Rudolf Steiner (1861-1925):
GA 218 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
7. Vortrag London 12. November 1922
Beim Abstieg aus der Weltenmitternacht bestimmt der Durchgang durch die Merkursphäre die künftige Volkszugehörigkeit; durch die Venussphäre die Familie; durch die Mondsphäre das Geschlecht. Notwendigkeit einer spirituellen Diät.
Sie werden sich erinnern, daß ich das letzte Mal, als ich hier vor Ihnen sprechen durfte, Ihnen die Erlebnisse der Menschenseele während des Schlafes geschildert habe, und ich möchte heute in einer gewissen Weise Ihnen eine Fortsetzung der Betrachtungen geben, die ich damals vor Ihnen dargestellt habe.
Es ist wirklich so, daß derjenige Mensch, welcher das Menschenleben nur von der Tagesseite her kennt, eben auch nur die Hälfte dieses Menschenlebens kennt, denn Allerwichtigstes geht während des Schlafes vor sich. Ich brauche in Ihrer Gegenwart nicht auseinanderzusetzen, wie die Erkenntnisse, von denen ich Ihnen auch heute wiederum sprechen will, gewonnen sind durch jene exakte Clairvoyance, die ich auch hier in London schon geschildert habe. Ich werde also voraussetzen, daß Sie annehnien, dasjenige, was ich sagen werde, ist aus dieser exakten clairvoyanten Wissenschaft heraus gesprochen.
Wenn der Mensch aus dem Tagesbewußtsein in das Schlafbewußtsein übergeht, das ja für die Menschen der Gegenwart im Grunde ein unbewußter Zustand ist, dann ist er nicht in seinem physischen Leibe und nicht in seinem ätherischen Leibe. Er ist während des Schlafens ein rein geistiges Wesen. Und was er als dieses geistig-seelische Wesen zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen erlebt, das habe ich Ihnen von der einen Seite das vorige Mal geschildert. Ich will es heute von einer anderen Seite betrachten.
Sie erinnern sich, daß der Mensch im Schlafe durchlebt erstens das Eindringen seiner Wesenheit in den Weltenäther, wodurch ihn eine gewisse Angst überkommt vor dem Unbekannten, Unbestimmten, Undifferenzierten. Sie erinnern sich ferner, daß in diesem Augenblicke in der Seele etwas aufwacht, was man mit einem Ausdrucke, der aus dem Bewußtsein genommen ist, nennen kann: die Sehnsucht nach dem Göttlichen.
Sie erinnern sich ferner, daß der Mensch dann im zweiten Stadium des Schlafes durchmacht Nachbildungen der Planeten-
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bewegungen, und daß für denjenigen, der eine Beziehung zu dem Mysterium von Golgatha hat, Christus als Führer auftritt für die sonst chaotischen Erlebnisse, die man hat, während man Nachbildungen des Sternen-Planetenlebens im Schlafe durchlebt.
Dann kommt das Fixsternerlebnis. Man ist aus der Planetensphäre - nur in der Nachbildung - heraus und erlebt die Konstellationen der Fixsterne. Man erlebt also tatsächlich vom Einschlafen bis zum Aufwachen das ganze kosmische außerirdische Dasein. Und ich habe Ihnen auch gesagt, daß die Mondenkräfte, das, was geistig der Offenbarung der Mondenerscheinungen entspricht, den Menschen immer wiederum am Morgen oder überhaupt beim Aufwachen in seinen physischen und in seinen ÄtherIeib zurückbringen.
Nun möchte ich Ihnen heute zunächst noch von einer anderen Seite schildern, wie dieses Erleben zwischen dem Einschlafen und Aufwachen ist.
Wenn wir während des Tages unser Bewußtsein haben, so haben wir ja, wenn wir nicht in die materialistischen Vorstellungen der modernen Menschheit uns einspinnen, eine moralische und eine religiöse Grundlage unseres Lebens. Der Mensch muß fühlen außer dem, daß er Naturerkenntnis hat, daß er moralische Verpflichtungen, Verantwortungen hat, und ferner, daß er mit seinem ganzen Wesen in einer geistigen Welt darinnen ruht. Das letztere können wir nennen das religiöse Bewußtsein.
