durch eine ganze Reihe von Stufen hindurchgegangen. Er war auf dem Saturn bereits als Anlage vorhanden, als der Mensch in seine Evolution eintrat. Was geschah also? Die physische Saturnentwickelung führte den Gehörsinn ein Stück weiter und fügte dazu die erste Anlage zum Wärmesinn.

Nun kam die Sonnenentwickelung, zum physischen Leib kam der Ätherleib. Damit war ein neues Glied der menschlichen Natur eingefügt, und das arbeitete mit an der Umgestaltung der Sinne. Vom Mond an arbeitet der Astralleib mit, und von der Erdenentwickelung an arbeitet der Ich-Leib mit.

Aber durch diesen ganzen Zusammenhang ist noch etwas anderes bedingt. Weil der Geruchssinn erst auf der Erde in die Reihe der Sinne eingetreten ist, hat das Ich auf den Geruchssinn noch keinen Einfluß. Er steckt noch ganz in der bloß physischen Entwickelung darin.

Tatsächlich hat also dasjenige, was zur höheren Natur des Menschen gehört, heute erst auf den Gehörsinn Einfluß. Von alledem was sich die niederen vier Sinne erobern, wird der ewigen Seele noch nichts einverleibt. Erst was in Worten ausdrückbar ist, was der Mensch

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in Worte kleiden kann - das Wort braucht lediglich gedacht zu sein, und es wird doch innerlich gehört -, zählt zum ewigen, unvergänglichen Teil des Menschen. Alle Gedanken, die in Worte kleidbar sind, die Gefühle, die so deutlich im Menschen leben, daß sie sich durch Worte aussprechen könnten, alle die Impulse, die der Mensch wirklich bezeichnen kann, die nicht als dunkle Triebe in ihm leben, sondern so klar sind, daß sie in Worte umsetzbar sind, alles das gehört dem ewigen Teil des Menschen an.

Das Wort ist daher etwas, was zur ewigen Grundlage des Menschen gehört. Wenn man also überhaupt anfängt, vom Ewigen zu sprechen, muß man im wörtlichsten Sinne vom Worte reden. Damals, als die Erde in ihre Evolution eintrat, als die Erdenevolution auf dem Saturn anfing, war diese erste Anlage zum Worte da. Nur auf der Erde ist diese Anlage herausgekommen.

Ganz wörtlich ist der Satz zu nehmen: «Im Anfang war das Wort.» Solche Evangelienstellen sind nicht nur sinnbildlich zu verstehen, sondern ihr Sinn muß so herausgearbeitet werden, daß sie wörtlich verstanden werden können. Auch von dem, was im Menschen ewig ist, ist das Wort der Anfang. Daher ist auch das Wort, das hörbare Wort, das erste vom Menschen, was beim zukünftigen Weltaufbau brauchbar ist. Alles, was die übrigen Sinne produzieren, ist für die Evolution, welche die Erde noch durchmachen soll, gar nicht brauchbar.

Sagen und Mythen enthalten oft die tiefsten Weisheiten. Oder weiß die Sage etwa nicht, daß das, was durch den Geruchssinn produziert wird, für die Erdenevolution zunächst nicht brauchbar ist? Daß erst, wenn weitere Planetenentwickelungen durchschritten sein werden, das, was im Geruchssinn enthalten ist, brauchbar sein wird? Deshalb ist der Vater aller Hindernisse derjenige, welcher einen unangenehmen Gestank zurückläßt: Der Teufel ist nachträglich durch einen unangenehmen Geruch wahrnehmbar, den er zurückläßt. So finden sich in der Sagenwelt die tiefsten Weisheiten, nur muß man verstehen, sie im höchsten Sinne wörtlich zu nehmen.


Die Betrachtung über die Sinne und ihren Zusammenhang mit der Welt kann uns noch weiter führen. Heben wir einen dieser Sinne heraus, nehmen wir den Gesichtssinn. Er ist der mittlere der Sinne.

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Nun folgen Sie mir einmal in etwas recht Subtiles hinein. Sie wissen, daß der Astralleib, in dem die inneren Triebe, Begierden und Leidenschaften des Menschen leben, für den Hellseher als Lichtleib sichtbar wird. In diesem Lichtleib erscheinen die mannigfaltigsten Figuren und Farben. Jede Leidenschaft, jeder Trieb hat eine bestimmte Farbe. Das alles, sogar die Grundstimmung prägt sich in diesem Lichtleib aus. Wenn Sie bei einem Menschen, der sehr nervös ist, den Lichtleib ansehen, so haben Sie denselben ganz geschwängert mit aufglitzernden und leuchtenden Punkten.