Dieses moralische und religiöse Bewußtsein hat der Mensch während des Wachzustandes. Aber das religiöse Bewußtsein hat der Mensch im Wachen nur dadurch, daß er in seinem physischen Leibe ist. In diesem physischen Leibe ist ja der Mensch nicht allein, sondern es sind mit ihm zusammen Geister höherer Weltordnungen, und er lebt in seinem physischen Leibe zusammen mit Geistern höherer Weltordnungen. Und er lebt in seinem ätherischen Leibe zusammen mit demjenigen, was diese Geister höherer Weltordnungen mit dem Moralischen meinen.
Und das führt uns dazu, darauf aufmerksam zu werden, daß der Weltenäther, aus dem unser Ätherkörper genommen ist, zwei Glieder hat. Das eine
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Glied dieses Weltenäthers ist Wärme, Licht, chemischer Äther, Lebensäther. Aber all diesem Ätherischen, das in der Wärme, im Lichte, in den chemischen Vorgängen und im Leben existiert, alldem liegt zugrunde ein moralisches Wesen des Weltenäthers.
Dieses moralische Wesen des Weltenäthers ist aber nur vorhanden in der Nähe der Gestirne und Planeten. Also wenn Sie auf Erden leben, dann sind Sie, obwohl Sie es bei Tage nicht wissen, auch in dem Weltenäther als moralische Essenz drinnen. Und wenn Sie wandern durch die Welt der Gestirne, sind Sie in dem Weltenäther auch in der moralischen Essenz, wenn Sie in der Umgebung eines Gestirnes sind.
Zwischen den Gestirnen wird das Moralische aus dem Äther durch das Sonnenlicht herausgetrieben; das Sonnenlicht - nicht die Sonne selber, die Sonne ist ein Weltenkörper, sie hat in sich geradezu für uns Menschen den Urquell des moralischen Äthers -, aber indem die Sonne scheint, vertreibt sie durch ihr Licht die moralische Essenz des Äthers. Und so, wenn wir durch unser Auge in die Welt hinausschauen, sehen wir Blumen, sehen wir Quellen, sehen wir das alles, ohne daß wir es mit Moralischem durchziehen, durchschauen, weil uns das Sonnenlicht das Moralische heraustötet.
Und wenn wir nun beim Einschlafen aus unserem physischen und Ätherleib herausgehen, dann haben wir als geistig-seelische Menschenwesen nichts anderes, als was wir uns zunächst während des irdischen Lebens durch das Anschauen der Natur erworben haben. Wir lassen in unserem Bette - so paradox das klingt - auch die religiöse Empfindung und die moralische Empfindung zurück mit dem physischen und mit dem Ätherleihe, und wir leben als ein amoralisches Wesen zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen.
Aber in dieser Zeit leben wir in einer Welt, die sonst von dem Sonnenlichte durchschienen ist. Und dadurch, daß die moralische Weltordnung aus dem Äther heraußen ist, dadurch hat Zugang zu diesem Äther, in den wir uns mit dem Einschlafen hineinbegeben, die ahrimanische Wesenheit. Diese ahrimanische Wesenheit spricht zu den Menschen während des Schlafes. Und was diese ahrimanische Wesenheit spricht, das ist im Grunde genommen eine fatale Sache, denn diese ahrimanische Wesenheit wird mit Recht der Lügengeist genannt, aus dem Grunde, weil er dem schlafen-
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den Menschen die Dinge so darstellt, als wenn das Gute böse und das Böse gut wäre.
Es ist neulich durch die Zeitungen eine Notiz gegangen über etwas, das heute auch schon die Naturwissenschaft erforscht hat, die Frage, warum Verbrecher einen so guten Schlaf haben, während gerade moralische Menschen mit einem guten Gewissen oftmals einen schlechten Schlaf haben.
Das erklärt sich aus dem, was ich Ihnen jetzt sage. Derjenige, der ein starkes Gewissen entwickelt, der also ein inniger Mensch ist, ein moralisch empfindender Mensch, bei dem geht in die Seele so tief das moralische Empfinden hinein, daß er es in den Schlaf hinüber- nimmt, und dann schläft er schlecht, wenn er glaubt, viel Böses getan zu haben. Wer aber ein schlechter Mensch ist, wer kein stark entwickeltes moralisches Gewissen hat, der nimmt nichts in den Schlaf hinüber von Gewissensbissen. Und dann hat er ein reines geistiges Ohr für die Einflüsterungen des Ahriman, der ihm das Böse gerade als gut darstellt. Daher ist der Verbrecher im Schlafe so zufrieden.