Das alles glänzt auf und verschwindet und spielt in den verschiedensten Farben.

Wenn ein furchtbarer Affekt vorliegt, so finden Sie solche Strahlen:

Lichtleib

Ein Mensch, der einen verhaltenen Groll hat, hat in sich Figuren wie Schlangen.

Lichtleib Lichtleib

Es ist das aber schwer zu zeichnen, da es wie etwa der Blitz fortwährend in Bewegung ist. Innerlich ist also Zorn oder Groll oder Nervosität da, wenn die Seele innerlich zappelt. Was der Mensch da innerlich erlebt, ist sein Seelenzustand. Äußerlich wird dieser Seelenzustand für den Hellsehenden als Lichterscheinung sichtbar.

Das physische Auge erblickt um sich herum Lichter, Farben. Wie der Hellseher die Aura am astralischen Leib rot, blau, gelb und grün wahrnimmt, so sieht das physische Auge um sich herum Rot, Blau, Gelb und Grün. In beiden Fällen ist die Ursache genau die gleiche.

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Wie hinter dem Rot im Astralleib eine Begierde lebt, so steckt hinter dem Rot der Blume eine Begierde als das «Ding an sich». Eine in der Blume waltende Begierde ist das Rot in der Blume. Was der Gesichtssinn tut, wenn er diesen Punkt überschreitet, ist nicht anders, als wenn Sie einen Rock umkehren, ihn auf die andere Seite wenden. Während in der Aura sich des Menschen astrale Natur ausprägt, lebt hinter der ganzen Farben- und Lichtwelt, hinter der Welt des Gesichtssinnes, die äußere astrale Natur.

Niemals gäbe es in der Welt Farben, wenn nicht die Dinge ganz und gar durchdrungen wären von astralen Wesenheiten. Was in der Welt als Farben erscheint, rührt von den Astralwesen her, die sich äußerlich durch die Farbe kundtun. Durch die Umwendung des Inneren nach außen geht die Wesenheit von dem höheren auf den niederen Plan herunter.

Sie können das Folgende durch Meditation erreichen: Wenn Sie eine grüne Fläche, etwa ein Laubblatt, vor sich haben und jetzt aus sich herausgehen, um die Sache von der anderen Seite anzuschauen, dann würden Sie die astrale Wesenheit sehen, die hinter der grünen Farbe ist und die sich durch die grüne Farbe anzeigt. So müssen Sie sich vorstellen: Indem Sie in die Welt hinausschauen und diese Welt mit Farben überdeckt sehen, haben Sie hinter diesen Farben die astralischen Wesenheiten zu vermuten. Wie Sie aus Ihrem Inneren die Farben Ihrer Aura für den Hellseher erscheinen lassen, so ist die Farbendecke der Welt der Ausdruck für die kosmische Aura. Alles Farbige in der Welt ist eine umgewandte Aura. Könnten Sie Ihre Aura umwenden wie einen Rock, so würden Sie Ihre Aura auf der umgekehrten Seite ebenfalls physisch sichtbar sehen. Das gilt für den Gesichtssinn, und damit sehen Sie, daß der Gesichtssinn in inniger Beziehung zur astralischen Welt steht.

Wenn Sie den Gefühlssinn, den Wärmesinn nehmen, so steht dieser wiederum in einer universellen Beziehung zu den unteren Partien der Astral weit. Während der Gesichtssinn sich mehr in Relation zu den höheren Partien der Astralwelt befindet, steht der Gefühls- oder Wärmesinn wiederum in einer ebensolchen Beziehung zu den unteren Partien der Astralwelt, mehr mit dem Gebiete, in dem die astrale Welt schon in die Ätherwelt übergeht.

Der Gehörsinn steht in unmittelbarer

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Beziehung zur physischen Welt, und das, was Sie als Gehörsinn wahrnehmen, sind Schwingungen der physischen Luft.

Das ist nun etwas, was ich Sie bitte, nur in der subtilsten Weise und richtig aufzufassen. Wollen Sie etwas sehen, so muß hinter der Farbe, die Sie erblicken, ein Astralwesen stehen. Auch hinter der Wärme, die Sie fühlen, muß ein Astralwesen stehen.

Wollen Sie etwas hören, so sind Sie - weil der Gehörsinn der vollkommenste Sinn ist - vollständig in die physische Welt gekommen, und Sie können ein physisches Wesen hören. Erst im Worte ist die geistige Welt richtig heruntergestiegen bis zur physischen Welt.