Die Menschen sagen: Das ist doch ungerecht, daß die Verbrecher gut schlafen und die guten Menschen schlechten Schlaf haben! -, was heute, wie gesagt, schon eine naturwissenschaftliche Entdeckung ist. Aber es ist so aus dem Grunde, den ich Ihnen angeführt habe. In der Tat ist die Verführung zum Bösen während des Schlafzustandes eine ungeheuer große, und der Mensch bringt sich aus dem Schlaf am Morgen leicht die dämonischsten Versucherkräfte mit.
Wenn man dann wiederum in seinen physischen und ätherischen Leib hineinkommt, darin wachen erst wiederum die Gewissensbisse auf bei demjenigen, der kein sehr guter Mensch ist. Also es ist so, daß dem Menschen in der Tat als Erdenmensch während der Zeit seines Schlafes alle Möglichkeit gegeben ist, dem versuchenden Ahriman zum Opfer zu fallen.
Das aber ist erst im Laufe der Zeit so stark geworden, wie es jetzt ist. Erst in unserem Zeitalter sind die Menschen im höchsten Grade wahrend des Schlafes den dämonischen Mächten ausgeliefert, die ihnen das Böse, während sie schlafen, als gut vorstellen. Das war in älteren Zeiten der Menschheitsentwickelung nicht der Fall. In älteren Zeiten der Menschheitsentwickelung hatte der Mensch, wie ich Ihnen oftmals gesagt habe, kein so starkes Ich-Bewußtsein wie jetzt. Er hatte während
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des Tagwachens ein schwächeres Ich-Bewußtsein; das bewirkte, daß er während des Schlafes auch nicht so rein in das Böse hineinsegelte, wie er es jetzt tut.
Jetzt haben wir in der Tat für die Menschheitsentwickelung ein entscheidendes Zeitalter, eine Krisis. Die Menschen müssen sich wappnen gegen die Mächte des Bösen, die an sie herantreten. Davor waren die Menschen der älteren Zeiten geschützt, denn indem sie einschliefen, gingen sie mehr in die Gruppenseele hinein. Da lebte der Mensch während des Schlafes mehr in der Gruppenseele. Dieses Leben in der Gruppenseele ist etwas, das wir ja noch während des Wachens bis zu einem gewissen Grade entwickeln, wir fühlen uns als Volk, wir fühlen uns sogar oftmals als Stamm, wir fühlen uns, wenn wir etwas aristokratische Allüren haben, als Glieder einer Familie; aber der Schlaf nimmt wirklich dem Menschen heute dieses Gruppenseelengefühl schon ganz weg. Im Schlaf kann der Mensch heute nicht mehr gut Aristokrat sein.
Ja, der Schlaf erzieht viel mehr, als Sie meinen, allerdings auf der einen Seite zum Bösen, auf der anderen Seite aber zur Demokratie. Er ist schon ein großer Lehrmeister, der Schlaf. Die älteren Menschen, sie gingen, wenn sie schliefen, in die Gruppenseele über. Sie brachten sich dann mit dem Aufwachen, indem sie wiederum in ihren physischen und in ihren Ätherleib zurückkehrten, ein starkes Bewußtsein von der Zusammengehörigkeit mit ihrer Gruppe mit. Das ist die eine Seite des Menschen, das, was er ist während des Schlafes.
Aber der Mensch hat ja dasselbe, was er im Schlaf drinnen hat, was nur dem Bösen so stark ausgesetzt ist, wie ich es jetzt beschrieben habe, in der gegenwärtigen Zeit, das hat er ja auch in sich. Nur muß er es wahrend des Tagwachens in das moralische und in das religiöse Bewußtsein eintauchen, einströmen lassen. Das Religiöse wird ihm gegeben von den Mächten, die mit dem physischen Leib leben, und das Moralische von den Mächten, die mit dem Ätherleib leben.