Wenn wir von oben anfangen, können wir daher sagen:

Und das, was bis in die physische Welt herunterlangt, ist nur das Unvollkommenste. So ist dasjenige, was der Geruchssinn erfassen kann, was er herunterbringt in die physische Welt, das Unvollkommenste. Macht sich das selbständig, dann sondert es sich aus dem Weltengang, aus der Evolution heraus. Was sich im Geruchssinn kundtut, dürfte heute nur im innigen Zusammenhang mit den höchsten Welten auftreten.

Nehmen wir also diejenigen Wesenheiten, die sich einmal - gerade als auf der Erde der Geruchssinn angefangen hatte sich zu entwickeln - aus der Evolution herausgegliedert und sich selbständig gemacht haben. Das sind Wesen, die sich vorzugsweise durch den Geruchssinn bemerkbar machen. Daher ist es ein schöner Zug der Sage, daß die abgefallenen Engel für den Geruchssinn in unangenehmer Weise wahrnehmbar sind. Weil sie abgespalten sind in der Evolution, sind sie für den Geruchssinn wahrnehmbar.

Wenn man sich also fragt, was eigentlich jenseits der Haut liegt, welche die menschlichen Sinnesorgane einschließt, so muß man sich sagen: Da liegen tatsächlich die verschiedenen höheren Plane und deren Wesenheiten.


Nun stellt sich mit all diesem die physische Forschung in einen wunderbaren Einklang. Bedenken Sie nur, wie ein Auge entsteht!

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Das Auge bildet sich ursprünglich von außen her. In der Haut des Wesens, das ein Auge bekommt, entsteht zunächst eine kleine Einsenkung.

Entstehung des Auges

Es findet dann eine Vertiefung dieser Einsenkung statt, so daß es nach einiger Zeit so aussieht.

Entstehung des Auges

Das füllt sich dann mit einer Art Flüssigkeit und schließt sich endlich zu. So schiebt sich das Auge tatsächlich von außen hinein.

Lichtleib

Die menschlichen Organe bilden sich nicht von innen heraus, sondern schieben sich von außen hinein. So ist es bei allen menschlichen und tierischen Organen. Einstülpen ist der Fachausdruck. Bei den Tieren, welche ein Rückenmark haben, hat sich ursprünglich eine Rinne gebildet, und in diese Rinne gliederte sich das Rückenmark von außen hinein. So gliedern sich auch die Sinne von außen hinein.

Was bewirkt es nun, daß das Auge sich so hineinstülpt? Das ist die Arbeit der im Lichte wirkenden Wesenheiten. Die im Lichtstrahl wirkenden Wesenheiten sind es, die das Auge aus dem Organismus heraus bilden, also jene Wesenheiten, die astral hinter der äußeren Erscheinung stehen und von denen wir gesagt haben, daß wir sie sehen würden, wenn wir unser Bewußtsein umwenden könnten. Sie sind es, welche das Auge in den physischen Organismus hineingebohrt haben. So ist das Auge von Lichtwesen gebildet. Ebenso sind die anderen Organe von Wesenheiten der verschiedenen Welten gebildet.

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Indem Sie sich in Ihrer Haut fühlen, können Sie sich so fühlen, wie wenn die Wesen von den verschiedenen Seiten an Ihrem Leibe mitgearbeitet hätten. Als der Mensch in seiner allerersten Entwickelung auf dem Saturn angelangt war, konnten an seinem Gehörorgan nur höchste Wesenheiten arbeiten. Das Hören haben ihn höhere und auch niedrige Wesenheiten gelehrt, bis auf der Erde auch die Wesenheiten, die in der äußeren Luft verkörpert sind, begannen, an seinem Gehörorgan mitzuarbeiten. Mit dem Gehörorgan hört der Mensch die bewegte Luft; das ist dasjenige, worin der Ton liegt.

Wenn wir uns das so recht in die Seele prägen, wird uns in einer ganz tiefen Weise klar werden, warum die Luft in der Schöpfungsgeschichte eine so besondere Rolle spielt, warum sie dem Menschen erst eingeblasen werden mußte, damit sie diese Rolle auch in bezug auf sein Gehörorgan spielen konnte: «Der Schöpfer blies dem Menschen den lebendigen Odem ein, und er ward eine lebendige Seele.» Der Mensch ist selbst durch das Wort, durch den Ton geschaffen in seiner höchsten Spitze. Daraus ersehen Sie auch die Verwandtschaft, die zwischen dem Menschen und seiner ganzen Umwelt durch seine Sinne besteht.