Es ist das alles mit dem Mysterium von Golgatha eben anders geworden für die Entwickelung der Menschheit. Wie aber der alte Mensch während des Schlafes stark im Gruppenbewußtsein drinnen lebte, so lebte er, wenn er wiederum untertauchte beim Wachen in seinen physischen und in seinen Ätherleib, mehr in sich.
Aber da ist wiederum ein Unterschied zwischen dem alten Menschen und dem modernen
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Menschen. Der alte Mensch, wenn er aufwachte und untertauchte in seinen physischen Leib und Ätherleib, hatte, bevor er ganz wach wurde, ein deutliches Bewußtsein von seinem Leben, bevor er auf die Erde heruntergestiegen war, und ebenso wiederum vor dem Einschlafen. So daß also dieser ältere Mensch, während er auf der einen Seite ein starkes Gruppenbewußtsein entwickelte, auch ein starkes Bewußtsein von seiner Zusammengehörigkeit mit dem Leben außer der Erde hatte. Er wußte, wie er heruntergekommen ist aus der geistigen Welt, dann durch die Sternenwelt gegangen ist und sich einen physischen Leib eigentlich ausgewählt hat hier auf Erden.
Dieses Bewußtsein wurde später verdunkelt. Dafür wurden die Menschen gescheit, was wir heute gescheit nennen. Sie wurden durchdrungen von Urteilskraft, Diskrimination und solchen Dingen. Das kam erst im Laufe der Entwickelung, und deshalb können wir gerade am Morgen so gut urteilen, weil uns unser physischer Leib die Kraft des Urteils gibt. Wir dringen mehr in unseren physischen und Ätherleib ein als der alte Mensch. Der alte Mensch hatte daher ein Bewußtsein von dem vorigen Dasein; wir haben mehr ein Bewußtsein von dem irdischen Dasein. Wir setzen uns fest in unseren physischen und Ätherleib hinein. Das tat der alte Mensch nicht.
Der alte Mensch trug den physischen und Ätherleib mehr an sich, er hat ihn mehr als etwas Äußerliches gefühlt, so wie wir heute unsere Kleider fühlen. Dieses Gefühl haben wir nicht mehr. Wir sagen nicht mehr, wie es der alte Mensch getan hat, wenn er zur Türe hereinging: Ich trage meinen Menschen zur Türe herein -; er meinte den physischen Menschen. Das war durchaus in alten Sprachen eine natürliche Redensart. Wir werden ganz gewiß sagen: Ich - indem wir unser Ich ganz fest in den physischen Leib hinunterdrängen - gehe zur Türe herein. - Wir finden es ganz selbstverständlich, daß wir das sagen.
Nun, dadurch aber auch ist den Menschen verlorengegangen das Bewußtsein ihres Zusammenhanges mit der geistigen und mit der Sternenwelt. Der Mensch früherer Zeiten wußte eben, er hängt mit der Sternenwelt und hinter der Sternenwelt noch mit der geistigen Welt zusammen und ist aus diesen Welten zum irdischen Dasein heruntergestiegen.
Der moderne Mensch sagt: Ich brauche zum Leben Fleisch
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und Gemüse und Eier. - Das sind alles Produkte der physischen Welt, mit denen wir es zu tun haben von der Geburt bis zum Tode. Glauben Sie nicht, daß ich Verachtung aussprechen will über diese Dinge; diese Dinge sind ja alle sehr gut und gehören zum Leben, das soll absolut an erkannt werden in seiner vollen Bedeutung. Aber ich will nur sagen, daß der alte Mensch wußte, er braucht zu diesem Leben nicht nur die Kraft der Erde, die im Rindvieh und im Kohl und im Ei liegt, sondern er braucht zu der Kraft zum Leben auch Jupiter und Venus und Saturn. Er hat gewußt: Wie ich hier auf der Erde Eier essen muß, so muß ich, wenn ich herabsteige aus der geistigen Welt, die Kraft des Jupiter und der Venus in mich aufgenommen haben, sonst könnte ich gar kein Erdenmensch sein.
Wie sich der moderne Mensch verbunden fühlt mit der Erde und wie er die große Besorgnis hat: Was soll ich nur essen, damit ich einen gesunden Körper habe? -, so fühlte sich der alte Mensch gedrungen, ein Verhältnis zu den Sternen zu haben. Und er sagte sich: Wenn ich hier auf der Erde dieses oder jenes nicht kann, dann habe ich eben beim Herabsteigen zu den Sternen mich nicht richtig benommen und muß das beim nächsten Durchgang durch die Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt korrigieren. Also der Mensch entwickelte in alten Zeiten etwas für das Leben, was man nennen kann: eine spirituelle Diät.
Es gab in den alten Mysterien Führer und Leiter, die waren so etwas Ähnliches, wie der moderne Arzt ist. Aber der moderne Arzt gibt nur Anweisungen über den Körper. Das ist ja ganz selbstverständlich und soll auch nicht gescholten werden. Aber die alten Führer in den Mysterien, die in dieser Beziehung auch Ärzte waren, gaben Anweisungen darüber, wie man, wenn man unter diesen oder jenen Gebrechen litt, sein Verhältnis zur Venus oder zum Saturn zu verbessern hatte. Das bestand dann darin, daß sie den Leuten gewisse seelische Anweisungen gaben.
Sagen wir zum Beispiel, solch ein alter Arzt in den Mysterien fand: Der Mensch, der Heilung bei ihm suchte, hat eine zu starke Anziehung zu seinem physischen Leib; dieser ist ihm nicht genug Kleid bloß, sondern er lebt zu stark mit seinem physischen Leib. - So ungefähr, wie wenn ein Mensch der heutigen Zeit immer in seinen Kleidern schliefe, so kam einem solchen Arzt ein Mensch vor, der ein gewisses Gebrechen hatte, wodurch er stark an
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seinen physischen Leib gebunden war.
Dann sagte ein solcher Arzt zu einem solchen Kranken: Versuche, wenn des Abends der Vollmond aufgeht, dich ein wenig zu ergehen im Vollmonde, und während du dich ergehst, dies oder jenes Mantram zu sagen.
Warum tat das der Arzt der alten Mysterien? - Er tat es aus dem Grunde, weil er wußte: Wenn der Mensch nun im Mondenlichte spazierengeht und Mantrams aufsagt, so wirkt das der Saturnkraft entgegen; der Saturn gewinnt weniger Macht über diesen Menschen. Und es wußte dieser alte Arzt in den Mysterien, daß dieses Haften am physischen Leibe, dieses volle Drinnenstecken im physischen Leibe die Ursache davon ist, daß der Mensch sich zu stark an den Saturn gehalten hat, als er von der geistigen Welt durch die Sternenwelt ins irdische Dasein hereingegangen ist. Von dieser zu starken Sympathie mit dem Saturnleben hat der Mensch dieses Gebrechen erhalten. Mond und Saturn sind einander entgegenwirkende Himmelskörper. Also kurierte ein alter Arzt durch die Mondenkräfte die Schäden der Saturnkräfte. Er gab also eine spirituelle Diät. Das gab es in alten Zeiten.
Wir haben eine physische Diät, die ja für uns ganz angemessen ist. Aber in den alten Zeiten brauchte man eine spirituelle Diät. Diese spirituelle Diät müssen wir nun zu unserer physischen noch hinzuzufügen lernen. Das ist die Aufgabe der Gegenwart, daß wir Menschen uns wiederum zu der physischen Diät aneignen einen Sinn für die spirituelle Diät. Und dann werden wir unsere Aufgaben gerade gegenüber der jetzigen Zeit im Erdenleben lösen können. Das ist dasjenige, was ich Ihnen im ersten Teil sagen wollte.
Da ich zu meiner Befriedigung noch zwei Vorträge an diesem Orte vor Ihnen halten darf, so brauche ich heute nicht so zu eilen, wie das sonst geboten ist, und werde Ihnen daher mit aller Langsamkeit einiges von dem sagen können, was ich Ihnen während dieser meiner Anwesenheit gerne sagen möchte.