Betrachten Sie sein Gesicht, so können Sie sich sagen: Am Gesicht haben die Wesen gearbeitet, welche auf dem Astralplan leben. Sie leben im Lichtstrahl. Der Lichtstrahl besteht aus einem physischen und einem astralen Teil. Denken Sie sich nun, daß ein Lichtstrahl irgendwo auffällt. Wenn dies geschieht, dann ist in diesem Lichtstrahl das äußere physische Licht enthalten und zugleich die in dem Lichtstrahl lebenden astralen Wesenheiten.

Stellen Sie sich nur einmal so auf, daß Sie den Lichtstrahl aufhalten. Stellen Sie sich so auf, daß die Sonne auf Ihren Rücken scheint. Wenn Sie das tun, halten Sie das physische Licht auf, aber die astralischen Wesenheiten halten Sie nicht auf. Die astralische Wesenheit ist dann vor Ihnen, in Ihrem Schatten. In Ihrem Schatten, der so nach vorn fällt, lebt eine astralische Wesenheit. Und diese astralische Wesenheit, die in dem Schatten lebt, ist nichts anderes als ein Nachbild -, ein Nachbild wovon? Sie ist ein Nachbild des Leibes, und was darin lebt, das formt sich nach der Seele.

Das ist eine der Methoden, allmählich die eigene Seele zu sehen. Daher haben primitive Völkerschaften nicht

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mit Unrecht gesagt, daß im Schatten die Seele lebe. In zahlreichen Sagen können Sie es finden: Im Schatten geht die Seele fort. Für ein astrales Schauen wird die Seele im Schatten erst sichtbar, der Form nach.

Jetzt werden Sie auch ermessen, welche tiefere Bedeutung es hat, wenn Chamisso von Peter Schlemihl als dem Mann ohne Schatten redet. Peter Schlemihl hat mit dem Schatten seine Seele verloren. Lesen Sie mit diesem Gedanken im Hintergrund einmal die Novelle des Chamisso, dann wird Ihnen aufgehen, daß hinter mancher solcher Geschichte noch etwas viel Tieferes steckt.


In der Tat wird Ihnen immer mehr klar werden, daß der Mensch, der von diesen Dingen nichts weiß, mehr oder weniger wie ein Blinder durch die Welt geht. Der Mensch, der nichts von den geistigen Welten weiß, hat nicht einmal eine Ahnung davon, was er in seinem Schatten mit sich zieht. Alle jene subtilen Dinge, die uns umgeben, werden den Menschen erst wieder durch die geisteswissenschaftliche Erkenntnis eröffnet werden. Die Welt ist voller Rätsel für den, der sie empfinden will. Wenn der Mensch diese Rätsel empfindet, wird er die geisteswissenschaftliche Weltanschauung nicht mehr als etwas Überflüssiges oder als eine Träumerei von ein paar Phantasten ansehen, sondern er wird erkennen, daß die Wirklichkeit, die uns umgibt, uns erst durch die geisteswissenschaftliche Anschauung zugänglich wird. Wir dürfen nicht müde werden, dasjenige, was uns umgibt, zu studieren.

An dem komplizierten Gebilde, das der Mensch ist, haben viele Geister mitgearbeitet. Daher weist dieses Gebilde so verschiedene Grade der Vollkommenheit auf. Erst dadurch hat das physische Ohr sich das Recht erobert, auf der physischen Stufe zu hören, weil es viele Stufen durchgemacht hat. Wer als Chela die Venusstufe unter einem Meister vorausnimmt, kann seine Mitmenschen auf dem physischen Plane auch in der Lichtwirkung wahrnehmen; dann geht auch die Lichtwirkung herunter auf den physischen Plan.

Der Entwicklungsgang ist ganz regelmäßig. Ebenso wie der Gehörsinn auf den physischen Plan herabgestiegen ist, steigt auch der Gesichtssinn auf den physischen Plan herunter, bis zum wirklichen Hellsehen. Das ist logisch durchaus zu verstehen. Wer denken will, kann es schon einsehen, und niemand kann es durch bloßes Denken

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widerlegen.

So ist es mit allen Dingen in der Geisteswissenschaft. Bekämpfen werden die Geisteswissenschaft nur diejenigen, die nicht denken wollen, beziehungsweise das Denken nur auf dasjenige anwenden, was sie gewohnt sind zu denken. Es kann ja auch Menschen geben, die sagen: Ich will nicht Eisenbahn fahren -, aber deshalb läßt sich doch die Realität der Eisenbahn nicht ableugnen. Ebenso kann es Menschen geben, die sagen: Mit den höheren Welten ist es nichts. Aber deshalb lassen sich die höheren Welten doch nicht ableugnen: sie sind vorhanden.