Hinschauen nach dem vorirdischen Leben, nach dem Leben, das der Mensch in der geistigen Welt zugebracht hat, bevor er sich mit seinem physischen und ätherischen Leib hier auf Erden vereinigt hat, das haben die alten Menschen durch ein elementarisches Hellsehen,
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durch eine elementare Clairvoyance gekonnt; das kann heute nur erreicht werden durch wirkliche spirituelle Wissenschaft, wie sie angestrebt wird in der Anthroposophie.
Dann aber wird durch das Hinschauen des inspirierten Bewußtseins auf die Zeit, die wir zugebracht haben, bevor wir zu der Erde als Menschen heruntergekommen sind, dann wird durch dieses Hinschauen klar, wie wir eine Zeitlang leben in einer rein geistigen Welt, in einer Welt, in der nicht Reiche sind, nicht Mineralreich, nicht Pflanzenreich, nicht Tierreich, in der auch zunächst die Sterne, die wir in dem Umkreis des Irdischen erblicken, nicht sind, in der aber um uns herum die Wesenheiten der höheren Hierarchien sind.
Wir leben also eine Zeitlang zwischen dem Tode und einer neuen Geburt unter geistigen Wesenheiten. Dann erst dringen wir durch den Sternenhimmel auf die Erde herunter, und wir gehen mit einer größeren oder geringeren Sympathie durch die eine oder die andere Sternensphäre durch. Und da ist es so, daß wir uns wirklich unser irdisches Dasein vorbereiten. Nach der Art und Weise, wie wir uns verhalten zu den Sternensphären, durch die wir durchgehen, wird unser irdisches Dasein. Und ich möchte Ihnen das durch ein Beispiel zunächst veranschaulichen.
Wir gehen, wenn wir aus der rein geistigen Welt herauskommen, zunächst durch die Fixsternsphäre, von der will ich heute noch nicht sprechen; das nächste Mal dann.
Wir gehen dann
Sie sehen daraus, daß, indem wir aus der rein geistigen Welt eintreten in die Sternensphäre, wir gewissermaßen von der anderen Seite an die Sterne herankommen. Wir sehen hier zum Beispiel auf der Erde den Jupiter von einer gewissen Seite, wenn wir auf der Erde stehen. Wenn ein Menschenwesen, das aus der geistigen Welt durch die Sternensphäre herunterkommt, sich der Erde nähert, so sieht es den Saturn von der anderen Seite, und so alle Sterne. Das Wesen kommt also gewissermaßen von hinten an den Stern heran, sieht immer das Entgegengesetzte von dem, was physisch die Menschen auf der Erde sehen.
Aber das Menschenwesen, das aus der geistigen Welt an die Erde herankommt, das sieht nicht so, wie wir sehen. Es hat ja noch
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keine Augen, die bekommt es erst durch den physischen Leib. Es sieht also das Geistige des Saturn, des Jupiter, des Mars, der Sonne, das Geistige von Venus, Merkur, Mond. Sie sehen, darnach muß das Wesen, je nachdem es mit Sympathie oder Antipathie durchgeht durch die eine oder durch die andere Sphäre, die Kräfte dieser Sphäre, also die Saturn-, Jupiter- und so weiter -kräfte aufnehmen beim Heruntersteigen.
Nun kann es so sein: Ein Menschenwesen, das im früheren Erdenleben in einer bestimmten Weise gelebt hat, das bekommt beim Heruntersteigen zu einem neuen Leben die Impression: Es ist gut für mich, wenn ich das nächste Mal als Frau auf die Erde heruntersteige, wenn ich mich also in einem weiblichen Körper verkörpere.
Das ist durchaus ein Gegenstand der Erwägungen für die heruntersteigende Menschenseele, ob sie Mann oder Frau werden will. Denn davon hängt natürlich das ganze Schicksal im wesentlichen auf der Erde ab. Es ist nicht einerlei, ob man als Mann oder Frau in einem Erdenleben sein Dasein zubringt.
Aber für die Menschenseele ist es nicht genügend, einfach sich zu überlegen: Ich werde Mann oder Frau! - Das muß vorbereitet werden. Und das wird so vorbereitet, daß die Menschenseele, wenn sie Frau werden will, sich der Erde dann nähert, wenn wir von der Erde den Mond als Vollmond sehen. Wenn wir von der Erde aus den Mond als Vollmond sehen, dann sieht die Menschenseele das Geistige des Mondes, wenn sie hereinkommt aus der geistigen Sphäre, dann sieht sie ihn dunkel, das heißt, mit bestimmten Wesen ausgerüstet; sie sieht ihn ja geistig. Und diese Wesen, die bereiten die Seele so vor, daß sie auf der Erde die Anziehungskraft zum weiblichen Leibe erhält.
Wenn aber von der Erde aus gesehen werden kann Neumond, dann sieht die Seele, die heruntersteigt, von der anderen Seite den beleuchteten Mond, also das in den Weltenraum hinausstrahlende Licht, das heißt, das Geistige davon. Und dann kann sie Mann werden. So hängt es davon ab, wie die Seele durch die Sternensphäre hindurchgeht, ob sie Kräfte zum Männlichen oder zum Weiblichen aufnimmt.
Ebenso aber, wie die Seele durch die Mondensphäre durchgeht, geht sie ja zum Beispiel durch die Merkur- und Venussphäre hindurch. Wenn die Seele Mann oder Frau wird durch die Mondensphäre, so wird sie andererseits mit Sympathie ausgestaltet - denn sie könnte ja in
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der oder jener Familie Mann oder Frau werden -, für die Familie wird sie ausgestaltet durch die Sphäre der Venus.
Also derjenige Mensch, der als Seele heruntersteigt auf die Erde, kann entweder zu einer Zeit heruntersteigen, zu der die Venus auf der ganz anderen Seite der Erde ist, zu der er die Venussphäre gar nicht zu durchschreiten braucht. Dann wird er ein Mensch sein, dem an seiner Familie nicht viel liegt.
Oder aber er wird durch die Venussphäre gehen und gerade denjenigen Weg wählen beim Durchgange durch die Venussphäre, der ihn zu einer bestimmten Familie hinleitet. Das ist also die Möglichkeit für die Seele, sich für eine bestimmte Familie vorzubereiten, wenn der Mensch sozusagen den Strahl wählt, der von der Venus nach dieser Familie hingeht. Er nähert sich dann von der anderen Seite, der dunklen Seite der Venus, der Erde und gelangt auf diese Weise in eine bestimmte Familie hinein.
Ebenso geht er durch die Merkursphäre, durch die er in ein bestimmtes Volk hineinkommt. Also wiederum: wenn die Gegend dieses Volkes bestrahlt wird von den Merkurstrahlen und er von der anderen Seite kommt nach der dunklen Seite des Merkur, so ist das für ihn der Weg, zu diesem Volke hinzu gehen.
So also sind die Menschenseelen präpariert
Das sind Dinge, die Ihnen zeigen, wie das ganze Leben des Menschen auf der Erde durchaus davon abhängt, wie er sich sein Verhältnis gestaltet beim Heruntersteigen. Das ist etwas, was wir wiederum wissen, lernen müssen. Wir müssen einfach wiederum dazu kommen, uns ebenso als Geschöpfe der Sternenwelt zu fühlen, wie wir uns auf der Erde als Geschöpfe von Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Schwefel und so weiter fühlen.
Wir sind nicht bloß aus Eiweiß und einigen anderen Stoffen zusammengesetzte physische Menschen, sondern wir sind Menschen, die zusammengesetzt sind aus allen Kräften des Weltenalls, nur daß diese Kräfte des Weltenalls auf uns wirken im Heruntersteigen. Dann haben wir sie in uns. Und wir haben gewissermaßen eine Erinnerung daran im Schlafe.
Aber die Erinnerung, die` ist ja immer, wie Sie wissen, schwächer als das Erlebnis. Denken Sie nur, wenn Sie ein Todeserlebnis eines lieben Menschen haben, wie sich das abschwächt nach einiger Zeit. So schwächt sich im Schlafe dieses lebhafte Drinnenstehen in der geistigen und Sternenwelt ab. Und daher ist der Mensch eben im Schlafe ausgesetzt alledem, wovon ich Ihnen im Anfang der heutigen Auseinandersetzungen erzählt habe. Im Schlafe haben wir eben nur ein schwaches Nachbild, gewissermaßen eine kosmische Erinnerung an die geistigen und Sternenerlebnisse, die wir zwischen Tod und dieser Geburt haben.