Wir haben von den Sinnesorganen des Menschen gesprochen und versucht, in die Umwelt hineinzuleuchten. Dabei haben wir gefunden, daß die Sinnesorgane nur dadurch da sind, daß andere Wesen sie aufbauen. Ebenso hätten wir von dem inneren Wesen, welches sich auf der Umgebung aufbaut, sprechen können.

Die physische Wissenschaft ist nicht in der Lage, diese Dinge zu verstehen. Sie kann wohl zeigen, welche Strukturunterschiede zwischen dem Auge und dem Ohr vorhanden sind, aber niemals kann sie den Altersunterschied zwischen dem Auge und dem Ohr zeigen. Das kann ganz allein die okkulte Wissenschaft, die hinter die äußeren Erscheinungen sieht.

Ebenso hätten wir zeigen können, wie die Leber ein viel jüngeres Organ ist als die Milz. Es würde sich da herausgestellt haben, daß die Milz bereits da war, als der Ätherleib mit dem physischen Leib verbunden wurde, während die Leber erst mit dem Astralleibe, mit den menschlichen Leidenschaften hinzutrat. Das ist etwas, was wiederum in der Sage von Prometheus in wunderbarer Weise zum Ausdruck kommt. Der Geier, der an der Leber des am Felsen festgeschmiedeten Prometheus nagt, hat eine tiefe Bedeutung.

So könnten Sie die großen Wahrheiten, die in den Sagen enthalten sind, auf eine neue Weise studieren. In den alten Sagen und Mythen liegt tiefe Weisheit. Die Mythen sind nicht durch die «dichtende Volksphantasie» entstanden, das ist ein Aberglaube der Gelehrten. Die Gelehrten sind die abergläubischsten Leute, die es überhaupt gibt. Die Gespenstergläubigen sind nicht so abergläubisch wie die Gelehrten. Es ist ein Aberglaube, daß es eine blind wirkende Volksphantasie gebe. In Wahrheit stammen die großen Mythen von den

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Eingeweihten, die das gewußt haben, was jetzt der Menschheit in den großen theosophischen Wahrheiten wieder zugänglich gemacht wird.

So hat es auch in den alten Zeiten auf dem Grund und Boden, auf dem wir stehen, Gesellschaften gegeben, in denen Theosophie gelehrt wurde. Und von dort aus gingen Abgesandte hinaus und verkündigten dem Volke in Mythen, was sie im engeren Kreise vernommen hatten. So ist der Mythos eine Einkleidung von geistigen Wahrheiten, und wer sich darum bemüht, kann sie wieder daraus erkennen.

Es sind nur untergeordnete Mythen, die nicht auf die großen Eingeweihten zurückgehen. Die echten Mythen stammen von den Eingeweihten als deren Schöpfung. Wenn Sie das festhalten, werden Sie sehen, daß in den Mythen der verschiedensten Völker eine Wunderschrift aufgezeichnet ist. Lernen Sie erst die Mythen lesen und schauen Sie tief hinein in die Seelen der vorhergegangenen Völker, derjenigen Völker, die sozusagen von innen schufen. Und wenden Sie die Mythen um, wie wir vorhin den Astralplan umgewendet haben, so haben Sie, ihrem Begriffe nach, die heutige Naturwissenschaft.

In der Naturwissenschaft treten Ihnen dieselben Wahrheiten entgegen - die Evolutionswahrheiten, die in den Mythen enthalten sind. Daher kommt die merkwürdige Übereinstimmung des tiefer verstandenen Entwickelungsgedankens mit den urältesten Lehren der Menschheit. Die mythischen Dinge sind von innen gesehen - die Naturwissenschaft sieht sie von außen, aber es sind dieselben Dinge.

Das ist ein Hinweis auf die erstaunliche Tatsache, daß in den richtig verstandenen wissenschaftlichen Tatsachen die Wahrheiten wiedererscheinen, die in den ältesten Religionsbekenntnissen gefunden werden. Man braucht darüber nicht erstaunt zu sein, wenn man weiß, daß die Naturwissenschaft eine umgewandte Mythologie ist. Deshalb muß sie in ihrer Struktur dem gleichen, was schon einmal da war. - Das war eine Betrachtung über das Verhältnis der Sinne zu der uns umgebenden Welt.

Morgen um zwei Uhr wollen wir über theosophische Fragen sprechen, die nicht so weit hergeholt sind, aber doch auch ins praktische Leben eingreifen.